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BEITRÄGE:

AutorenbildChristoph Lorenz

Coppelius - Rroyce - Maerzfeld (2019)


Coppelius - Kammerarchiv (2019)

Genre: Klassik / Rock / Alternative

Release: 06.09.2019

Label: Foxy Records (Edel)

Spielzeit: 59 Minuten

Fazit:

Mit Eleganz und vornehmer Blässe stehen „Coppelius“ seit über zweihundert Jahren (so sagen sie selbst, und wer würde daran zweifeln wollen!) auf der Bühne und praktizieren „Kammercore“: Ihre ganz eigene Steampunk-Spielart von Metal und Rock - hart und rau, doch zugleich mit der lässigen Attitüde des Gentlemans von Welt. „Coppelius“ sind unverwechselbar. Eine bizarre und außergewöhnliche Bühnenshow macht sie zum Highlight für Rock-Fans und Metalheads, Gothics und Steampunker - und holt auch manchen Klassikbegeisterten ab. Nach über zweihundert Jahren ist es endlich soweit: „Coppelius“ öffnen ihr „Kammerarchiv“! Mit diesem facettenreichen Album legen die Herren in Frack und Zylinder ihr sechstes Album vor und das hat es in sich. Sie nehmen uns mit auf eine Reise durch Genres, Zeit und Schaffensräume der Kapelle „Coppelius“ und präsentieren die gesamte Bandbreite des Repertoires. Das Repertoire reicht von Liedern der weltersten Steampunk-Oper „Klein Zaches, genannt Zinnober“ über Tom-Waits-Cover mit Rüdiger Frank bis zu Hits von zum Beispiel „Motörhead“ und „Iron Maiden“ - die natürlich ganz im einzigartigen Stil der Band mit Cello und Klarinette. Natürlich wird es auch neue Eigenkompositionen der Band zu entdecken geben und auch Songs der erst 2020 Premiere feiernden zweiten coppelianischen Oper „Krabat“. Fans der ersten Stunde wie auch Novizen werden sich die umfassenden Neuarrangements früher EPs der Band mit Genuss zu Ohr führen - auch diese Akten haben keineswegs Staub angesetzt... Und so sei allen Wagemutigen zugerufen: Schieben Sie den Zylinder keck in den Nacken, gönnen Sie sich vorweg ein Fläschchen Absinth, krempeln Sie die Ärmelschoner hoch – und stürzen Sie sich ins coppelianische „Kammerarchiv“! Der Besuch in den bislang streng geheimen Gefilden der edlen Herrschaften wird ab dem 06.09.2019 sowohl rein digital für alle modernen Abspielgeräte als auch physisch auf CD via Foxy Records gestattet.

Vier lange Jahre und eine Pause, hier coppelianisch gewohnt charmant als „Bühnenabstinenz“ tituliert, von der zunächst allen Beteiligten vor, auf und hinter der Bühne erst gar nicht klar war, ob sie jemals enden oder stattdessen doch den vorzeitigen Abschied bedeuten würde, hat es dazu gebraucht, bis die edlen Herren und ihr treuer Butler aus der Hauptstadt sich endlich mit einem neuen Studioalbum zurückmelden: „Kammerarchiv“ hat es fürwahr in sich und belohnt alle treuen Anhänger für die Wartezeit schon allein beim bloßen Anblick der umfassenden Tracklist: Ganze neunzehn Songs haben es letzten Endes geschafft, auf dem neuen Silberling aus dem Hause „Coppelius“ für die Nachwelt verewigt zu werden. Dabei ist der aktuelle Output aber deutlich von klassischen Veröffentlichungen zu differenzieren, viel mehr erstreckt sich hier ein wahres Sammelsurium erlesenster Raritäten und längst verschollen geglaubter Perlen vor den aufmerksamen Ohren des Hörers. Eines ist jedenfalls nicht zu leugnen: Wer sich im Folgenden mit dem Vorhaben auf die Reise macht, die vielen, verwinkelten Gänge der lange geheimgehaltenen Räumlichkeiten in den tiefen Katakomben des Anwesens zu erkunden und dabei neugierig die ein oder andere Schublade der schier zahllosen, sich scheinbar meterweit in die Höhe schraubenden Registraturen aufzieht, der wird mit Sicherheit nicht schlecht staunen. Im bisher streng unter Verschluss gehaltenen Fundus des coppelianischen Hochadels verbirgt sich nämlich so mancher Schatz und davon nicht zu wenig! Das Repertoire reicht von traditionellen Covern bekannter Künstlerkollegen von Weltruhm, über alternative Versionen und aufwändige Neuaufnahmen, bis hin zu neuen oder gar gänzlich unveröffentlichten Stücken. Da eine chronologisch geordnete Strukturierung anhand der schieren Masse und bunten Vielfalt an Musik zwar nicht schier unmöglich wäre, aber nur bedingt sinnig erscheint, werden alle Titel stattdessen in verschiedene Kategorien aufgespaltet. Den Anfang sollen zuerst jene vier Lieder machen, die man im Business heute wahrscheinlich am ehesten unter dem Stempel „Re-recorded“ oder „Re-worked“ führen würde, die wir, um dem speziellen Rahmen gerecht zu werden, jetzt aber einfach mal als „auditive Restaurationen“ benennen: Als da wären das bereits von Live-Konzerten bekannte „I Get Used To It“, welches bisher nur in Form einer Videographie erhältlich war, sowie „Dreaming“ von der lange vergriffenen EP „1803“ aus dem Jahre 2004. Auch „To My Creator“ von der gleichnamigen Veröffentlichung und das ebenfalls darauf enthaltene „Motörhead“-Tribute „1916“ wurden komplett überarbeitet und erstrahlen nun in neuem Glanz. Wenn wir nun schon bei Cover-Versionen sind, finden die beiden Interpretationen der „Iron Maiden“-Klassiker „Ides Of March“ und „Wrathchild“ natürlich ebenso Erwähnung, wie „Radio Video“ von „System Of A Down“. Wer das vielseitige Tun der Herren „Coppelius“ verfolgt hat, dem dürfte deren reges Mitwirken an der weltweit ersten Steampunk-Oper „Klein Zaches, genannt Zinnober“ im Musiktheater im Revier zu Gelsenkirchen sicherlich keinesfalls entgangen sein. Umso erfreulicher ist es an dieser Stelle zu erwähnen, dass mit „Kein Land So Schön“, „Welthentrubel (Selten genug)“, „Lied Der Liese“, „Ein Kluger Mann“ und „Was War Denn Das“ gleich sechs Stücke daraus als Studioaufnahme vorliegen. Im gleichen Atemzug seit hier noch „Way Down In The Hole“ aus dem Crossover-Gig namens „Coppelius.Waits.For.You.“ im kleinen Haus des Theaters zu nennen. Eine weitere Zusammenarbeit zwischen den eigenwilligen Musikern und dem einzigartigen Schauspieler, die recht spontan aus gegenseitiger Sympathie und künstlerischer Fruchtbarkeit nach Aufführung der Oper entstand. Diese wunderbare Geste wirkt rückblickend insbesondere deshalb umso intensiver nach, da Hauptdarsteller Rüdiger Frank erst kürzlich im Alter von zweiundfünfzig Jahren viel zu früh verstarb. Mit seinem Anteil an der coppelianischen Historie und „Kammerarchiv“, hinterlässt er somit ein kostbares Vermächtnis, das mit diesem Silberling für immer bleibt - Ruhe in Frieden! Dass das überzeugende Erzählen von fantastischen Geschichten seit jeher zum meisterhaften Können der Herrschaften gehört, belegt nicht nur der von E.T.A. Hoffmann inspirierte Bandname, sondern auch deren ungemein starker Fokus auf dichtes Storytelling innerhalb ihrer Songs. Dass nach dem erwähnten „Klein Zaches, genannt Zinnober“ schon in naher Zukunft ein erneuter Ausflug auf die etwas andere Bühne bevorsteht, zeigen das Intro „Die Mühle“ und „Aus Den Betten“. Ein kleiner, wie gleichermaßen vielversprechender Vorgeschmack auf die laufenden, kompositorischen Arbeiten an „Krabat“, einer weiteren Oper fürs Revier - Ganz groß! Neben dem kurzen Interludium „Not At All“, gibt es mit „Mir Egal“, „Zeit & Raum“ und „Kalthes Herz“ anschließend noch drei gänzlich neue Werke zu hören, die in ihrer beeindruckenden Vielschichtigkeit allesamt fraglos hochqualitativ und bis zur Perfektion ausgeklügelt sind. Es ist nicht von der Hand zu weisen: Nur sehr wenigen Formationen gelingt es, ihre Musik einerseits so dermaßen eingängig melodiös und zugleich doch überraschend anders klingen zu lassen, wie „Coppelius“. Auch nach mehr als zweihundert Jahren des Bestehens, entwickeln die Steampunk-Urväter ihren uniquen Stil logisch weiter und erschaffen aus zunächst sperrig anmutender Klang-Ästhetik mit Cello, Kontrabass, Klarinetten und Schlagzeug ein derart harmonisches Konzentrat, welches es so kein zweites Mal gibt. Mit dem just gewährten Einblick ins lange wohl behütete „Kammerarchiv“ gibt der Berliner Hochadel seinem treuen Auditorium nun sowohl die Möglichkeit, von den allerersten Schritten an dabei zu sein als auch einen bravourösen Blick in die Zukunft zu wagen. Es ist die fabulöse Bilanz nach über zwanzig Jahren Bandgeschichte, die Alt und Neu organisch und schlüssig miteinander verquickt, ohne die einzelnen Puzzleteile wahllos voneinander loszureißen. Ein rühmender Querschnitt, der zu jeder Zeit wie aus einem Guss wirkt und zugleich auch einen verheißungsvollen Ausblick auf alle kommenden Großtaten markiert. Chapeau, die Herren. Ich ziehe meinen Zylinder vor Ihnen... Ach, ja: „Coppelius hilft“!

Informationen:

http://www.coppelius.eu/eingangshalle.html

https://www.facebook.com/CoppeliusHilft/

 

Rroyce - Patience (2019)

Genre: Electro / Alternative

Release: 27.09.2019


Label: Minuswelt (Soulfood)

Spielzeit: 54 Minuten

Fazit:

Schon Konfuzius wusste: „Ist man in kleinen Dingen nicht geduldig, bringt man die großen Vorhaben zum scheitern”. Dass die drei Dortmunder Jungs von „Rroyce“ Großes vorhaben, beweisen sie auf ihrem nun erscheinenden, dritten Studioalbum eindrucksvoll. Nachdem sie mit “Karoshi” ordentlich für Furore sorgen konnten, legen sie mit ihrem dritten Longplayer "Patience" und der dazugehörigen Singleauskopplung "Parallel Worlds", produziert von Dirk Riegner („Guano Apes“, Peter Heppner, „Melotron“) und gemastert von Krischan Wesenberg („Rotersand“) nach. Die drei “Dortmunder Jungs” bestätigen ihren eigenen, eingängigen, Pop-Stil und schaffen charmante Songs zwischen clubtauglichen Nummern und intensiven, gelassenen "laid-back" Songs, die wunderbar tiefgründig und melodiös daher kommen. 80er trifft Moderne, Pop trifft Elektronik. Live auf Tour im Oktober und November 2019 (mit Welle:Erdball). Die titelgebende Geduld hat ab dem 27.09.2019 endlich ein Ende, wenn „Patience“ rein digital und als CD im klassischen Digipak über Infacted Recordings auf dem Markt erscheint. Die auf genau einhundert Einheiten streng limitierte Fan-Box inklusive individuell gestaltetem T-Shirt, handsigniertem Fotobuch, Kettenanhänger, Plektrum und Autogrammkarte ist bereits lange ausverkauft!

Das neue und mittlerweile dritte Studioalbum des sympathisch geerdeten Trios aus Ruhrgebiet, das insbesondere durch seine schnell mitreißenden Live-Shows zuletzt immer mehr Bekanntheit innerhalb der schwarzen Szene zu generieren vermochte, beginnt mit der aktuellen Single „Parallel Worlds“, die überdies schon fast als eine Art alter Bekannter anzusehen ist, dürfte sie den Fans doch bereits von den vergangenen Gigs im Gedächtnis geblieben sein. Der eingängig konstruierte Dancefloor-Filler, der mit seiner charmanten Thematisierung der Ambivalenz irgendwo zwischen Beruf, Bühne und Privatleben eine angenehm persönliche Note erhält, katapultiert sich mit viel eingängigem Ohrwurm-Charakter und einem enorm tanzbaren Rhythmus sofort ins Herz. Das zweite Stück, „My Dearest Enemy“, fügt sich diesem Konzept im Folgenden sowohl perspektivisch als auch musikalisch nahtlos an, wenn die innere Zwiespältigkeit hier unerwartet konträr auf süßliche Melodik und unbeschwerte Beats prallt. Auch „I Felt Alive“ macht in dieser Hinsicht keinerlei Ausnahme und bietet neben einem Text, der tiefe Melancholie und isolierte Destruktivität austariert, viel Raum für Interpretation und darüber hinaus feinsten Synthie-Pop, der stilsicher übergreifend die Waage der Emotionen hält. „Full Speed, Half Sight“ hat seine livehaftige Feuertaufe vor Publikum ebenfalls schon bestanden und punktet jetzt mit einer ungemein energiegeladenen Grundstimmung und sattem Sound. Auch das lyrisch anrührende„Cry“, welches Sänger Casi seinen beiden Kindern widmet, setzt mit wärmendem Charakter viel ehrliche Gefühligkeit frei, ohne dabei in elegischen Schwermut oder aufgesetzten Pathos zu verfallen. Nein, „Rroyce“ bleiben ihrer bisher stringent verfolgten Linie insbesondere während des ersten Drittels geradezu verlässlich treu und fokussieren ihr musikalisches Tun auf die zurecht bewährten Trademarks der beiden Vorgänger, was aber nicht bedeuten soll, dass chronisch an Varianz oder Ideenreichtum eingespart werden würde. Das perfekt harmonierende Dreigespann weiß viel mehr ganz genau um seine jeweils individuellen Stärken aus dem direkten Zusammenspiel von berührenden Texten mit Identifikationspotenzial, charismatischem Gesang und ungemein schnell packenden Melodien. Dass diese Formel voll und ganz aufgeht, belegen danach auch „Someone Else‘s Life“ oder „Dying In Slowmotion“ eindrucksvoll. So elektrisierend, wie mitreißend präsentiert sich dann auch „Too Little“, das einmal mehr entsprechende Ressourcen vollständig reaktiviert und somit alle gebündelte Power in sich vereint. Zum bedrückenden „L.T.H.M.“ wird das Tempo zugunsten einer dichten Atmosphäre erstmals erheblich bewusst gebremst und weicht stattdessen in sich gekehrter Zurückhaltung. Das Kontrastprogramm jedoch bleibt, denn lyrisch zeigt man sich sehr direkt und gnadenlos unverblümt, doch schon das martialisch betitelte „Life Is A Gun“ und „Valkyrie“ brechen abermals mit diesem Muster. Hier gibt es nicht zu überhörende Reminiszenzen an die für das Genre so essenziellen Achtzigerjahre, was sich vornehmlich in fröhlich-beschwingter Catchyness und hoher Club-Affinität bemerkbar macht, wodurch dem ruhig abschließenden „Walking On Water“ zum Ende hin nochmals umso mehr Gehör zuteil wird. Was gibt es da also noch zu sagen? Auch in technischer Hinsicht überzeugt „Patience“ vollkommen und zeigt im direkten Vergleich zum ohnehin schon erhabenen „Karoshi“ eine weitere Steigerung, wenngleich auch eher im kleinen Detail. Die Produktion ist durchweg hochqualitativ, der Sound stets sehr kräftig und klar. An einigen Stellen vielleicht sogar eine Nuance zu sehr. Weiterhin sei erwähnt, dass die ein oder andere instrumental entschleunigtere Nummer der generellen Vielfalt des Gesamtwerks sehr gut zu Gesicht gestanden hätte. Die energisch und auf Tanzbarkeit getrimmten Arrangements lassen der Musik manches Mal zu selten und wenig Raum, um den nachdenklichen und nicht selten düster gezeichneten Inhalten ihre nötige Zeit zum entfalten zu geben, die so unnötig unterdrückt werden. Schade, denn gerade die vielschichtigen Texte haben auch dieses Mal wieder enorm viel zu bieten. Fernab von diesem verhältnismäßig kleinen Manko, bekommen alle Fans der drei Dortmunder hier wieder einmal die volle Ladung großartig eingängiger Melodien in gewohnt hoher Qualität vor, die ihren Weg in die Clubs und auf die Bühne ohne jeden Zweifel berechtigt finden werden. Ihr habt euch lange genug geduldet - Reinhören!

Informationen:

http://www.rroyce.de

https://www.facebook.com/RROYCE.official/

 

Maerzfeld - Zorn (2019)

Genre: Rock / Alternative

Release: 11.10.2019

Label: Südpolmusic GmbH (Soulfood)

Spielzeit: 44 Minuten

Fazit:

Der Herbst steht klassisch im Zeichen der Ernte und der sichtbaren Ergebnisse: „Maerzfeld“ versinnbildlichen das einmal mehr auf musikalische Weise. Ende September werden sie ein neues Album veröffentlichen, einige Wochen später geht es dazu auf Tour. Der Titel für das Album und die Tour steht bereits fest: "Zorn". Ebenso dynamisch, wie der Titel bereits anmutet, wird auch das Album ausfallen. Durch eine komplett neue Herangehensweise bei der Liederkomposition, ist es „Maerzfeld“ auf ihrem neuen Album gelungen, die vorherrschenden Industrial-Klänge durch harte Riffs, schonungslose Rhythmen und einen treibenden Bass in eine neue Marschrichtung zu bringen. In der Besetzung am Gesang (Heli Reißenweber), Gitarren (Mike Sitzmann und Matthias Sitzmann), Bass (Korbinian Stocker) und Schlagzeug (Michael Frischbier), erschafft die Band in Verbindung mit ihrer Bühnenshow eine grandiose Inszenierung, die so schnell nicht in Vergessenheit gerät. Konsequenter, direkter und mit ausdrucksstarken, tiefgründigen und selbstrefelektierenden Texten, leisten „Maerzfeld“ ihren immer wichtiger werdenden Beitrag in der deutschsprachigen Industrial-Metal-Rockmusik. Wer sich ganz dem blinden „Zorn“ hingeben möchte, hat ab dem 11.10.2019 die Möglichkeit dazu, wenn das vierte Studioalbum des Quintetts als digitaler Download oder CD im Digipak über Südpolmusic GmbH veröffentlicht wird.

Eines ist schon von Anfang an und ohne jeden Zweifel glasklar: Das neueste Schwergewicht aus dem Hause „Maerzfeld“ macht seinem kernigen Titel alle Ehre, denn die fünf Musiker aus dem oberfränkischen Kulmbach klingen tatsächlich schon gleich zu Anfang extrem zornig, was sich dann auch durch die nachfolgenden elf Songs in nahezu allen nur erdenklichen Facetten zieht. Über allem steht dabei der fulminante Startschuss mit dem wütend aufgeladenen Titeltrack, der, wie ein blutroter Leitfaden, thematisch stellvertretend für alles Weitere zu sehen ist. Ohne Rücksicht auf Verluste preschen hier die knüppelharten Drums in dicht verwobener Kombination mit messerscharf sägenden Gitarrenwänden gnadenlos nach vorne und reißen den Hörer sofort in einen wild tobenden Strudel der Aggressionen. Das alles jedoch ohne dabei die spätestens seit dem direkten Vorgänger „Ungleich“ etablierte, vielschichtige Melodik aus den Augen zu verlieren, welche das durchweg organische Zusammenspiel der Instrumente um ein wunderbar variables Füllhorn der Elemente anreichert und die gewohnten Strukturen so etwa mit abrupten Tempo- und Stilwechseln überraschend aufbricht, aber nie das große Ganze überlädt. So beispielsweise auch beim rasant schmetternden „Ohrblut“, das verblüffend mit ungewöhnlichen Einschüben des Rhytm’n’Blues besticht oder dem sehr gelungenen „Die Sünde Lebt“, welches atmosphärische Spoken-Word-Passagen flüssig mit rhythmisch tanzbaren Beats, einschneidenden Breakdowns und übermächtiger Brachialität kombiniert. Einem sehr persönlichen Erlebnis aus dem näheren Umfeld der Band nimmt sich danach die erste Single-Auskopplung „Schwarzer Schnee“ an, die das schwierige Thema Depression so tragisch, wie authentisch aufbereitet. Mit viel Feingefühl für das komplexe Krankheitsbild geben „Maerzfeld“ einen tiefgreifenden Einblick in das zerrüttete Seelenleben des lyrischen Ich, passgenau dazu wandelt der Song musikalisch stetig zwischen fragiler Ballade und verzweifelter Tobsucht. Keine Frage: Ein vielschichtiges und ungemein überzeugendes Meisterstück der Sonderklasse, das eindrucksvoll belegt, dass das Genre der NDH noch lange nicht vollständig abgegraben sein muss. In „Reich“ werden hingegen rücksichtslose Egozentrik, materieller Überschwang und gieriger Konsumwahn mit bissigem Sarkasmus gekontert: Wenn soziale Schichten immer weiter auseinanderklaffen und Menschen zu Tieren werden, hilft es einzig nur, der Gesellschaft den Spiegel vorzuhalten... Vielleicht. Jene antreibende, wild peitschende Dynamik setzt sich anschließend ebenfalls bei „Bittersüß“ fort, dessen Text nicht minder gesellschaftskritisch den Umgang mit alltäglichen Konventionen, archaischer Normung, zerstörerischer Kategorisierung und verbotener Liebe anprangert. Insbesondere bei Titeln wie diesen, ist es der durchweg markante Gesang von Heli Reißenweber, der sich natürlich und doch stets immersiv über die giftig dargebotenen Zeilen legt, um deren Inhalte glaubhaft und mit gehörig Nachdruck zu vermitteln. Falsche Vorbilder, manisches Trendsetting und krankhafte Geltungssucht: Bei „Einer Wie Alle“ nimmt man sich einem weiteren Missstand dieser Tage an und den multimedial gefütterten Wettstreit der aufmerksamkeitsheischenden Quasi-Individualisten aufs Korn. Hier ist keiner wie der Andere und doch sind alle gleich! Weitere verheerende Fehlentwicklungen dieser Welt werden im grandiosen „Flammenhände“ mit teils schockierend bildhaften Gleichnissen umschrieben. Abermals zeigt sich musikalisch der pure Facettenreichtum, der emotional zwischen tiefem Gefühl und brodelnder Rage balanciert, bevor das finstere und extrem eingängige „Menschling“, sowie „Und Die Welt Reißt Auf“ noch eine gute Schippe drauflegen: In detaillierter Manier wird der Finger hier metertief in die offenen Wunden der Gesellschaft gedrückt, um jene grausamen Verbrechen untereinander und an unserer Heimat, Mutter Erde, erschreckend zu Gehör zu bringen und unmissverständlich klarzustellen, dass wir schon lange auf dem besten Weg dazu sind, unser eigenes Grab zu schaufeln. Als kleinen und enorm charmanten Bonus gibt es ein leichtfüßig tanzbares Cover von „Zeig Mir Die Nacht“ der lokalen Kult-Formation „Münchner Freiheit“ - Unerwartet, wie so vieles auf diesem Album, aber dennoch oder gerade deshalb sehr gelungen. Fakt ist: Wer schon „Ungleich“ gerne mochte, der wird den „Zorn“ lieben! „Maerzfeld“ lösen sich mit Bravour weiterhin aus dem übergroßen Schatten der NDH und ihrer legendären Vorbilder, lassen stattdessen der ureigenen Kreativität freien Lauf und transferieren diese in eine hervorragend eigenständige Individualität. Auch der allgemeine Sound hat sich überdies vornehmlich in produktionstechnischer Hinsicht über alle Maßen verbessert und erklingt nunmehr glasklar, voll und sauber aus den Boxen, sodass Gesangslinien und den einzelnen Instrumenten endlich mehr eigener Raum verliehen werden kann. Ein deutlicher Gewinn in allen Belangen. Dass „Maerzfeld“ es praktisch fast nebenbei vollbringen, die insgesamt elf neuen Songs einem gesamtheitlich übergreifenden Konzept unterzuordnen, überrascht da kaum noch. Eine klare Empfehlung für alle Freunde des Genres und weit darüber hinaus. In Zukunft gerne weiter so!

Informationen:

http://www.maerzfeld.de/

https://www.facebook.com/Maerzfeld/

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