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BEITRÄGE:

AutorenbildChristoph Lorenz

Amphi Festival - Tag I - Tanzbrunnen, Köln - 28.07.2018


Veranstaltungsort:

Stadt: Köln, Deutschland

Location: Tanzbrunnen

Kapazität: ca. 12.000

Stehplätze: Ja

Sitzplätze: Nein

Homepage: http://www.amphi-festival.de

Samstag, 28.07.2018 - Amphi Festival Tag 1:

Wie ich jedes Jahr aufs Neue immer wieder kopfschüttelnd feststellen muss, habe ich doch eine sehr idyllische Wunschvorstellung davon, wie man an einem Festival-Wochenende aufzuwachen hat. Nämlich bestens ausgeruht, voller Energie und Tatendrang. Dass das in der Realität jedoch so gut wie nie zutrifft, lässt sich meistens auf den Vortag zurückführen und der war, wie bereits beschrieben, dezent stressig. Mal ganz davon abgesehen, dass Köln wieder hochsommerliche Temperaturen von weit über dreißig Grad verzeichnen kann, herrschen in meinem Zimmer gefühlt über Vierzig und das, obwohl das Fenster die ganze Nacht geöffnet war... Ungläubig prüfe ich nach und stelle fest, dass es überhaupt nicht geöffnet war und erinnere mich schlaftrunken daran, es ob der absurden Lautstärke im Innenhof wieder geschlossen zu haben. Ich ziehe am kleinen Griff und nur wenige Sekunden später strömt mir noch mehr heiße Luft entgegen, woraufhin ich den Hebel rasch wieder runterdrücke. Eigentlich ist es hier zu dieser Jahreszeit scheinbar sowieso jedes Mal völlig egal, was man tut oder lässt, denn unfassbar heiß ist es ohnehin. Leicht verzweifelt steige ich unter die Dusche und ziehe mich danach um. Ein schlichtes, schwarzes T-Shirt muss bei diesem Wetter wohl ausreichen. Vermutlich wäre es besser, wenn es nicht unbedingt schwarz wäre, aber ein bisschen müssen wir heute dann doch wohl alle leiden. Ich hole mir einen kleinen Kaffee, trete vor die Eingangstür und mach mich auf den Weg in Richtung des Tanzbrunnens, der glücklicherweise nur eine gute Viertelstunde von meiner Unterkunft entfernt liegt. Trotzdem reicht die Kurzstrecke vollkommen dazu aus, um fast zu schmelzen. Gut nur, dass ich nicht wieder auf der anderen Rheinseite residiere... Dafür klappt an der Gästeliste alles prima. Ich nenne wie gehabt meinen vollständigen Namen und nur kurz darauf erhalte ich mein hellblaues Pressebändchen ums Handgelenk geschnürt. Ein kleines Heft mit allen wichtigen Zeiten und Informationen nehme ich mir gleich auch noch mit, dann geht’s zur kurzen Taschenkontrolle über und schon bin ich da. Unverändert heiß ist es zwar immer noch, dafür wird meine Laune schlagartig besser. Also dann: Los geht’s!

Mainstage, 11.00 Uhr - Intent:Outtake:

Guten Morgen, Köln! Es ist 11.00 Uhr in der Früh, was zumindest im gediegenen Festival-Alltag schon eine amtliche Uhrzeit darstellt. Dass ich mit dieser Meinung an einem Samstag nicht unbedingt allein dastehe, veranschaulicht das Gelände des Tanzbrunnens, welches jetzt noch vergleichsweise leer anmutet. Wenig verwunderlich, immerhin möchte sich ein nicht unerheblicher Teil der Gäste bestimmt noch von der Pre-Party oder Rheinfahrt erholen. Genau das hätte ich zwar auch liebend gern getan, nur hätte ich dann den ersten Weckruf des noch recht jungen Tages verpasst. Dieser kommt von „Intent:Outtake“ aus Leipzig, deren wummernder Dark Electro jene Wirkung mit Sicherheit nicht verfehlen dürfte. Das Zweigespann aus Keyboarder Andreas Engleitner und Sänger Bastian Polak war einst als reines Ein-Mann-Projekt geplant, das zunächst lediglich durch Remixe für andere Künstler in mediale Erscheinung trat, seit 2014 und dem Auftritt auf dem lokalen WGT jedoch auf eigenen Pfaden wandelt. Nur ein Jahr danach gab es mit „Wake Up Call“ ein erstes Lebenszeichen in diese Richtung, das sich ganze acht Wochen in den Top 10 der DAC-Charts halten konnte. Das als Single auserkorene „Neustart“ fungierte dann als erster Vorbote auf den Nachfolger „About Halos“, der weiter an die Spitze vorzurücken wusste. Im Herbst des vergangenen Jahres läuft die „Schmerzmaschine“ auf Hochtouren, gefolgt von einigen Release-Konzerten. Als Inspiration gibt das Duo selbst etwa Bands wie „Haujobb“, „[:SITD:]“ oder „Hocico“ an, was gut zum zelebrierten Sound auf der Bühne passt. Diese und nicht zuletzt die Outfits der Musiker, erzeugen mit einem Gewirr aus zerfetzten Lumpen, Schläuchen und Masken schon beim Opener „Evolution“ eine apokalyptisch-dreckige Atmosphäre, die auch gleich einem „Mad Max“-Film entsprungen sein könnte. In den nächsten vierzig Minuten konzentrieren sich Engleitner und Polak mit „Glaube Und Vernunft“ und „Masks“ vor allem auf Material neueren Datums, aber auch der Erstling wird etwa durch „Der Letzte Tanz“ nicht zu knapp bedacht. Zudem gibt es später mit „Agonoize“-Kopf Chris L. noch einen echten Überraschungsgast auf der Bühne zu sehen. So finden die Zwei eine ausgewogene Mischung aus ihrem bisherigen Repertoire, welche die stetig wachsende Besucherzahl vor der Mainstage bei Laune hält und gefällt. Auch „Der Mammon“, „Eclipse“, „Fron Wolves And Rats“ und das finale „Neustart“ punkten weiterhin mit gewohnt brettharten Beats, sowie zynischen Texten in Deutsch und Englisch, die mit der dystopischen Optik schlüssig Hand in Hand gehen. Sind jetzt alle wach?

Mainstage, 12.10 Uhr - The Creepshow:

Im Anschluss gibt es dann völlig andere Kost, denn jetzt sollen erstmal großteilig handgemachte Klänge die krachenden Beats für eine gute Dreiviertelstunde ablösen. Zwar gehen glühende Liebhaber des Psychobilly auf den einschlägigen Festivals der schwarzen Szene meistens eher leer aus, doch um diesem Misstand zumindest ein wenig entgegensteuern zu können, haben die Veranstalter in diesem Jahr neben den berüchtigten „Mad Sin“, welche am morgigen Sonntag das Theater bespielen werden, gleich noch eine weitere Genre-Ikone eingeladen: Zuletzt gastierten die Horror-Punker von „The Creepshow“ aus Montreal in 2015 auf dem Amphi Festival, damals noch auf der unscheinbaren Orbit-Stage zwischen grauen Betonbauten und Lanxess Arena. Das positive Feedback blieb, vielleicht gerade aufgrund der angenehmen Andersartigkeit im Pool des oftmals Gewohnten, dennoch nicht aus und so darf es dieses Mal gleich gern die Mainstage sein. Mit dementsprechend viel Applaus werden jetzt Schlagzeuger Sandro „Blood“ Sanchioni, Keyboarder Kristian „The Reverend McGinty“ Rowles, Kontrabassist Sean „Sickboy“ McNab, Gitarrist Chuck Coles und Sängerin Kendalyn „Kenda!“ Legaspi vom Kölner Publikum in Empfang genommen. Nach Berlin, Dresden, Hamburg, Geislingen und Fürth ist der heutige Gig gerade einmal der sechste Termin der so rar gesäten Deutschland-Shows. Getreu ihres Bandnamens wenden sich die Kanadier, ähnlich Formationen wie etwa „The Other“, in ihren Texten verstärkt bekannten Horrorfilmen und den darin agierenden Hauptdarstellern, den Monstern, zu. Nicht umsonst zählen die Fünf zu den wohl einflussreichsten Formationen ihres Genres und können bis dato auf ganze sieben Studioalben zurückblicken. Zuletzt machte man mit „Death At My Door“ aus 2017 auf sich aufmerksam, dessen feuriger Titeltrack die powernde Grusel-Vorstellung nun stimmungsvoll eröffnet. Fans kommen voll auf ihre Kosten, denn die sympathischen Musiker gönnen sich keine Pause und heizen mit vollem Tempo durchs prall gefüllte Set aus insgesamt vierzehn Songs. Dabei gibt es überraschend wenig Neues, dafür aber viele Klassiker und Hits ohne Ende zu hören. Sehr schön!

Theater-Stage, 12.55 Uhr - Future Lied To Us:

Was kommt dabei heraus, wenn sich gleich drei erfahrene Musiker verschiedener und dabei nicht minder bewährter Szene-Bands dazu entschließen, gemeinsame Sache zu machen? Auf jeden Fall nicht gerade weniger, als eines der derzeit wohl interessantesten und aufmerksamkeitserregendsten Projekte im Fahrwasser dieses Genres. Auch mir selbst kamen in jüngster Vergangenheit verstärkt immer wieder begeisterte Lobeshymnen über das illustre Trio zu Ohren, gehört habe ich bis jetzt allerdings noch keinen einzigen Ton. Da erscheint es mir nur selbstverständlich, diese musikalische Wissenslücke in den folgenden vierzig Minuten live und in Farbe nachzuholen. Doch um wen genau geht es hier eigentlich? „Future Lied To Us“ haben sich, basierend auf den Schwerpunkten ihrer jeweiligen Mitglieder, den elektronischen Tönen verschrieben. Wie viele der Interessierten schon weit vorab vermuteten, können sich diese nicht nur überaus hören, sondern das vielversprechende Line-Up vor allem auch sehen lassen: An den Reglern im Hintergrund stehen nämlich keine Geringeren, als Allrounder Vasi Vallis (u.a. „Reaper“, „Frozen Plasma“ und „Namnambulu“) und Krischan Wesenberg von „Rotersand“. Für das Mikrofon wurde hingegen „[:SITD:]“-Member Tom Lesczenski verpflichtet, der sich an diesem Wochenende zusätzlich nicht nur mit erwähnter Formation die Bühne teilt, sondern darüber hinaus noch bei den beiden Shows von „Kiew“ und „Centhron“ mitmischen wird. Unlängst von Infacted Recordings und der veranstaltenden Protain GmbH unter die Fittiche genommen, ist es also kein Wunder, dass hier die günstige Chance auf ein größeres Publikum genutzt wurde, ähnlich wie bei „M.I.N.E.“ im vergangenen Jahr. So entstand in den letzten Monaten ein regelrechter Hype um die bekannten Drei, der sich nicht nur allein im just erschienenen Debüt „Presence“ bestätigt zeigte und demnach auch am heutigen Morgen seine Früchte trägt. Der frühen Stunde zum Trotz, finde ich nämlich ein gut gefülltes Theater vor, die Vorzeichen könnten also jedenfalls weitaus schlechter stehen. Allerdings wird der heutige Auftritt von Vallis und Lesczenski allein bestritten, Wesenberg ist zeitlich leider verhindert. Aber auch so bekommen die Zuschauer eine durchweg solide Show geboten, in der sowohl die beiden Vorab-Singles „Born In Silence“ und „Falling“ als auch weitere Songs vom Erstling, wie etwa „Intentions And Masks“, „Drops Of Silver“, „Lost“ oder „Embrace A World“ unter hohem Zuspruch präsentiert werden. Was bleibt zu sagen? Gelungener Synth-Pop, der Spaß macht und gut klingt, das Rad ohne großartige Innovationen allerdings nicht neu erfindet, was jedoch auch nicht immer der Anspruch sein sollte. Wer sich einmal selbst überzeugen möchte, hat schon diesen Herbst deutschlandweit die Gelegenheit dazu, wenn „Future Lied To Us“ als Support von „And One“ auf „World Vibration“-Tournee gehen.

Mainstage, 13.25 Uhr - [x]-RX:

Pünktlich zur gediegenen Mittagsstunde stehen mit „[x]-RX“ dann zwei bestens bekannte Gesichter auf der nunmehr stark sonnengefluteten Mainstage, um jetzt auch den letzten Besucher für den weiteren Verlauf des ersten Festival-Tages ordentlich wachzurütteln. Das 2006 gegründete Electro-Duo aus Pascal „Cyrex“ Beniesch und Jan „Sine-x“ Teutloff ist praktischerweise seit jeher in der Domstadt beheimatet und dürfte somit keine allzu weite Anreise zum zu bespielenden Tanzbrunnen gehabt haben. Neben der großen Beliebtheit beim auch heute wieder zahlreich erschienenen Publikum, das immerzu wieder oft und gern nach Auftritten der beiden Musiker fragt, vielleicht mitunter auch ein guter Grund dafür, dass die beiden Lokalhelden mittlerweile zu den Stammgästen der Veranstaltung zählen: Ganze sechs Gigs in weniger als acht Jahren, können sich wohl nur die Wenigsten auf die eigene Fahne schreiben. Nachdem man 2015 vor Kulisse der gigantischen Lanxess Arena und der wetterbedingten Umorganisation zeitlich noch arg knapsen musste, durfte schon ein Jahr später amtlich nachgeholt werden und auch heute ist die explosive Mischung aus Rave, Hardstyle und Industrial wieder am Start. „Wie gefällt‘s euch so, hier bei uns zuhause?“, frotzelt Beniesch somit nur zurecht. Insgesamt sechs Studioalben bieten schon mal eine ganze Menge an Material, zuletzt stand darüber hinaus „Gasoline And Fire“ in den Regalen, das es heute unter anderem zu präsentieren gilt. Aber auch bereits etablierte Club-Stampfer, wie „Escalate“, „Stage 2“, „Hard Bass Hard Soundz“ oder „Kein Herz“ haben ihren Status inne und dürfen natürlich keinesfalls ausgelassen werden. Einfach gehaltene Lyrics zum mitgröhlen und harsche Beats, die schnell zum mitmachen animieren. Was braucht es zu dieser Uhrzeit bitte mehr?

Mainstage, 14.50 Uhr - Unzucht:

Das diesjährige Amphi Festival ist für die vier Hannoveraner von „Unzucht“ nicht irgendein beliebiges Konzert-Wochenende, sondern ein ganz und gar Besonderes, denn nur einen Tag zuvor veröffentlichten die niedersächsischen Dark Rocker just ihr neues Studioalbum unter dem mystischen Titel „Akephalos“. Einen triftigen Grund zu ausgelassenen Feierlichkeiten gibt es heute tatsächlich also allemal und so haben sich schon weit vor Beginn zahlreiche Fans vor der großen Mainstage eingefunden, um den heißen Temperaturen gemeinsam zu trotzen und eine rauschende Release-Party in Angriff zu nehmen. Offensichtlich hat der Wettergott die schwere Not der in sengender Hitze wartenden Besucher erkannt und zeigt sein Erbarmen jetzt durch einen verhältnismäßig kurzen, aber doch ziemlich erfrischenden Regenschauer über Köln. Bessere Vorraussetzungen könnte es doch eigentlich nicht geben, oder? Richtig. Gegen 14.50 Uhr betreten also Schlagzeuger Toby Fuhrmann, Bassist Alex Blaschke, Gitarrist Daniel De Clercq und Sänger Daniel Schulz die Bretter, um mit dem markanten Titeltrack ihres Live-Albums „Widerstand“ zu leisten. Nein, der sympathische Vierer möchte während des fünfzig Minuten langen Sets offensichtlich keine Zeit verlieren und schaltet sogleich von Null auf Hundert. Auf die emotionale Power-Ballade „Lava“ folgt überraschend früh der Hit „Engel Der Vernichtung“ und alles dreht, wie der im Refrain besungene Wahnsinn, sofort frei. „Was ist das denn bitte für eine geile Scheiße, Amphi? Macht mal Lärm!“. Gesagt, getan. Den ein oder anderen Kalauer kann sich der Schulz darüber hinaus nicht verkneifen und modelt die ergreifenden Zeilen kurzerhand zu „Wärme kann so erbarmungslos sein!“ um, was für einige Lacher sorgt. Mit der aktuellen Single „Nela“ gibt es dann die erste Live-Premiere zu hören, die, wie nicht anders erwartet, bestens ankommt und sich schlüssig zwischen den bereits bekannten Songs, wie beispielsweise der selbstbetitelten Band-Hymne, einfügt. „Nur Die Halbe Wahrheit“ macht ebenfalls Lust auf die anstehende Tournee im kommenden Herbst, dann wendet sich Frontmann persönlich ans Publikum: „Jetzt gibt es aber auch mal etwas Sakrales fürs Herz... Habt Ihr Lust? Irgendwie steckt doch ein kleiner Katholik in jedem von uns.“, spaßt er. Wer nun einen ruhigeren Track erwartet hat, wurde erfolgreich in die Irre geführt, denn die „Kleine Geile Nonne“ ist alles andere als das. Zu elektronischen Beats und verzerrten Screams wird hier nämlich mindestens so gut gerockt, wie bei dem mächtig treibenden „Ein Wort Fliegt Wie Ein Stein“ vom letzten Werk „Neuntöter“. Die emotionale Quoten-Ballade wird natürlich trotzdem nicht ausgelassen und so werden zu „Nur Die Ewigkeit“ hunderte Arme gleichmäßig im Takt hin- und hergeschwenkt, bis der Klassiker „Deine Zeit Läuft Ab“ würdig abschließt. Während sich die Musiker zum Abschied am vorderen Rand versammeln, ergreift Daniel Schulz nochmals das Wort. „Wir haben gestern unsere neue Platte rausgebracht. Es würde uns wirklich freuen, wenn ihr da zuschlagt und uns so helft, den ganzen Schlager und Rap zu Fall zu bringen. Die Platte gibt’s hier übrigens auch am Stand von Out Of Line zu kaufen und im September sind wir noch auf Tour, wenn ihr Bock habt. Wir machen jetzt natürlich noch ein Foto zusammen... Amphi, macht mal Krach!“. Das lässt sich das begeisterte Publikum nicht zwei Mal sagen und macht sich zum Schluss nochmal ordentlich bemerkbar. Als die „Unzucht“ schließlich unter lautem Applaus von den Brettern geht, besteht endgültig absolut kein Zweifel daran, dass der kopflose Dämon wohl sehr bald die vordere Spitze der offiziellen Charts anführen wird. Für dieses Vorhaben alles Gute und bis zum nächsten Mal!

Theater-Stage, 16.40 Uhr - [:SITD:]:

Nach so viel geballter Gitarren-Power darf es für meinen persönlichen Geschmack nun sehr gerne wieder etwas elektronischer zugehen. Um diesen einschneidenden Stilbruch zu bewerkstelligen, habe ich mich in weiser Voraussicht rechtzeitig in Richtung des Theaters am Haupteingang zurückbegeben, um mir gleich die nächsten beiden Acts in Folge ansehen zu können. Wie ich später erfahren soll, herrschte bereits kurz nach meinem Eintreffen auch schon wieder das bekannte Problem mit dem Einlass-Stopp vor, was nach wie vor insbesondere auf die arg begrenzten Kapazitäten der Lokalität zurückzuführen sind. Das deutlich größere Staatenhaus steht dem Amphi Festival nämlich auch in diesem Jahr leider nicht zur Verfügung. Auf längere Sicht sollte sich vielleicht also tatsächlich nach einer vergleichbaren Alternative umgesehen werden, um möglichst vielen Fans eine faire Chance zum Besuch ihrer Favoriten zu geben und traurige Gesichter an diesem Wochenende zu vermeiden. Wie dem auch sei, zumindest bei mir läuft bis jetzt ausnahmsweise mal alles genau nach Plan und wenig später stehe ich dann im prall gefüllten Foyer, wo ein nicht unerheblicher Teil der Gäste erschöpft auf dem Boden verweilt und neue Kraft tankt. Das versuche ich jetzt auch und steuere als Erstes die Bar an, um mir ein Wasser zur Abkühlung zu kaufen. Leider ist die örtliche Gastronomie mit ihren exorbitanten Preisen noch immer unverschämt teuer, alle Getränke sind lediglich in 0,5 l erhältlich und bewegen sich in derselben Kategorie zuzüglich Pfand. Auch wenn es ein paar Trinkwasserstellen gibt und der Veranstalter jener Situation mit einem eigenen Stand und leicht vergünstigten Getränken entgegensteuern will, wäre hier ein Entgegenkommen der Messe Köln endgültig angebracht. Das alles ist aber vergessen, als Dr. Mark Benecke die Bretter betritt und die nächste Band ansagt, welche laut eigener Aussage unter anderem für seinen Einstieg in die Szene verantwortlich ist. Dass es bei manch einem Zuschauer durchaus ganz ähnlich verlaufen sein könnte, zeigt der Applaus, als „Shadows in the Dark“, besser bekannt als „[:SITD:]“, mit ihrem Klassiker „Rot“ in den Nachmittag starten. Das 1996 in meiner Heimatstadt Bochum gegründete Trio, gehört zu den bekanntesten Vertretern des Aggrotech und erfreut sich stets größter Beliebtheit beim Publikum. Ich selbst habe die nordrhein-westfälische Formation zuletzt auf dem Amphi Festival 2015 gesehen, als sie unwetterbedingt kurzfristig am frühen Sonntagmorgen untergebracht wurden, die riesige Lanxess Arena zu beschallen. Schön also, die ambitionierte Synthesizer-Fraktion aus Frank D‘Angelo und Thomas Lesczenski, sowie Sänger Carsten Jacek mal wiederzusehen. Ihr aktuelles Album „Trauma: Ritual“ im Gepäck, gibt es mit „Genesis“ auch direkt einen Auszug daraus zu hören, essenzielle Dauerbrenner der Marke „Kreuzgang“ und „Lebensborn“ vom Debüt dürfen natürlich ebenfalls nicht fehlen. Das neue „Cicatrix“ weiß zu überzeugen, trotzdem ist nicht zu übersehen, dass die tanzwütge Menge hier vor allem auf die bekannten Club-Hits wartet, die es mit „Laughingstock“ oder dem poppig treibenden „Atemlos“ bekommen soll. Die technischen Probleme vom Anfang sind mittlerweile längst behoben, der Gesang ist klar zu verstehen und geht Hand in Hand mit den drückenden Beats, die ordentlich einheizen. „Jeder Mensch hat ein zweites Gesicht...“, leitet Jacek zum „Richtfest“ über und schwingt sich kurzerhand in den Graben, um mit den dortigen Fans etwas auf Tuchfühlung zu gehen. „Wie geil seid ihr denn bitte, Köln!?“, ruft der begeistert. Das donnernde „Snuff Machinery“ schließt den Reigen nach gut fünfzig Minuten powernder Kraft. Jacek findet genau die richtigen Worte zum Abschluss: „Tausend Dank für diesen geilen Moment! Wir hier oben haben echt Gänsehaut. Viel Spaß noch!“. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.

Theater-Stage, 18.00 Uhr - Funker Vogt:

Pünktlich um 18.00 Uhr wird dann für fast eine ganze Stunde lang „Tanzbefehl“ erteilt und dementsprechend viele Fans elektronischer Musik sind dem Ruf des Funkers ins mittlerweile stark aufgeheizte Theater gefolgt. Nicht zuletzt auch aus brennender Neugierde, denn die einst so etablierte EBM-Instanz aus Hameln musste in den vergangenen Jahren nicht nur einige Veränderungen erfahren, sondern mit Verpflichtung des patriotischen Sacha „Sick Man“ Korn zuletzt vor allem auch einige Schelte innerhalb der schwarzen Szene einstecken. Gegen Ende 2016 gab man schließlich einen erneuten Wechsel hinter dem Mikrofon bekannt, von nun an sollte „Agonoize“-Kopf Chris L. das Steuer herumreißen und fortan für positives Feedback sorgen, was mit dem Quasi-Debüt „Code Of Conduct“ größtenteils auch bravourös gelang. Kein Wunder also, dass sich die Reihen hier jetzt gespannt dicht an dicht drängen, die imposante Kulisse jedenfalls sieht schon einmal äußerst vielversprechend aus und lässt auf den ersten Blick zumindest auf eine optisch beeindruckende Show schließen: Während im Hintergrund eine wuchtige Replikation des markanten Logos thront, bestimmen hohe Masten mit daran montierten Satellitenschüsseln und schwere Sandsäcke, die einen hergerichteten Schützengraben andeuten, das Bild am vorderen Rand. Als das fahle Hallenlicht endlich erlischt, erfüllen sakrale Chöre und dichter Nebel den Raum. Unter drückenden Beats führen nun zwei Personen mit Sturmmaske einen Dritten ins Zentrum der Bühne und fixieren ihn auf einem elektrischen Stuhl, der unter grellen Blitzen sogleich zuverlässig seinen treuen Dienst leistet. Dunkle Rauchschwaden ziehen unter der Elektrode auf, doch das ist erst der Anfang: Der Exekutierte erhebt sich plötzlich und schreitet mit knappen Schritten zum Opener „Phönix“ unter lautem Applaus nach vorn. Es ist Frontmann Chris L., der mit seiner Uniformierung aus Maulkorb und kugelsicherer Weste deutlich an seine Hauptband erinnert. Und nicht nur das, denn auch die stark verzerrten Vocals können den inneren „Godfather of Hellectro“ nicht verleugnen, was allerdings auch überhaupt nicht nötig ist. Ein nicht zu leugnender Fakt ist aber, dass hier selbstredend eine gänzlich andere Interpretation von „Funker Vogt“ dargeboten wird, als es noch unter Gründungsmitglied Jens Kästel der Fall war. Eine anbiedernde Kopie gibt es, wie sich schon 2017 mit dem neuen Album zeigte, nicht. Stattdessen liegt der Fokus verstärkt auf tanzbaren Rhythmen mit klar erkennbarer Handschrift des Berliners und ansprechenden Effekten. So wütet der Sänger nun etwa in bekannter Manier zu „Wahre Helden“ über die Bretter, unterdessen verdingen sich Schlagzeuger René Dornbusch und Keyboarder Gerrit Thomas an ihren Instrumenten. Hohe Nebelfontänen dampfen aus dem Boden, dazu flirren grelle Laserstrahlen über die etwas träge Menge... Zum vorab präsentierten „Wasteland“, aus dem gleichnamigen und am 28.09.2018 erscheinenden Zweitwerk, werden meterhohe Fahnen zu den Seiten gehisst, danach wird mit aggressivem Nachdruck skandiert, dass nichts „Für Immer“ bleibt. Doch auch die alten Klassiker werden keineswegs vergessen, denn mit dem unsterblichen „Gunman“ gibt’s es sogleich einen solchen zu hören. Zu den technoiden Klängen treten hier abermals die Maskierten nach vorn und begeben sich an die Kanonen, um einige T-Shirts in die Reihen zu schießen. Allzu strenge Vergleiche zum einstigen Original sollten auch hier besser nicht gezogen werden, dazu sind die Unterschiede einfach zu groß. Leider streikt die Technik unter dem drückenden Sound nicht zu knapp und der Gesang geht stellenweise gnadenlos unter. Zu allem Überfluss vergisst Chris L. scheinbar kurzzeitig den Text, was der Front-Funker anschließend leicht angefressen knapp mit einem trockenen „Nobody‘s perfect!“ kommentiert. Das treibende „Superstar“ wird von einem mächtigen Stroboskop-Overload begleitet, darauf folgen das politkritische „Deutsch Bleibt Deutsch“ und die neue Single „Feel The Pain“, welche recht gut angenommen wird. Auch das epische „Gladiator“ wird von kleineren Unstimmigkeiten begleitet, was der Sänger selbstironisch als „improvisiert“ abstempelt. Mit dem Hinweis, sich nach der Show traditionell am Met-Stand einzufinden, geht es schließlich in die finale Phase des Sets. Passend dazu bittet man mit „Der Letzte Tanz“ zum ebensolchen, bevor es mit dem grandios inszenierten „Funker Vogt 2nd Unit“ wortwörtlich nochmal so richtig heiß wird: Die zweite Zusammenkunft kommt als donnerndes Duett zwischen Drummer Dornbusch und L. daher, die hier im Gewitter aus Nebel, Laser und gar regelmäßig empor stechenden Feuersalven nochmal alles geben. Ein toller Abschluss! Zwar ganz sicher nicht mehr die alten Funker, dafür aber eine gänzlich neue Funkfrequenz. Und so verbleibt mit Sicherheit nicht nur meine Wenigkeit gespannt auf den baldigen Ausflug in die „Wastelands“.

Mainstage, 19.05 Uhr - Orchestral Manoeuvres in the Dark:

Gegen 19.05 Uhr ist es an der Zeit für den Co-Headliner des ersten Festival-Tages, welcher bereits seit langen Stunden von gefühlt ausnahmslos allen diesjährigen Besuchern sehnlichst erwartet wird. Mit Recht, denn entgegen dem sonst so berechenbar rotierenden Band-Karussell der hiesigen Festival-Landschaft, hat das Amphi Festival hier einen äußerst seltenen Hochkaräter aufgetan. Zu diesem feierlichen Anlass ist es somit nur logisch, dass gleich das komplette Moderatoren-Dreigestirn aus Benecke, Domgörgen und Klein geschlossen zur Ansage aufläuft. „Das was jetzt kommt, ist echt selten, denn sie sind echte Legenden und haben damals noch vor dreißig Leuten zusammen mit „Joy Division“ gespielt. Hier kommen die Helden unserer Kindheit!“, heißt es da nur und der gesamte Tanzbrunnen steht sofort stimmungsmäßig Kopf. Die 1978 in Liverpool gegründete Band, die sich Ende der Neunziger vorerst auflöste und seit 2006 wieder fortbesteht, zählt unter anderem neben „Soft Cell“, „The Human League“. „Ultravox“, „Eurythmics“ oder auch den „Simple Minds“ zu den bedeutendsten Acts des New Wave und prägte mit ihrer Musik eine ganze Generation. Dementsprechend viele Gäste haben sich nun vor der Mainstage versammelt, um sich gemeinsam zurück in die Achtziger zurückversetzen zu lassen. Wie wenig es manchmal eigentlich doch für einen magischen Moment braucht, zeigt heuer die spartanisch eingerichtete Bühne, auf der sich neben den Instrumenten weder große Videoleinwände oder hohe Lichtmasten, noch ein Backdrop finden. Jetzt gibt es Musik pur, denn mehr als die bloße Präsenz des engagierten Quartetts braucht es absolut nicht, wie sich im Folgenden zeigen soll. So ausgelassen und herzlich wie schon lange nicht mehr, begrüßt das gebannte Publikum demnach Schlagzeuger Stuart Kershaw, die beiden Keyboarder Martin Cooper und Paul Humphreys, sowie Sänger Andy McCluskey mit einem warmen Applaus zum Willkommensgruß in seiner schwarzen Mitte. Völlig ohne ausladendes Intro, choreografierte Inszenierung, große Gesten oder sonstige Einlagen startet man mit „Enola Gay“ vom Debütalbum aus 1990 durch und wechselt dann zu „Messages“ aus dem selbstbetitelten Zweitwerk. Das hier ist sichtlich authentisch, ungekünstelt, ehrlich, ohne jegliche Allüren und vor allem passioniert. „Hallo Deutschland, es ist ja noch gar nicht dunkel genug!“, konstatiert McCluskey lachend und trumpft, die Gitarre fest umgeschnallt, gleich mit einem ausufernden Solo auf, welches Cooper bei „History Of Modern (Part 1)“ anschließend über sein Saxophon erwidert. Das emotionale „Forever (Live And Die)“ wird traditionell gesanglich von Humphreys dargeboten, „If You Leave“ und „Souvenir“ markieren weitere Perlen im speziell zusammengestellten Oldschool-Set. Ein echtes Highlight wurde in diesem überraschend früh platziert: Das weltbekannte „Joan Of Arc (Maid Of Orleans)“ sorgt bereits mit seinen ersten Tönen für bahnbrechenden Applaus, der sich gleichsam mit McCluskeys ekstatisch-eigenwilligen Tanzbewegungen rasend schnell in immer neue Höhen steigert. „Hier kommt ein Song aus Zeiten, in denen wir noch eine richtig coole Synth-Pop-Band waren...“, scherzt er und so wagt der Tanzbrunnen mit dem ikonischen „Talking Loud And Clear“ von der „Junk Culture“ aus 1984 nochmals einen weiten Blick zurück, bevor es mit dem Titeltrack des aktuellen Studioalbums „The Punishment Of Luxury“ den einzigen Abstecher ins Hier und Jetzt gibt. Wer jenen Ableger aus dem Spätsommer 2017 bis jetzt noch nicht gehört haben sollte, wird das vermutlich nach dem Festival umso schneller nachholen wollen, denn wer zuvor eventuell glauben mochte, dass die vier Briten vor rund dreißig Jahren mit etlichen Hits ihr Potential bereits ausgeschöpft haben könnten, irrt gewaltig. Im Gegenteil: Auch nach all der langen Zeit haben „OMD“, wie ihre Fans sie liebevoll nennen, nichts an Kreativität, Aktualität und vor allem Qualität eingebüßt und das, ohne ihre Wurzeln zu vergessen. Wahre Kunst zeichnet sich eben durch Beständigkeit aus. So auch jene von Songs, wie etwa „Dreaming“, „Pandora‘s Box“ und „Sailing On The Seven Seas“. Dass manch ein Gast dieser Überzeugung gar ganz besonders ist, beweist zum finalen „Electricity“ ein leicht bekleideter Flitzer, der, zu spät von der Security bemerkt, mit einem gekonnten Hechtsprung über den ersten Wellenbrecher und einer Bauchlandung bis auf die Bühne gelangt. Erstaunlich lange lassen die Sicherheitskräfte den gut gelaunten Mann ausgelassen neben McCluskey tanzen, der die ungewohnte Situation mit sympathischer Gelassenheit nimmt und sich nicht weiter beirren lässt, bis ein herbeieilender Techniker die kurze Einlage dann schließlich dezent beendet. Danach: Tosender Applaus für eine wahre Legende, welche die bahnbrechende Euphorie ob ihrer leicht irritierten Blicke selbst kaum glauben kann und sich nach gut einer Stunde Retrospektive ebenso dankbar vom Kölner Publikum verabschiedet. Ein voller Erfolg auf ganzer Linie! Jetzt heißt es aber Beeilung für die fleißigen Stagehands, denn der Headliner des ersten Tages wartet bereits...

Mainstage, 20.40 Uhr - ASP:

Vor dem imposanten Hintergrund eines glühenden Feuerballs breitet der schwarze Schmetterling so plakativ wie bedrohlich seine riesigen Schwingen aus. Eingerahmt wird das verheißungsvolle Backdrop von vier hohen Masten mit zahlreich daran montierten Scheinwerfern, während dichter Nebel in rauen Mengen atmosphärisch über die Bretter wabert, nur um kurz darauf wieder von einigen Sonnenstrahlen jäh durchbrochen zu werden. Unter infernalisch tosenden Jubelstürmen und stark pochenden Beats, betritt nun Mastermind Alexander Frank „Asp“ Spreng, gehüllt in einen langen Ledermantel, mit langsamen Schritten ins Zentrum der Bühne. Auf seinem Kopf ruht ein Dreispitz, in den Händen hält er eine alte Laterne. Mit prüfendem Blick schreitet er jetzt von der einen zur anderen Seite und baut sich sodann vor dem Mikrofonstativ auf, zieht eine Pergamentrolle hervor und beginnt mit eindringlicher Stimme, die einleitenden Zeilen der „Mondscheinsirenade“ beschwörend vorzutragen. Unterdessen begeben sich Schlagzeuger Stefan Günther-Martens, Bassist Andreas „Tossi“ Gross, sowie die beiden Gitarristen Sören Jordan und Lutz Demmler auf ihre zugewiesenen Positionen und bereiten sich auf den anstehenden Startschuss vor, welcher schon wenige Sekunden später durch einen lauten Knall und den elektronisch aufgeladenen Klassiker „Kokon“ spektakulär fallen soll. Jener wird von den dichten Reihen ebenso sehr gefeiert, wie auch das sich nahtlos daran anschließende „Duett (Minnelied Der Incubi)“. Eine fürwahr beeindruckende Zeremonie zur Eröffnung... Die nächsten fünfundsiebzig Minuten heißt es für den kochenden Tanzbrunnen also: „Willkommen zurück im dunklen Turm!“. Selbstverständlich lässt es sich der charismatische Frontmann gleich zu Anfang nicht nehmen, vorerst selbst einige Worte an das restlos ausverkaufte Festival zu richten. „Ihr schönen Menschen auf dem Amphi! Es ist viel zu lange her und tut so verdammt gut, nach all der Zeit wieder hier zu sein.“, begrüßt er die schwarze Menge nach achtjähriger Kölner Abstinenz sichtlich dankbar lächelnd. „Oh, ich weiß... Ihr habt die letzten Stunden über schon alles gegeben. Was für ein unfassbar heißer Tag und was für unglaublich tolle Bands! Wie schön, dass wir, obwohl wir alle so verschieden sind, hier spielen dürfen. Es ist in euch und eint alle... Ich kann es deutlich sehen!“, verkündet er verschwörerisch und leitet somit die Szene-Hymne „Schwarzes Blut“ ein, in deren treibendem Takt jetzt meterhohe CO2-Fontänen in die Höhe schießen und auch das aktuelle Studioalbum „zutiefst“ soll heute Abend natürlich keinesfalls vergessen werden: Das dunkel-melancholische „BernsteinmeerengeL“ versetzt die Fans mit seinen ätherischen Harfenklängen direkt zu den gestrandeten Himmelsboten ans Ufer, im finalen Refrain steigen malerische Funkenströme aus dem Boden empor. „Ihr schönen Menschen... Und das meine ich sehr ernst. Wie habt ihr es bei diesen Temperaturen eigentlich geschafft, euch so dermaßen gut zu halten? Ihr seht, ich bin ungefähr seit einer Minute hier auf der Bühne und schon hängt mir die Schminke ungefähr auf Brusthöhe. Wollt ihr mir nicht vielleicht euer Geheimnis verraten? Wer ist denn nicht aus Köln? Wahrscheinlich sind diejenigen in der Zwischenzeit immer mal wieder zurück ins Hotel gegangen, um sich frisch zu machen, oder? Ja, soweit ist’s mittlerweile mit der Jugendkultur gekommen!“, scherzt er. „Ich hoffe aber, dass ihr wenigstens in einem schönen Hotel untergekommen seid. Nicht, dass es dort etwa spukt! Denn dort bin ich schon einmal hineingeraten, wie der ein oder andere sicher weiß. Das singen wir jetzt alle zusammen!“, fordert der Sänger zum melodischen „Astoria Verfallen“ aus dem gleichnamigen Zweiteiler und tatsächlich bilden sich schon bald kollektive Chöre. „Wisst ihr, es ist wirklich schade, dass ich gerade nicht zu „Midge Ure“ gehen kann, aber ich sehe das hier als einen mehr als nur würdigen Ersatz dafür an. Ihr seid heute so zurückhaltend... Nicht, dass euch all die tollen Bands schon müde gespielt haben. Das muss ganz anders werden, damit man euch in ganz Köln hören kann! So laut, dass in Nippes der Nippes von den Wänden fällt! Geht’s euch noch gut?“, motiviert Asp zu den traditionellen Echo-Rufen. Zum powernden Up-Tempo „Wechselbalg“ erheben sich immerzu heiße Flammenstöße in die Luft und verlangen dem Publikum endgültig alles ab. Ganz egal, denn die Zuschauer lassen sich nicht so leicht entmutigen und haben sichtlich ihren Spaß. So soll es sein! „Eigentlich hatte ich heute vorgehabt, nun eine unfassbar lange Ansage voller Tiefgründigkeit an euch zu richten. Aber wir haben leider nicht mehr so viel Zeit und sind schon ein bisschen im Verzug... Wie dem auch sei, ich fasse es einmal als kleines Fazit für euch zusammen, tragt es mit nachhause: Nur weil jemand von Gefühlen singt, heißt das noch lange nicht, dass er tiefgründig ist... Sonst wäre beispielsweise eine Andrea Berg ganz weit vorne. Aber das ist nur ein Stellvertreter, nichts gegen die freundlichen Kollegen. Also nehmt euch in acht vor den Untiefen!“. Mit dem gleichnamigen Song und rhythmischem Drumming, wird die ohnehin schon ausgelassene Stimmung gleich zu Beginn weiter gesteigert. Köln macht endlich Schluss mit den falschen Signalen, denn es ist Zeit, um zu „Werben“ und diese einzigartige, „magische Verbindung“ untereinander zu feiern, die jetzt jeder Einzelne vermutlich voll und ganz spüren kann. „Wir sind ja hier auf einem schönen, schwarzen Festival, oder? Da habe ich mir sagen lassen, dass ein klein bisschen Romantik nicht fehlen darf und deswegen kommt nun ein ganz, ganz romantisches Stück für euch... Unterwasser-Romantik, sozusagen.“, lächelt der schwarze Schmetterling verschmitzt und bereitet die „Torpedos“ für ihren Abschuss auf eine temporeiche Reise vor. Das dramatische Hit-Finale wird abschließend in gewohnter Manier vom herzzerreißenden Gothic-Novel-Epos „Und Wir Tanzten“ und dem wortwörtlichen Everblack-Dauerbrenner „Ich Will Brennen“, der nach dem letzten Chorus fließend in „Fortsetzung Folgt... (1)“ übergeht, ausgestaltet, zu welchem selbstverständlich nochmals gigantische Feuerschübe in den lauen Abendhimmel emporschießen, ehe sich die gesamte Band geschlossen vor dem jubilierenden Publikum verbeugt. Dieses hat, wie jetzt deutlich hörbar wird, wohl noch immer nicht genug gute Musik für heute bekommen und ruft laut nach einer Zugabe. Tatsächlich kommen „ASP“ noch ein letztes Mal zurück, um jenen Wunsch mit „Denn Ich Bin Der Meister“ bestmöglich zu erfüllen. Ein kleiner Wink mit dem Zaunpfahl in Richtung Herbst, wenn die deutschlandweite „Zaubererbruder - Live & Extended“-Tournee zum zehnjährigen Jubiläum des aufwändigen Konzeptalbums ansteht. Man sieht sich, oder?

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