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BEITRÄGE:

AutorenbildChristoph Lorenz

Mono Inc. - Ravenblack (2023)


Genre: Rock / Alternative

Release: 27.01.2023

Label: Nocut (SPV)

Spielzeit: 50 Minuten

Pressetext:

Ravenblack - das sehnsüchtig erwartete 12. Studioalbum der Dark-Rocker markiert einen weiteren Meilenstein in der Bandhistorie. Nachdem der Vorgänger den Hamburgern nach bereits sechs Top Ten-Platzierungen erstmals den Nummer-1-Erfolg bescherte, folgt nunmehr ein Album, das seines Gleichen sucht. Ravenblack fokussiert sich auf den Kern von MONO INC. und ist ein treibendes Album mit insgesamt 11 Titeln, garniert mit knackigen Metal-Riffs, hymnenhaften Melodiebögen und tiefen, MONO INC.-typischen Lyrics – auf Wunsch der Raven Community endlich auch wieder mit zwei deutschen Titeln.


Ein Album, das absolute Evergreen-Qualitäten mitbringt, so hätte doch jeder Song für sich das Potential, als Single ausgekoppelt zu werden. Das ist wahrscheinlich einer von sehr wenigen positiven Effekten, den die Pandemie mit sich gebracht hat, denn durch die dringend benötigte (Zwangs-) Pause und die fulminante Europa-Tour mit über 30 Shows und über 40.000 hungrigen Fans im Frühjahr des Jahres sprudelten die Ideen aus Sänger und Mastermind Martin Engler jetzt nur so heraus.


Unterstützt werden die MONOs bei Ravenblack von ihren Labelmates Storm Seeker und SANZ, die jeweils zu einem Feature eingeladen wurden. Diese Kooperationen sollen dann im Jahr 2023 im Rahmen der Ravenblack Tour gemeinsam live performt werden. Es bleibt spannend!


Kritik:


"You want more


This is my empire, my empire of delight


You get more


This is my empire and you're my queen tonight


If you believe, if you believe in me"

Die helle, verspielt tänzelnde Melodie eines aufgeweckten Pianos eröffnet den rabenschwarzen Reigen: Lebensfroh, aufbegehrend und doch schwingt eine verhohlene Traurigkeit, die sich bei all der fragilen Einprägsamkeit nicht überhören lässt, in ihr mit. Daraufhin verströmt der pointierte Einsatz eines zarten Klangspiels seine zauberhafte Magie, während aus der Ferne zusätzlich leise Chöre auferstehen und das Arrangement sorgsam in atmosphärische Wärme eintauchen, bis plötzlich auch das prägnante Schlagzeug einsetzt. Mit einem Mal verkehrt sich das harmonische Gesamtbild in ein nicht minder eingängiges, doch hörbar dringlicheres Gefüge, bestehend aus sehr zielstrebig rockenden Gitarren im steten Zusammenspiel mit synthetisch-aufstrebenden Streichern in bekannter Rhythmik. Zugegeben, ein relativ vorhersehbarer Kunstgriff, der irgendwie zu erwarten war und auch musikalisch überrascht hier nur wenig. Typisch „Mono Inc.“ eben, was allerdings absolut nichts Schlechtes bedeuten muss. In den Strophen taktieren die Drums mittleren Tempos dann zwar antreibend, doch nicht zu sehr. Im Hintergrund agieren Bass und Gitarre ebenso zurückhaltend, um den Worten Martin Englers ihren nötigen Raum zu geben: „Rain. Still it's raining in my heart. It's dripping in my emptiness and levity is so far apart. Rain. Still it's cloudy my mind. A puddle in my confidence, a battle till the end of time…“, singt er gewohnt eindringlich und tatsächlich brennen sich die bildhaften Zeilen ebenso schnell und berührend ein, wie es auch die Musik selbst vermag. Die Thematik ist dabei hochsensibel: Es geht um Depressionen, Ängste und Sorgen, die einen scheinbar nicht mehr loslassen wollen, sodass es zunehmend schwerer fällt, sich aus diesem Tief zu befreien und endlich wieder seinen Zielen, Träumen und Wünschen entgegenfliegen fliegen zu können. „Manchmal stecken wir so tief im Nebel unserer Gedanken, dass es uns schwer fällt, nach vorn zu schauen. Manchmal sieht für uns alles so dunkel aus, dass wir selbst glauben, es gäbe kein Licht. Manchmal finden wir nur noch Tristesse, wo uns gestern noch all die Farben dieser Welt ein Leuchten in die Augen gelegt haben. Wir alle kennen diese Tage, denn sie machen vor nahezu niemandem Halt.“, erklärt die Band auf ihren sozialen Kanälen selbst die Hintergründen des ersten Songs. Besonders schön dann die Bridge, welche wieder an Fahrt durch das angedeutete Eingangsprinzip und gestärkt hinzurückende Gitarren aufnimmt, in der es kämpferisch und bemüht hoffnungsfroh heißt: „It won't be easy, but I won't give up. It won't be easy, but I know the journey is its own reward!“. Auch der Refrain greift dann in langjährig bewährter Manier und zieht alle monomanischen Register, wenn zum dualen Gesang von Engler und Katha Mia die instrumentale Power wieder vollends zusammentrifft. Und so steht am Ende eine so wunderbare, wie gleichzeitig stärkende Botschaft: „At The End Of The Rainbow“, jeden aufziehenden Sturm und jedes noch so unheilvoll tobende Gewitter hinter sich gelassen, ist endlich wieder ein hoffnungsvoll gleißender Sonnenstrahl durch die dunkle Wolkenschicht zu erkennen, der es uns als rettender Ankerpunkt ermöglicht, eines Tages endlich wieder im alten Glanz zu erstrahlen. Zum sich anschließenden „Empire“ kicken die Drums gleich zu Anfang rein und bereiten so den Einstieg durch das markante Lead-Riff vor, welches fortan hauptsächlich die von dezenten Orgel-Tönen getragene Melodie anführt. Innerhalb der sich einmal mehr zurücknehmenden Strophen wendet sich Engler in Form des hier besungenen „sweet little girl“ fragend an den Rezipienten, immerzu von einem kurzen Auszug des Eingangsprinzips durchbrochen. In dieser berechenbar geradlinigen Form trägt sich der Song weiter bis zum erhaben in Szene gesetzten Refrain fort, der vor allem wieder vom zweistimmigen Gesang profitiert und damit gleich noch einen der größten Kritikpunkte der letzten Alben ausmerzt, in denen häufig bemängelt wurde, die nahezu perfekt mit Englers Stimme harmonierende Katha Mia zu selten zu hören: „You want more. This is my empire, my empire of delight. You get more. This is my empire and you're my queen tonight. If you believe, if you believe in me!“, heißt es da. Generell weist das durchgängig im angenehmen Mid-Tempo gehaltene Stück in seiner Instrumentierung, Stimmung und den Lyrics eine sehr starke Gothic-Note auf, die für einen kleinen Touch eleganter Düsternis sorgt, die ihm wirklich gut zu Gesicht steht! Wieder steigt selbstbewusst ein signifikantes Riff ein. Diesmalig allerdings weitaus weniger getragen, sondern mit voller Power, wenn das metallisch schreddernde Saiten-Werk von Gitarrist Carl Fornia durch ihren überdeutlichen Metal-Spirit verblüfft aufhorchen lassen. Die erste Single-Auskopplung „Princess Of The Night“ ist also gerade zu Anfang nicht die vielleicht erwartete Ballade, sondern eine lupenreine Up-Tempo-Nummer. Diese hat allerdings einen Haken, der sich auch mit zwei zugedrückten Aug… ähm… zugehaltenen Ohren nicht verleugnen lässt und so manch langjährigen Fan verwundert die Stirn runzeln lassen dürfte. Warum wird sehr schnell offensichtlich, denn eine große Ähnlichkeit zum Mega-Hit „Voices Of Doom“ ist hier definitiv nicht von der Hand zu weisen. Ein Eindruck, der sich mit dem baldigen Einsatz der ersten Strophe und der darin angewandten Rhythmik des Gesangs nur noch umso mehr festigt und bis zur Bridge nicht mehr abreißt, deren Kombination aus dem bekannten Engler-Mia-Prinzip und den leise verzerrten Vocoder-Echos des Frontmanns für ein weiteres Déjà-vu hinsichtlich der „Here in my netherworld, I rule. Let all your manners disappear…“-Passage aus obengenanntem Klassiker sorgt. Ob beabsichtigt oder nicht, weiß vermutlich nur das norddeutsche Quartett selbst. Auch den Ohrwurm-Refrain glaubt man in ähnlicher Form irgendwie schon einmal gehört zu haben. Inhaltlich bedient man derweil exakt die dunkelromantische Klaviatur, die augenscheinlich alles abdeckt, was das sehnsuchtsvolle, schwarze Herz so begehrt. Unnötig zu erwähnen, dass man haarscharf am Kitsch vorbeischrammt, wenn das lyrische Ich sich in der eigens auferlegten Rolle als königlicher Leibwächter, Kämpfer, Sklave und Spion selbstlos und liebeskrank für seine besungene „Prinzessin der Nacht“ aufopfert, um am Ende in ihren Armen zu sterben. So weit, so bekannt, so probat. Dass der Trio-Einstieg in das neue Studioalbum der vier Monos nur wenig erfrischend, andersartig und mutig ausfällt, sondern dafür (fast) ausschließlich auf langbewährte Tugenden und bei den Fans beliebte Trademarks setzt, ist quasi die eigentliche Überraschung daran. Ehrlicherweise müssen selbst absolute Hardcore-Fans an dieser Stelle zugeben, dass „Mono Inc.“ niemals wirklich zu großen Experimenten oder ausschweifender Variation ihres Sounds geneigt haben. Die einschneidendste Neuerung markierten in der Vergangenheit erstmals deutschsprachige Stücke auf „Nimmermehr“ oder eine durchgängige, feste Erzählstruktur für aufwändige Konzeptalben mit einer chronologischen Geschichte wie „Welcome To Hell“ und „The Book Of Fire“. Auch wenn Innovationen bisher also eher weniger die Regel waren, vollbrachten „Mono Inc.“ es insbesondere in den letzten Jahren immer wieder, ihren ureigen etablierten Stil um kleine Kniffe und atmosphärische Nuancen angereichert passend zu erweitern. Das alles bleibt bisher aus, dafür präsentieren sich die Vier hier jedoch wieder ein gutes Stück weit gelöster und befreiter von den strikten, engen Rahmen der beiden Vorgänger. Fast wirkt es ein wenig, wie die vorsichtige und schrittweise Rückbesinnung auf alte Tage mit „Pain, Love & Poetry“, „Voices Of Doom“ und „Comedown“, doch ohne deren melancholische Schwere zu erreichen.


Dass „Mono Inc.“ sowohl live auf großer Tournee in Form von zu besetzenden Support-Slots als auch in Features gerne mal direkt auf die eigenen Label-Kollegen zurückkommen, ist hinlänglich bekannt und neben der schönen Möglichkeit, jungen Acts eine Chance zu verleihen, zudem eine klug gewählte Werbeplattform in eigener Sache. Verwerflich ist das alles natürlich nicht, zumal auch „Mono Inc.“ selbst erst auf diesem natürlichen Weg einem größeren Publikum bekannt(er) werden konnten, als sie unter anderem noch im Vorprogramm von Größen wie „Subway To Sally“ oder „ASP“ spielten. Der erste Gast auf „Ravenblack“ nennt sich kurz „SANZ“ und ist das neue Solo-Projekt des Ex-„Groovenom“-Sängers Sandro Geissler, der sich statt rabiatem Metalcore nun ganz elektronischer Musik zwischen Synth-Pop und Wave verschrieben hat und - wie könnte es anders sein - eben bei NoCut Entertainment unter Vertrag steht. Mit „Let Us Die“ erschien im Frühjahr vergangenen Jahres das sehr solide Debüt. Nun steht Geissler den Monos also zu „Angels Never Die“ zur Seite… Und das funktioniert ganz hervorragend! Feine Klavier-Tupfer perlen verloren und traurig ins Nichts, doch wieder erwartet uns hier keine reinrassige Ballade, sondern eine zwar durchaus etwas behäbiger getragene, doch zugleich auch überraschend metallisch powernde Ausrichtung mit leichten Symphonic-Einschlägen! Die synthetischen Choräle und das Tasteninstrument werden zusätzlich elektronisch gestärkt, womit eine sehr schöne Dynamik entsteht, die ihre eindringliche Faszination vornehmlich aus dem Wechselbad zwischen dosierter Dramaturgie und düsterer Beklemmung zieht. Gleiches gilt für das tolle Duett zwischen Engler und Geissler, die sich die Strophen abwechselnd untereinander aufteilen und so dermaßen gut miteinander harmonieren, dass man die fließenden Übergänge kaum bemerkt. Die ganz wunderbare Melodieführung schmiegt sich derweil äußerst passend an die beiden Stimmen an, im Refrain agiert man zusammen mit Katha Mia sogar dreistimmig und ein ausladendes Gitarren-Solo gibt es auf dem Gipfel sogar auch noch - Sehr gut! Wer kennt ihn bitte nicht, den sogenannten „Día de los muertos“, den Tag der Toten? Einer der wohl wichtigsten Feiertage Mexikos ist mit seinem lebensbejahenden Brauch mittlerweile auch in vielen anderen Teilen der Welt angekommen und wurde 2003 von der UNESCO sogar zum „Meisterwerk des mündlichen und immateriellen Erbes der Menschheit“ ernannt. Hier wird der Tod von Angehörigen nämlich nicht ausschließlich mit Trauer in Verbindung gesetzt, sondern als natürlicher Teil des Lebens betrachtet. So werden an diesem Tag zu Ehren der Verstorbenen also farbenfrohe Festivitäten mit viel Musik, Tanz und nationalen Gerichten veranstaltet, denn nach dem alten Glauben kehren die Toten einmal im Jahr als geistige Besucher aus dem Jenseits zurück, um zusammen mit den Lebenden ein Wiedersehen auf Zeit zu feiern. Wie der herzerweichende Pixar-Film „Coco - Lebendiger als das Leben!“ aus 2017 schon tröstend resümierte: Man ist erst tot, wenn niemand mehr an einen denkt. „Heartbeat Of The Dead“ nimmt sich genau dieser Thematik an und soll den Hörer laut Band mit seiner Lebensfreude und Leichtigkeit dazu einladen, zu feiern und zu leben, da man nie wisse, was der nächste Tage für einen bereithalte. Ein schöner Grundgedanke! Wer jetzt vielleicht eine stumpfe Party-Nummer mit aufgesetzten Mariachi- oder Ranchera-Einflüssen befürchtet, darf beruhigt aufatmen, denn glücklicherweise hat man sich gegen derart plumpe Authentizität-Bemühungen entschieden und macht stattdessen, was man beherrscht: Erneut ist ein charakteristisches Gitarrenriff das treibende Kernelement ab der ersten Sekunde, dicht gefolgt vom fordernd klopfenden Herzschlag-Beat, Chören und Drums, die den Puls schnell in die Höhe treiben… Und schon wieder können dank jener verlässlichen Mixtur starke Überschneidungen mit der „Voices Of Doom“-DNA nicht übersehen werden. Schön ist, dass der Gesang von Katha Mia hier nicht nur auf die Unterstützung im Refrain reduziert wird, sondern bereits in den Strophen eine höhere Präsenz zeigt, wenn zwischendrin brodelnde Elektronik sanft durchschimmert. So viel mehr gibt es dann auch gar nicht zu sagen, da auch dieser Song nach dem Rezept der vorherigen Stücke funktioniert und damit nur wenig Unerwartetes birgt. Dennoch sticht die Message positiv heraus, wenn man sich beim Hören unweigerlich die Frage stellen muss, ob man den heutigen Tag ausreichend genutzt und den nahestehenden Menschen die eigene Liebe ausreichend bekundet hat oder stattdessen in der Angst aus Vergangenem und den Sorgen vor der Zukunft versunken ist. Nur im Gestern gelebt hat. All das also, was uns vielleicht schon morgen nicht mehr vergönnt ist. Was, wenn morgen niemals kommt? Mehr als Grund genug also, das Leben zu feiern, denn wir haben nur dieses eine! Der Titeltrack „Ravenblack“ erweist sich, zumindest vor dem Hintergrund der übrigen Tracklist, in seinem vergleichsweise ungewöhnlichen Aufbau dann zwar als relativ eigenständig, entwickelt durch das immer gleiche Muster aber auch schnell eine - Achtung - wirklich große Monotonie. Wie sagt man heute so schön? „No pun intended“ oder so ähnlich. Das unfreiwillige Wortspiel war also nicht beabsichtigt. Die Strophen erfolgen hier nämlich nach dem „Call-and-Response“-Prinzip. Will heißen, Martin Engler singt recht gleichförmig die verschiedenen Zeilen, wie etwa „Don't ask me why my soul is…“, „Don't ask me why my thoughts are“, „Don't ask me about my roots“ oder „Don't ask me why my days are“ und erhält daraufhin „Ravenblack, Ravenblack“ als Quasi-Antwort. Erst in Form eines etwas schwachbrünstigen Echos seiner selbst, später dann von Katha Mia. Einen klassischen Chorus gibt es nicht. Dieser wird, ähnlich einem „A Love That Never Dies“ von „Viva Hades“, praktisch durch etwas Hintergrundgesang der Drummerin ersetzt, was insbesondere bei einem wichtigen Song, nach welchem das gesamte Album benannt ist, doch leider ziemlich einfallslos wirkt. Was live unter Zuhilfenahme des stimmgewaltigen Publikums bestimmt sehr gut klappt, ist als reine Studioversion auf Dauer allerdings viel zu repetitiv. Zudem triefen die bemüht geheimnisvollen Lyrics ungewollt vor lauter Klischeehaftigkeit des ach so unverstandenen Goth-Individuums, das alles um sich herum auf seine spezielle Weise „rabenschwarz“ betrachtet, was als Quasi-Lebensmotto natürlich eine Art Verbundenheit unter den Hörern herstellen soll, stattdessen aber einfach nur abgenutzt und müde wirkt. Nett, aber leider nicht viel mehr. Schade. Ob man die deutschsprachigen Stücke von „Mono Inc.“ nun mag oder nicht, ist, wie so vieles im Leben, natürlich reine Geschmacksache. Fakt ist jedoch, dass die Band, die bis dato ausschließlich in englischer Sprache textete, anno 2013 mit „Nimmermehr“ einen sehr mutigen Schritt gewagt hat, der belohnt werden sollte. Viele Songs, wie „Heile, Heile Segen“, „Seligkeit“, „Kein Weg Zu Weit“ oder auch „Tag X“ und „An Klaren Tagen“ vom direkten Nachfolger „Terlingua“ in 2015, erfreuen sich auch heute noch völlig berechtigt riesiger Beliebtheit unter den Fans. Verständlich also, dass die Raben-Gemeinde sich in den vergangenen Jahren immer wieder neues Liedgut auf Deutsch wünschte und unter anderem mit „Lieb' Mich“ soll dieser Wunsch jetzt tatsächlich in Erfüllung gehen… Und wie! Auf das kurze, doch dramaturgisch gut gesetzte Streicher-Intro folgt direkt ein ungemein dreckig groovendes Riff. Dazu steuert Katha Mia wieder ihren sakralen Gesang bei, wodurch schnell eine gespenstische und enorm eindringliche Atmosphäre entsteht. Engler versteht es hier einmal mehr, die entsprechende Thematik in seiner Muttersprache zu vermitteln und dabei insbesondere durch die sehr überzeugende Intonation zu punkten, wenn er in der Rolle des lyrischen Ichs, das beständig zwischen sehnsuchtsvollem Begehren und fast schon krankhaftem Wahn pendelt, agiert. Was anfangs noch wie heimliche Verehrung erscheint, lässt im weiteren Verlauf dann auch manische und bedrohliche Züge durchblicken, wenn der Protagonist seine Angebetete schon bald nicht mehr länger nur schwärmend aus der Ferne beobachtet, sondern ihr als selbsterklärter „Panther auf der Fährte seines Beutetiers“ folgt. Zumal nie ganz klar wird, welche Absicht das lyrische Ich genau hat und welche Position es dabei einnimmt. So kippen die, zumindest aus der Sicht des verzweifelt Verliebten, romantisierten Zeilen durch ihren lauernden Unterton immer mal wieder schnell ins Beängstigende und erinnern damit an die inhaltlich sehr ähnliche Stalker-Hymne „Ich Teile Dich Nicht“ vom oben genannten Album „Nimmermehr“. Einige Textpassagen und vor allem der etwas schlagereske Refrain, der leise Rabenschreie aus dem Hintergrund als schönes Detail bereithält, muten zwar stellenweise schon etwas schmalzig an, da das aber durchaus passend ist und „Mono Inc.“ dem Spiel mit viel Pathos ohnehin nie abgeneigt waren, fällt das nicht weiter störend ins Gewicht. In Zukunft gerne mehr davon! „Never Alone“ brilliert vor allem mit seinem abwechslungsreichen, vielschichtigen Arrangement und sticht damit ganz klar aus der sonst so gängigen Geradlinigkeit der übrigen Tracklist heraus. Insbesondere auch deswegen, weil man dem Lied die diversen Kniffe während der ersten anderthalb Minuten gar nicht zugetraut hätte und anstelle dessen eigentlich eine ruhigere Power-Ballade erwartet. Auf den Gitarren-Bombast ausgelegten Anfang folgt die erste Strophe, welche sich im deutlichen Kontrast dazu als sehr sanft instrumentiert zeigt und einzig die Stimme und das gefühlvolle Klavier in den Fokus rückt. Dergleichen sanft gleitet diese dann auch in den ersten Refrain hinein, der hauptsächlich von der gesanglichen Harmonie zwischen Engler und Mia lebt. Nach der baldigen Rückkehr zum Anfangsmotiv gestaltet sich die zweite Strophe ein gutes Stück weit temporeicher, was in der Hinzunahme des rhythmischen Schlagzeugs begründet liegt, das nun bis weit in den zweiten Refrain geleitet. Nach den bisherigen drei Minuten könnte der Song eigentlich vorbei sein und wäre damit eine ganz klassische Mono-Nummer. Tatsächlich markiert dieser Wendepunkt aber erst die Hälfte, handelt es sich hierbei doch um den längsten Track des Albums. Die Zeit, die man sich für den Aufbau nimmt, tut dem Song merklich gut, was sich neben der so geschürten Spannung unter anderem in einem überraschend ausgiebigen Gitarren-Solo von fast zweiminütiger Länge (!) bemerkbar macht. Die letzten Meter auf dem Weg zum Ziel werden von einem illustren Dreigespann angeführt, das aus zwei (mehr oder weniger) bereits bekannten Stücken und einem noch unbekannten Song besteht: „After Dark“ wurde hierbei als letzte Single vor dem Release auserkoren und macht sowohl in Standalone-Form für sich allein genommen als auch im gesamten Kontext des Albums, welches ja gewissermaßen die aus mentaler Gleichgesinntheit gespeiste Verbindung zwischen Künstler und Fan zum inhaltlichen Kern hat, eine äußerst gute Figur. „Es gibt im Leben immer wieder Dinge, denen man sich hilflos ausgeliefert fühlt. Sich für das Richtige einzusetzen, ist oftmals schwerer, als es sein sollte. Man spürt eine Machtlosigkeit, sieht sich dem sprichwörtlichen „Kampf gegen Windmühlen“ ausgesetzt und beschließt daher, sich auch im Angesicht des Unrechts zu beugen. Doch es gibt etwas, das stärker ist. Stärker als Angst, Zweifel und Hoffnungslosigkeit: Zusammenhalt. Denn zusammen kämpft man nicht mehr gegen Windmühlen, zusammen BAUT man sie. Egal wie schwierig eine Situation scheinen mag - wenn man sich ihr gemeinsam stellt, so werden alle Karten neu gemischt. Die Schwachen können die Starken sein, wenn sie eins sind. Die Wenigen können die Vielen übertrumpfen, wenn sie aneinander festhalten!“, erörtert die Band den Hintergrund selbst. Und da man einen Track über das unzertrennbare Band aus Freundschaft und Einheit natürlich bestenfalls nicht alleine darbietet, haben sich „Mono Inc.“ erneut auf „Ravenblack“ die tatkräftige Unterstützung von Gästen aus den eigenen Reihen gesichert. Dieses Mal in Form der Label-Kollegen und Folk-Metaller von „Storm Seeker“, die vielen Fans mit Sicherheit schon ein Begriff von den coronakonformen Open Airs aus 2021 sein dürften. So verwundert es auch nicht, dass sich direkt im Intro schon maritimes Freibeuter-Flair im besten „Together Till The End“-Style verdichtet, bevor eine donnernde Front aus Stakkato-Drumming und peitschenden Riffs aufzieht. Das so aufgenommene Tempo wird auch in den treibenden Strophen voll verschwörerischer Zeilen durchgängig gehalten, in denen sich das spürbar starke Zusammengehörigkeitsgefühl weiter manifestiert, bis das alles im extrem livetauglichen, catchy Refrain mit einem Höchstmaß an Opulenz und hohem Mitsing-Faktor mündet. Mit Sicherheit eines der absoluten Highlights! Der bislang noch unbekannte Song in diesem Bunde ist „Day Of Reckoning“, der wieder einmal durch einen großflächig angelegten Aufbau glänzt, wenn hier Schlagzeug, Gitarren, Glockenschläge und eine mächtige Kirchenorgel aufeinandertreffen, die darauf in ein Mono-typisches Konstrukt übergehen. Auch der Refrain ist erneut arg hymnisch geraten und weiß durch den ungemein melodiösen Hintergrundgesang zu bestechen. Im krassen Gegensatz dazu stehen die bitteren Lyrcis, denn der Song ist tatsächlich eine hasserfüllte Ode an den Racheschwur! Immer wieder schön, wenn sich im Schatten der Singles so manches Mal wahre Perlen verstecken. Der Grundstein für die fruchtbare Zusammenarbeit mit NDW-Ikone Joachim Witt wurde im Jahr 2012 mit dem „Mono Inc.“-Remix zur Vorab-Single „Gloria“ von seinem Comeback-Album „Dom“ gelegt. Es folgten mit „Kein Weg Zu Weit“ ein gemeinsamer Song, Festival-Auftritte und sogar ein allabendliches Gast-Set auf der „Nimmermehr“-Tournee. Auch für das rund zwei Jahre später erscheinende Nachfolgewerk „Neumond“ zeichnete Martin Engler beispielsweise maßgeblich verantwortlich. Einen der wohl berührendsten Texte schrieb Engler aber für das finale Lied des durch Crowdfunding entstandenen Witt-Albums „Rübezahl“, nämlich zu „Wiedersehen Woanders“. Während sich die witt‘sche Version ganz dem klanglichen Bombast bedient, welcher sich wie ein roter Faden durch die gesamte „Rübezahl“-Trilogie zieht, wählen die Monos hier eine vollkommen gegenteilige Herangehensweise und beweisen stattdessen Mut zur Verwundbarkeit. Auch wenn die ganz großen Melodien und ausladenden Arrangements auf „Ravenblack“ bisher klar im Vordergrund standen und einen Teil dessen musikalischer Identität ausmachen, bedarf es hier keinerlei pompösem Orchester oder dramatischen Chören, um wirkungsvoll zu sein. Im Gegenteil, gerade diese kleine Pause im Schlussteil setzt mit ihrem aufgeräumten Fokus auf das Wesentliche einen sehr schönen Kontrast übrigen Dark-Rock-Feuerwerk. Die respektvoll reduzierte Instrumentierung durch Klavier und Violine bergen einen wunderbar passenden, kammermusikalisch introvertierten Aspekt, der die pure Emotion nicht begräbt, sondern ihr immer genügend Raum zum Atmen gibt. Etwas schade ist lediglich, dass der Text unter den genannten Umständen bereits bekannt ist, was diesem brillanten Stück Musik jedoch keinen Abbruch tut. Klar ist: Ein Wiedersehen mit „Mono Inc.“ gibt es definitiv!


Tracklist:

01. At The End Of The Rainbow


02. Empire


03. Princess Of The Night


04. Angels Never Die (feat. SANZ)


05. Heartbeat Of The Dead


06. Ravenblack


07. Lieb' Mich


08. Never Alone


09. After Dark (feat. Storm Seeker)


10. Day Of Reckoning


11. Wiedersehen Woanders


Fazit:


Es ist endlich soweit: Der Rabe fliegt wieder! Ganze drei Jahre nach ihrem letzten Konzept-Epos „The Book Of Fire“ erscheint dieser Tage mit dem verheißungsvoll betitelten „Ravenblack“ das mittlerweile zwölfte Studioalbum der erfolgreichen Hamburger Dark Rocker. Nachdem man in der Vergangenheit sein Publikum etwa schon mit deutschsprachigen Texten, fokussiert erzählten Geschichten und der Integration von Folk-Elementen durchaus etwas überraschen konnte, stand am Ende also die große Frage, wie die Musik von „Mono Inc.“ anno 2023 wohl klingen würde. Die vielleicht etwas ernüchternde Antwort darauf könnte jetzt ganz salopp „Alles beim Alten“ lauten, um dieses Fazit zu einem schnellen Ende zu bringen. Ganz so leicht ist es dann aber doch nicht. Böse Zungen würden jetzt wahrscheinlich behaupten, dass sich die doch sehr auf schnell wirksame Eingängigkeit und die kalkulierte Fan-Wunscherfüllung abzielende Musik des Quartetts ohnehin recht häufig wiederholender Schemata und einer offensichtlichen Formelhaftigkeit beugt. Tatsächlich hätten sie auch gar nicht mal so unrecht mit dieser Beobachtung, denn eine gewisse Routine kann man dem Tun der Vier bei allem Respekt nicht absprechen. Natürlich hatten und haben „Mono Inc.“ niemals den Anspruch, allzu komplex oder sperrig zu sein. Wenn man so möchte, gehören sie mittlerweile zum Szene-Mainstream, was ja per se nichts Schlechtes sein muss. Keine Frage: Schlagzeugerin Katha Mia, Bassist und Neuzugang Val Perun, Gitarrist Carl Fornia und Sänger Martin Engler sind allesamt sehr fähige Musiker in ihren jeweiligen Bereichen und verstehen ihr Handwerk durchaus. Sie beherrschen gekonnt das Spiel mit dunkelromantischer Stimmung, hoffnungsvollen Zwischentönen, melancholischen Momenten und atmosphärischem Aufbegehren in einem ausgewogenen Mix aus Mid-Tempo, Balladen und Hymnen auf verlässliche Weise und wissen ganz genau, was sie können, was ihre Hörer wollen und was dementsprechend mit hundertprozentiger Sicherheit gut ankommt. Dieser Druck der indirekten Erwartungshaltung auf der einen und die Erfüllung jener Pflichtaufgaben auf der anderen Seite sind gleichzeitig auch das größte Problem von „Ravenblack“, denn hier gibt es praktisch wieder mehr vom Gleichen. Dabei hat die Vergangenheit durchaus gezeigt, dass die zunehmend größer werdende Community fest hinter ihrer Band steht und stets wohlwollend offen für Neues ist, sodass „Mono Inc.“ in Zukunft beachten müssen, nicht irgendwann selbst für ihre treue Raben-Gemeinde zu vorhersehbar und auf Nummer Sicher festgefahren zu sein. Zudem mangelt es der aus zwölf gewohnt guten Songs bestehenden Tracklist leider an einem herausstechenden Kandidaten mit ausreichend Eigenständigkeit und großem Hit-Potential. Damit bleibt der Mut zu mehr Ecken und Kanten sowie das ein oder andere kleine Wagnis, beispielsweise in Form von ein bis zwei härteren oder schnelleren Nummern, leider aus und sorgt dafür, dass sich die Monos weiterhin ausschließlich in ihrer Komfortzone bewegen… Schade! Auch die fragwürdige Veröffentlichungspolitik muss sich einige Kritik gefallen lassen: Ob es wirklich Not tut, dass bei einer ohnehin schon knappen Tracklist von elf Stücken insgesamt ganze sechs Singles im Vorfeld veröffentlicht werden müssen, ist leider ebenso fraglich, wie das unerklärliche Fehlen des Songs „The Raven‘s Back“. Dieser ist nämlich nicht einmal in der teuren Deluxe-Version der Fan-Box enthalten, sondern einzig als Vorbesteller-Bonus in Form einer exklusiven EP bei einem bekannten Elektronikfachhändler erhältlich… Was der generellen Abwechslung hingegen hörbar guttut, ist, dass man zumindest die mittlerweile doch etwas ausgetretenen Pfade eines strikten Konzepts wieder verlässt und die damit logisch einhergegangene Gleichförmigkeit zumindest in ihrer Grundstimmung und Instrumentierung teilweise ausmerzt. Losgelöst von dem Erzählen von Geschichten, kann die Band musikalisch wieder freier agieren, was für variable Thematiken und eine gewisse Leichtigkeit resultierend aus Ursprünglichkeit sorgt. So altbekannt hier auch vieles erscheinen mag, dürfte die Quasi-Rückkehr zu den Wurzeln so manch langjährigem Raben das wohlige Gefühl von Nachhausekommen vermitteln. Für ein vollständiges „Back to the roots“-Erlebnis ist der Sprung zu klein, das vorliegende Material zu zaghaft und clean. Dennoch fügen „Mono Inc.“ ihrer Diskographie mit „Ravenblack“ fraglos wieder ein rundum gelungenes Album hinzu, welches mit seinem Best-Of-Charakter sofort heimisch fühlen lässt. Und genau das ist „Ravenblack“ auch geworden: Ein Album für die Fans.


Informationen:

http://www.mono-inc.com

https://www.facebook.com/monoinc/

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