VNV Nation - „Christmas Party"-Tour - Kulttempel, Oberhausen - 20.12.2019
Veranstaltungsort:
Stadt: Oberhausen, Deutschland
Location: Kulttempel
Kapazität: ca. 500
Stehplätze: Ja
Sitzplätze: Nein
Homepage: http://www.kulttempel.com
Einleitung:
Es ist Freitag, der 20.12.2019 und somit nur noch wenige Tage bis Heiligabend. Gerade eben erst habe ich noch den letzten Spätdienst des Jahres hinter mich gebracht und jetzt sitze ich nach Feierabend auch schon in der Regionalbahn nach Oberhausen zu einem ganz besonderen Vorweihnachts-Event. Nachdem das Future-Pop-Urgestein „VNV Nation“ bereits 2016 mit den exklusiven „Automatic Empire“-Shows in ausgewählten Städten das Jahr musikalisch ausklingen ließ, hatte man sich für das darauffolgende Jahr ebenfalls wieder etwas ganz Besonderes einfallen lassen und bat in Hamburg und Oberhausen erstmals zur „Christmas Party“: Kleine Club-Gigs mit charmanten Specials in einem familiären Rahmen, um kurz vor den anstehenden Festtagen nochmal gemütlich zusammenzukommen und so das Ende des Jahres zu zelebrieren. Eine wirklich schöne Idee, die zur lieb gewonnenen Tradition werden sollte. Setzte die Band 2018 wegen der „Noire“-Tour im Spätherbst aus, so stehen in diesem Dezember wieder einige Termine an. Sogar mehr denn je: Neben den zwei bereits genannten Städten sind dieses Mal nämlich noch Gotha, Potsdam, Berlin, Görlitz, München und Weissenfels mit von der Partie. Ein frohes Fest für alle, also. Da der Ansturm auf die streng limitierten Tickets, die übrigens binnen weniger Stunden schon restlos vergriffen waren und seitdem auf eBay und Co. zu ungeheuerlichen Preisen angeboten wurden, erfahrungsgemäß bereits im Vorfeld abzusehen war, habe ich vorsichtshalber auf eine Akkreditierung verzichtet und mir stattdessen schnell ein Exemplar geordert. Da der Einlass erst für 20.00 Uhr anberaumt ist, die Fahrt aber reibungslos verläuft und ich schon eine gute Stunde früher vor Ort bin, gehe ich in der Nähe erst noch einen warmen Kaffee trinken, bevor ich mich schließlich in die schon jetzt überraschend lange Schlange einreihe. Zur hellen Freude aller Wartenden, erbarmt sich das Kulttempel-Team ob der kühlen Temperaturen und öffnet die Türen für seine Gäste zehn Minuten früher, als ursprünglich angekündigt. Bereits bei der zügigen Kartenkontrolle im Foyer werden die Besucher von einem großen Schneemann begrüßt, während aus den Boxen klassische Weihnachtsmusik der Marke „Santa Claus Is Coming To Town“ schallt und sofort eine feierliche Atmosphäre in den Raum zaubert. Ich suche mir einen guten Platz auf dem Balkon und kaufe mir erstmal ein Bier, bevor ich anschließend dem Merchandising-Stand im Erdgeschoss einen kleinen Besuch abstatte. Da der europäische Web-Shop der Band leider nach wie vor nicht funktionstüchtig ist, bietet sich den Fans hiermit immer eine ziemlich einfache Gelegenheit, einige Erinnerungsstücke mit nachhause nehmen zu können. Dafür wurde das Sortiment wohl ordentlich aufgestockt, denn es gibt wirklich viele neue und nicht weniger schöne Motive auf den zahlreichen T-Shirts, Hemden und Zippern. Danach kehre ich wieder zu meinem Platz zurück, jetzt heißt es warten. Und zwar sehr lange, denn bis auf die Durchsage bezüglich eines Falschparkers passiert erstmal rein gar nichts. Einen Support-Act gibt es heute bekanntlich nicht, aber als selbst weit nach 21.00 Uhr die Anzeichen für einen baldigen Beginn schlecht stehen, werden manche Gäste langsam unruhig. Immer wieder sind Crew-Mitglieder auf der Bühne zu sehen, die noch etwas an der Technik nachjustieren oder einen kurzen Soundcheck vornehmen. Oberhausen wartet...
VNV Nation:
Etwa gegen 21.30 Uhr wird die Leinwand im Hintergrund, auf welcher bis gerade eben noch Werbung für das dreißigjährige Jubiläumskonzert im Amphitheater Gelsenkirchen gezeigt wurde, langsam wieder in die dafür vorgesehene Halterung eingefahren und auch die Crew nimmt nun endgültig ihre Plätze hinter dem Mischpult ein, als das Licht im Saal endlich erlischt. Für einen kleinen Sekundenbruchteil herrscht gespannte Stille, bis sich schließlich ein tiefes Summen seinen Weg aus den Boxen sucht, weiter ansteigt und dann als surrendes Dröhnen in einem sich stetig wiederholenden Loop den Boden beängstigend erbeben lässt. Immerzu durchbrochen von maschinellem Ächzen und technoiden Sounds zucken jetzt grell blitzende Scheinwerfer durch die dichte Schwärze, während die Live-Band aus Schlagzeuger Sebastian Rupio, sowie den beiden Keyboardern Grigory Feil und André Winter die Bühne betritt und sich geradewegs hinter ihren Instrumenten positioniert, dicht gefolgt von Frontmann und Sänger Ronan Harris. Als sich allmählich herauskristallisiert, um welchen Song es sich handelt, gehen die Lichter plötzlich alle an und gewähren dem Publikum zum Opener „When Is The Future?“ einen vollständigen Blick auf das große Ganze: Die gesamte Bühne und selbst der kleine Treppenaufgang dorthin wurden wieder einmal liebevoll mit zahlreichen, rhythmisch blinkenden Lichterketten dekoriert, daneben steht ein winkender, aufblasbarer Weihnachtsmann - Sehr charmant. „Oberhausen! Was ist denn los mit euch? Seid ihr müde oder was!?“, wundert sich der sympathische Sänger ob der anfänglichen Zurückhaltung seiner Anhängerschaft. „Wir haben heute Abend ein wirklich langes Set mit vielen alten und neuen Sachen für euch vorbereitet!“, ruft ein ungemein energiegeladener Harris freudig, während er jetzt nimmermüde von der linken zur rechten Seite sprintet. Natürlich zum deutlich hörbaren Wohlgefallen der Fans, die, ebenso wie auch die Band selbst, bei bester Stimmung sind und alles geben... Der Kulttempel taut auf, aber in den nächsten anderthalb Stunden soll da definitiv noch viel mehr gehen. Einer dieser angekündigten, alten Klassiker ist etwa das temporeiche „Epicenter“, welches den Club unverzüglich in dichte Nebelschwaden und wildes Blitzlichtgewitter hüllt und auch „Sentinel“ steht dem folglich in Nichts nach. „Wir haben heute unser eigenes Licht mitgebracht, aber trotzdem Danke!“, kommentiert er das Verhalten einiger Handy-Fotografen in der ersten Reihe und motiviert die Menge dann weiter: „Ihr seid echt ein bisschen ruhig heute... Kommt schon, es ist doch Freitag Abend!“. Das lassen sich die Gäste selbstverständlich nicht zwei Mal sagen und tanzen nach Leibeskräften zu den powernden Melodien. „Dankeschön, Wow! Einen wunderschönen guten Abend, Oberhausen. Ihr seid ja so zurückhaltend? Also...“, setzt der Mastermind zu einer längeren Begrüßung an und wird dabei jäh von einem Zwischenruf aus dem Innenraum unterbrochen: „Ronan!“. „Ja? Was denn?“, erkundigt er sich feixend, doch es kommt nichts mehr zurück. „Gutes Gespräch, Danke. Natürlich auch ein Hallo an dich!“, lacht Harris und nimmt dann den Faden wieder auf. „Danke, dass ihr alle hier seid. Das Konzert heute ist ausverkauft und morgen auch, Dankeschön dafür. Wie ihr vielleicht schon wisst, geht das meiste Geld davon an zwei gemeinnützige Vereine... Einmal an die Tafel, damit die Leute über Weihnachten etwas zu essen haben. Das ist eine gute Sache, finde ich. Und die andere Hälfte geht an den Tierschutz, das ist eine sehr interessante Organisation für mich. Viele Tiere leben in grausamen und absolut inakzeptablen Verhältnissen... Das Geld ist für ärztliche Versorgung und all solche Sachen. Wer uns in den sozialen Netzwerken folgt, weiß bereits mehr darüber. Danke euch! Das ist wieder eine tolle Atmosphäre hier mit den ganzen Weihnachtsmützen und so weiter. Das wird heute Abend bestimmt nicht langweilig!“, freut sich der Sänger ehrlich. Und er soll Recht behalten, denn die entsprechende Titelauswahl hält wohl für jeden Gast etwas bereit: Von der romantischen Ballade „Armour“ vom aktuellen Studioalbum „Noire“, über den energetischen Up-Tempo-Hit „Space And Time“, bis hin zum melancholischen „Gratitude“, welches der Frontmann demütig den begeisterten Fans widmet, bevor es dann mit „Farthest Star“ im nahtlosen Anschluss weitergeht.
„Das nächste Lied ist übrigens für den Herren im „Burning Empires“-Shirt hier vorne!“, verkündet Harris unter viel Applaus und trumpft danach mit einer echten Überraschung im Set auf: „Further“ von der „Burning Empires“-EP ist live eine Rarität, die es definitiv verdient hat, gespielt zu werden und jetzt mit einer schier grandiosen Licht-Show besticht. An dieser Stelle gebührt „VNV Nation“ ein großes Lob, vollbringen sie es doch immer wieder auf jeder Tournee, ein abwechslungsreiches Programm aus ihrer gesamten Diskographie zu gestalten und neben Alt und Neu, auch manche Seltenheit nicht auszulassen. An einem Füllhorn aus bekannten Klassikern und beliebten Dancefloor-Fillern mangelt es ebenfalls nicht und so bedient man mit „Legion“ und „Chrome“ erstmal wieder den starken Hit-Sektor, der die Stimmung stets zuverlässig weiterhin anfacht, bis man mit dem düsteren „Lights Go Out“ einen kleinen Abstecher in die aktuelle Ära wagt. „Liebe Leute, tanzt doch mal ein bisschen. Es ist Wochenende!“, stachelt Harris die Masse an. Die brodelnde Euphorie des quirligen Sängers überträgt sich rasend schnell auf die Besucher, niemand steht mehr still und der Kulttempel gleicht zunehmend einem lodernd heißen Hexenkessel. Die tragisch rührende Ballade „Illusion“ kühlt das hitzige Geschehen als Alltime-Highlight danach gekonnt etwas herunter, als sich hunderte Feuerzeuge und Stimmen in die Luft erheben. Klar, dass sich Oberhausen da nicht lange bitten lässt, den eingängigen Refrain selbst nach den letzten, verklungenen Tönen des Songs noch einige Male selbstständig als großer, gemeinsamer Chor zu singen. Wie immer ein toller und sehr emotionaler Moment einer jeden Show! „Wow. Das war so schön, wirklich!“, lächelt der Sänger sichtlich ergriffen. Weiter geht es mit dem lupenreinen Synthie-Pop von „God Of All“ und viel sphärischem Schwermut beim großartigen „Homeward“. Zur exzellenten EBM-Nummer „Immersed“ werden dann kleine Tröten aus einer Tüte in den vorderen Reihen verteilt, die zwischen den rauen Klängen und stampfenden Rhythmen natürlich sofort zahlreich zum Einsatz kommen. Ein wirklich witziger Einfall, der sowohl auf als auch vor der Bühne für herzliche Lacher sorgt. „Das ist gleichzeitig eine der besten und schlechtesten Ideen überhaupt!“, befindet Harris prustend und soll damit Recht behalten. Das absolute Hit-Schwergewicht „Control“ verlangt den Fans jetzt nochmal alles ab und beendet den regulären Teil des Sets unter tosenden Jubelstürmen. Völlig klar, dass Oberhausen noch lange nicht genug hat und laut nach einer Zugabe verlangt...
Nur wenige Minuten später ist es dann tatsächlich auch schon soweit und „VNV Nation“ kehren auf die Bretter zurück. „Hört mal kurz auf mit euren Vuvuzelas. Das ist ja wie damals in der Schule hier!“, lacht der Frontmann gelöst und bittet kurz um Stille. „Diese Art von Konzert mit so wenigen Zuschauern haben wir vor ein paar Jahren zum ersten Mal in Hamburg gegeben. Das hat uns wirklich sehr viel Spaß gemacht und war einfach eine großartige Nacht für alle, um noch einmal den Abschluss des Jahres zu feiern und mittlerweile sind wir damit schon zum zweiten Mal in Oberhausen. Wir sind echt froh hier zu sein und morgen natürlich auch!“, bedankt er sich und gibt dann schon mal einen kleinen Ausblick auf das Großereignis im kommenden Jahr: „In 2020 sind wir übrigens im Amphitheater in Gelsenkirchen. Ein paar andere Bands, wie „Apoptygma Berzerk“ und andere gute Freunde sind auch mit dabei, dann machen wir alle zusammen eine große Party, okay? Wir haben wirklich lange daran gearbeitet und uns ein paar tolle Überraschungen und viele spaßige Sachen für euch überlegt. Wir hoffen, dass wir euch dort sehen!“. Nicht, dass diese Bitte wirklich nötig gewesen wäre. Urteilt man jetzt nach dem ohrenbetäubenden Echo der Fans, so können sich alle Beteiligten einer rauschenden Geburtstagsfeier sicher sein! Einen weiteren Höhepunkt setzt im Folgenden wieder einmal das wärmende „Nova“, dessen finaler Part von gebündelten Scheinwerfer-Strahlen auf die Discokugel und einem funkelnden Lichtermeer im Publikum gekennzeichnet wird, ehe man sich nach „Beloved“ dann abermals verabschiedet. Die erneute Abstinenz soll aber nur von kurzer Dauer sein, denn Oberhausen will noch mehr. „Seid ihr immer noch nicht zufrieden? Meine Güte!“, schüttelt der Sänger fassungslos mit dem Kopf. „Okay, hat jeder Spaß? Gut. So, ich hole mir mal eben auch so eine Mütze...“, beschließt er kurzerhand und stülpt sich das weihnachtliche Accessoire über. „Endlich wieder eine Frisur. Ich hab dich ja so vermisst!“, tätschelt Harris sich lachend den Kopf. Das bestärkende „Resolution“ macht dann auf der Zielgeraden ordentlich Mut für eine hoffentlich bessere Zukunft, bevor zur obligatorischen Closer-Hymne „Pepertual“ nochmal zusammen geklatscht und vor allem gesungen werden darf. Der „Let there be, let there always be never ending light!“-Chor aus dem Publikum ersetzt die klassischen „Zugabe!“-Rufe und ist selbst nach Beendigung des entsprechenden Songs noch viele Minuten im Raum zu vernehmen, bis „VNV Nation“ für ein allerletztes Stück vor den wohlverdienten Ferien zurückkehren. „Alles okay bei euch? Ich weiß, dass einige Leute, die mittlerweile zu unseren Konzerten kommen, nur die letzten Alben kennen und manche wiederum nur die alten Sachen mögen. Mir ist das aber völlig egal! Ich hoffe, dass ihr die Musik mögt und einen schönen Abend mit uns zusammen hattet. Egal, ob ihr die Lieder nun kanntet oder nicht... Wenn es euch bewegt, dann ist das alles, was ich will. Danke!“, bekennt Harris aufrichtig und ruft mit dem finalen Epos „All Our Sins“ zur letzten Schlacht auf, zu dessen mahnenden Zeilen sich Rupio nun an einer großen Trommel verdingt und grelle Lichtblitze gespenstische Schatten an die Wand werfen. Ein wirklich denkwürdiger Abschluss nach über einhundert Minuten bester Unterhaltung und wahrer Emotion! „Dankeschön für eure ganze Energie und dafür, dass ihr heute Abend mit uns hier wart. Wir wünschen euch und euren Familien frohe Weihnachten und jetzt noch ganz viel Spaß auf der After-Party!“, verabschiedet sich Ronan Harris sichtlich entkräftet, aber nicht weniger glücklich im Namen der gesamten Band und findet sich vor einem ungemein begeistert applaudierenden Kulttempel wieder. In diesem Sinne: Auch von meiner Seite aus fröhliche Weihnachten, geruhsame Feiertage, eine besinnliche Zeit und einen guten Rutsch ins neue Jahr 2020, wenn „VNV Nation“ ihr dreißigjähriges Jubiläum in Gelsenkirchen feiern... Wir sehen uns dort!
Setlist:
01. Intro
02. When Is The Future?
03. Epicentre
04. Sentinel
05. Armour
06. Space And Time
07. Gratitude
08. The Farthest Star
09. Further
10. Legion
11. Chrome
12. Lights Go Out
13. Illusion
14. God Of All
15. Homeward
16. Immersed
17. Control
18. Nova
19. Beloved
20. Resolution
21. Perpetual
22. All Our Sins
Impressionen:
Jobst Meese - Jodocus Obscurus Photography
http://www.jobstmeese.de
https://www.facebook.com/Jodocus.Obscurus/