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BEITRÄGE:

AutorenbildChristoph Lorenz

Unzucht - „Todsünde Total"-Tour - Kulttempel, Oberhausen - 20.04.2018


Veranstaltungsort:

Stadt: Oberhausen, Deutschland


Location: Kulttempel

Kapazität: ca. 500

Stehplätze: Ja

Sitzplätze: Nein

Homepage: http://www.kulttempel.com

Einleitung:

Es ist Freitag, der 20.04.2018 und wie auch schon zuletzt, gibt es dieses Mal eigentlich von keinen besonderen Vorkommnissen zu berichten. Wieder einmal führt mich meine kleine Reise nach Oberhausen, wieder einmal verläuft alles reibungslos. Man kann sich also nicht unbedingt beschweren. Vor dem Kulttempel eingetroffen, hat sich schon eine beachtlich lange Schlange gebildet, welche ich zum Glück dadurch meiden kann, dass mir bestens bekannte Personen einen Platz freigehalten haben und mich jetzt signalisierend zu sich winken. Man begrüßt sich und schon wenige Minuten später startet auch schon der freudig erwartete Einlass. Nach einer kurzen Taschenkontrolle nenne ich an der Abendkasse meinen Namen, der dann auch sogleich kopfnickend von der Gästeliste gestrichen wird. Meine Begleitungen und ich passieren das kleine Foyer und begeben uns anschließend über die Treppenstufen hinweg nach oben zum Balkon, von wo aus eine gute Sicht auf das nahende Geschehen garantiert ist. Wir rücken uns einige der herumstehenden Barhocker an das hüfthohe Geländer heran, während ich schon mal sorgfältig mein Arbeitsmaterial auf der Ablage vor mir ausbreite. Nachdem dann zusätzlich noch eine Runde an Kaltgetränken herangeschafft worden ist, geht es auch endlich los. So unkompliziert und einfach kann es manchmal eben sein...

Sündenrausch:

Um 20.50 Uhr und somit rund zehn Minuten eher, als zunächst vorab angekündigt, ist es dann auch schon an der Zeit für den Support-Act des heutigen Abends. Wird diese Position in der Szene mittlerweile nicht selten immer wieder fast ausschließlich nur von den gleichen Namen besetzt, so ist es doch durchaus auch schön und nicht zuletzt auch Sinn der Sache, neben Altbekanntem vor allem Neues für sich zu entdecken. Hier bietet sich die ideale Gelegenheit dazu, denn die folgende Band kannte ich bisher nur vom bloßen Hörensagen und wenn man sich vor dem Beginn einmal etwas umgehört hat, so scheine ich da nicht der Einzige zu sein. Es ist also mal wieder an der Zeit, für eine kleine Vorstellungsrunde: „Sündenrausch“ haben sich 2011 mit insgesamt fünf Mitgliedern in Hamburg gegründet, bereits zwei Jahre später kam es jedoch schon zu einer temporären Auflösung, bis man sich 2014 dann dazu entschloss, als Duo einen Neustart zu wagen. Zeitgleich sollte zudem soundtechnisch eine einschneidende Metamorphose vom Pop- hin zum Gothic-Rock stattfinden, wie das wenig später erscheinende Debüt „Sündstoff“ veranschaulichte. Eine durch Crowdfunding finanzierte EP folgte und auch die bisherigen Live-Aktivitäten können sich durchaus sehen lassen: So begleitete man in der jüngsten Vergangenheit etwa das Vorprogramm von Genre-Vereranen, wie „Heldmaschine“, „Xandria“ oder „Megaherz“ und konnte sich einem größeren Publikum präsentieren. Das wird heute nicht anders sein... Im Halbdunkel betreten zuerst Schlagzeuger Jörn Schwarzburg, Bassist Jonathan Murphy und Gitarrist Michael Albers unter sakral anmutenden Chören und pochenden Beats die Bretter, bevor Sängerin Kira „Sinister“ Hempel zum Opener „Cinderella“ in ein schwarzes Lederkorsett gekleidet nachfolgt. Der Empfang ist verhalten, aber doch herzlich. „Vielen lieben Dank Oberhausen. Wir sind „Sündenrausch“!“, begrüßt die Frontfrau das anwesende Publikum lächelnd. Die eingängige, verträumte Power-Ballade „Heroin“ setzt das kurze Set fort. „Wir freuen uns, die „Unzucht“ auf dieser Tour unterstützen zu dürfen! Geht’s euch gut?“. Ja, Oberhausen geht es hörbar gut, wie in der nächsten halben Stunden noch bewiesen werden soll. Mit dem düsteren „Böser Wolf“ begibt man sich sodann abermals auf die Schattenseiten der Märchenwelt. Langsam aber sicher tauen die dichten Reihen mehr und mehr auf, weiter vorne scheinen sich sogar ein paar Textsichere zu tummeln. „Irgendwie will meine Stimme heute nicht so, wie ich es will...“, murmelt Sinister leicht geknickt und überprüft vorsichtshalber etwas unsicher das In-Ear-System. Echte Sorgen braucht sich der hanseatische Vierer allerdings eigentlich keine machen, denn sowohl Sound und Gesang als auch die Songs selbst wissen auf ganzer Linie zu überzeugen. Das honorieren auch die Zuschauer hörbar und klatschen jetzt bei „Freier Fall“ eifrig im Takt mit. Immer wieder räkelt sich die Sängerin lasziv zu den Rhythmen und kokettiert mit der Saitenfraktion. Man merkt, dass das Quartett sichtlich Spaß hat. „Wir hoffen, es gefällt euch ein bisschen und dass wir uns ja vielleicht bald wiedersehen? Beim „Hexentanz“ brauchen wir dann zum Beispiel eure Unterstützung. Hier kommt etwas, für all diejenigen, die uns schon kennen. Ihr könnt jetzt gerne mitfeiern und alle anderen natürlich auch!“, leitet sie das temporeiche „Feuerregen“ ein, welches bestens angenommen und als Resultat mit erfreulich starkem Jubel belohnt wird. Zum zerbrechlichen „Winter“ dürfen danach die Arme geschwenkt werden, bei dem grandiosen „Schwarz Wie Ebenholz“ und der damit verbundenen Reise ins „Wunderland“ kreist bei manchem Gast hingegen wieder äußerst verdient das Haupthaar. „Vielen vielen lieben Dank! Wir spielen jetzt unseren letzten Song. Wenn ihr noch Bock habt, sehen wir uns nach der Show am Merch und können uns etwas unterhalten. Herzlichen Dank und ganz viel Spaß mit „Unzucht“!“, verabschiedet sich die Fronterin strahlend im Namen aller Musiker. Ein angenehm kurzweiliger Auftritt, der nicht nur seinen Zweck als Anheizer vorab bravourös erfüllt hat, sondern auch mit einer stimmigen Auswahl an überraschend ohrwurmigen Titeln voll und ganz punkten konnte. Die Mischung aus Härte und Melodiösität stimmt einfach und macht gespannt, auf noch mehr „Sündstoff“. Eine Band, von der man in Zukunft noch sehr viel hören wird.

Unzucht:

Etwa um 21.55 Uhr gehen die Lichter im Kulttempel allesamt miteinander aus und lassen den charmanten Club, der sich insbesondere in den letzten Jahren immer mehr als beliebter Austragungsort für Konzerte aller Art behauptend etablieren konnte, mit einem Mal in dichte Dunkelheit sinken. Die Umbaupause, bei welcher auch das ein oder andere Mitglied von „Sündenrausch“ noch kurzerhand dabei half, das gesamte Equipment unterstützend mit der Crew abzubauen, hat ganz offensichtlich nur vergleichsweise wenig Zeit in Anspruch genommen und so kann es jetzt endlich weitergehen. Dunkelblaue Farbtöne umhüllen das breite Backdrop mit dem klassischen Schriftzug und allmählich werden die sich darauf befindlichen Lettern für jedermann lesbar: „Unzucht“. Eine hauchdünne Synthiemelodie schleicht sich langsam und irgendwie sonderbar bedrohlich aus den Boxen, von den Ecken wabert dichter Nebel herein und verhüllt die mystisch anmutende Szenerie. Plötzlich betritt eine zunächst noch undefinierbare Gestalt die Bühne mit strebsamen Schritten und positioniert sich am vorderen Rand. Die Silhouette trägt eine wuchtige, umgebundene Trommel um die Taille und wartet erst einige Augenblicke ab, dann wird sie kurz vom fahlen Schimmer eines Lichtkegels erfasst: Es ist Frontmann und Sänger Daniel „Der Schulz“ Schulz, der nun mit ruhiger Stimme die ersten Zeilen des sphärischen Prologs „Wie Alles Anfing“ intoniert. Mit ansteigender Spieldauer entern jetzt auch Schlagzeuger Toby Fuhrmann, Bassist Alex Blaschke, sowie Gitarrist Daniel De Clercq zeitverzögert nacheinander die schweren Bretter und begeben sich an ihre angestammten Positionen, um mit ihren Instrumenten in der finalen Strophe mit einzustimmen. Die finalen Takte schlägt Schulz donnernd auf der Pauke an, bevor er sich erstmals persönlich an das sichtlich gespannte Publikum wendet, das nun schon freudig gelöst zu jubeln beginnt. „Hallo Oberhausen! Wir spielen heute Abend die „Todsünde 8“ und das hier ist der zweite Song daraus...“, verkündet er gewohnt gut gelaunt und leitet somit direkt zu „Allein“ über. Für den möglichen Fall, dass nun Fragen aufkommen: Nein, die freundliche „Unzucht“ aus Hannover hat zwar trotz des rapiden Arbeitspensums der vergangenen Jahre noch kein neues Studioalbum am Start, dafür aber eine andere, ganz besondere Idee für die Wartezeit dazwischen gehabt. Da dem gerade eben zitierten Debüt aufgrund von Support-Aktivitäten damals leider keine eigene Tournee zuteil wurde und so zumindest live einige Song-Perlen unweigerlich auf der Strecke bleiben mussten, gibt es diesen Frühjahr mit einer exklusiven Konzertreihe durch ausgewählte Clubs die Möglichkeit zur festlichen Nachholung. Und was bietet sich da wohl besser an, als gleich das ganze Album unter dem Motto „Todsünde Total“ zu spielen? Abgesehen von der einleitenden Improvisation zu Anfang, möchte man sich im Folgenden aber strikt an der chronologischen Reihenfolge der einzelnen Titel orientieren und so geht es mit einem Titel weiter, der mittlerweile einen Status als echter Klassiker innehat und daher sonst eher am Ende eines jeden Sets positioniert wird: „Engel Der Vernichtung“! Keine Frage, dass die allgemeine Stimmung und Lautstärke da einfach nur noch weiter nach oben klettern kann, was auch der Sänger sofort merkt: „Das wird ein schöner Abend. Macht mal Lärm!“. Das lässt sich Oberhausen natürlich nicht zwei Mal sagen und lässt sich hören.

„Wir waren vor zwei Jahren schon mal hier und jetzt ist es so viel voller. Sehr geil! Heute spielen wir das ganze Album von vorne bis hinten durch. In diesem Sinne... Wisst ihr, was das dritte Stück ist?“. Als direkt nach der Frage einige Arme im Innenraum nach oben schnellen, muss Schulz herzlich lachen. „Ihr müsst euch doch nicht melden!“, grinst er und reicht das Mikrofon einem jungen Fan in der ersten Reihe, der nun von der auf dem Bühnenboden fixierten Setlist abliest: „Das Belgische Inferno“ bringt den dreckig-rauen Charakter der Anfangstage sogleich zurück und auch „Auf Sturm“ kann seine musikalischen Wurzeln nicht verleugnen, sodass es eine wahre Freude ist. „Leute, tut das gut!“, bemerkt der sympathische Sänger lächelnd. Recht hat er. Die ruhige Ballade „Während Wir Uns Verlieren“ schließt sich als erster Ruhepol an und versprüht mit ihrer gelungenen Inszenierung einen wirkungsvollen Hauch dunkler Romantik. Der Schulz kniet auf dem mittleren Podest, während die übrigen Bandmitglieder als Schatten im Hintergrund verweilen und grelle Scheinwerferstrahlen immer wieder durchs andächtige Publikum ziehen. „Für die nächste Nummer müsst ihr jetzt nur mal kurz auf eure Shirts gucken. Was steht da?“. Natürlich „Unzucht“! Wer noch keines hat, dem wird zuvor aber noch der Besuch bei Frank am Merchandising-Stand nahegelegt. Zuvor wird aber selbstverständlich erst noch bei der selbstbetitelten Hymne mitgesungen, wie auch im berührenden Refrain von „Meine Liebe“. „Das tut so gut, macht mal Krach!“, fordert der Fronter abermals und weiter geht es mit dem bezeichnenden Aufhänger der aktuellen Tour „Todsünde 8“ und „Der Letzte Tanz“. Da ist es nur die logische Konsequenz, dass der Sänger nun ein Herz mit seinen Händen formt und die unermüdlichen Fans zurecht lobt. „Ich lag die ganze Woche flach und musste Penicillin nehmen. Jetzt geht’s aber gleich schon wieder viel besser!“. Mit dem unverzichtbaren „Deine Zeit Läuft Ab“ wird direkt nachgelegt, bevor es dann noch eine echte Feierlichkeit gibt. De Clercq hat heute Geburtstag und so singen jetzt alles zusammen „Happy Birthday“. Stellvertretend für das Kerzen-Auspusten gebührt der nächste Track „Ungesicht“ dann auch großteilig ihm, zu welchem er verstärkt seinen elektronisch verzerrten Gesang beisteuert. „Schwarzes Blut“ bündelt nochmals alle Kräfte, das Ende ist nahe. „Das war‘s... Fast. Einer fehlt noch. Weiß es einer? „Take Me Tonight“, vielleicht?“, scherzt der Schulz. Natürlich ist es aber die „Kleine Geile Nonne“, die hier noch ausgiebig besungen werden will.

Nachdem das Publikum unzüchtig gesegnet wurde, verlässt die Band zum ersten Mal an diesem Abend geschlossen die Bühne. Doch natürlich hat hier noch niemand der Anwesenden wirklich genug und so fordern die Fans ihre Lieblinge schnell für eine Zugabe zurück. „Seid ihr noch wach?“, erkundigt sich Gitarrist De Clercq. Dem lauten Beifall nach zu urteilen: Ja! Das trifft sich gut, denn schon wird mit harten Riffs und drückenden Drums zum kollektiven „Widerstand“ aufgerufen. Mittlerweile ist es richtig warm geworden und der Schweiß tropft wortwörtlich von den Wänden herab. Ob es da noch einer ordentlichen Ladung „Lava“ bedarf? Aber immer doch! Der emotionale, tragisch-melancholische Up-Tempo ist eines der absoluten Highlights des noch immer aktuellen Studioalbums „Neuntöter“ und kommt vor allem live sehr gut zur Geltung. Überhaupt merkt man den geerdeten Niedersachsen heute Abend mal wieder vollkommen an, wie sehr sie ihre Arbeit lieben. Da wird mit dem schnellen „Ein Wort Fliegt Wie Ein Stein“ dann nur zu gerne noch ein sogenannter, „kleiner Rocker“ nachgeschoben oder glaubhaft ehrlich bekundet, dass das Penicillin gar nicht mehr notwendig sei, weil die Fans mit ihrer geballten Energie ja jetzt da wären. Zur ergreifenden Ballade „Nur Die Ewigkeit“ verwandeln sich die Reihen in ein wogendes Händemeer, dann ist es schließlich doch an der Zeit für den nahenden Abschied. „Danke für diesen Abend, der Kulttempel ist echt ein geiler Laden! Einen machen wir aber noch, oder? Gebt uns gleich noch fünf bis zehn Minuten und dann sehen wir uns am Merch bei Franky. Gebt ihm dann einen Kuss, okay? Das ist echt ein heißer Typ, da könnt ihr nicht widerstehen!“, lacht der Frontmann und beschließt das Set mit „Mit Dir Oder Ohne Dich“. Während der passende „Crowded House“-Gassenhauer „Don‘t Dream It‘s Over“ aus den Boxen klingt, den jetzt wirklich jeder im Raum mitsingt, verbeugen sich „Unzucht“ gegen 23.30 Uhr vor einer erschöpften, aber nicht weniger glücklichen Menge. In diesem Sinne: „Wir sagen der Welt gute Nacht, das letzte Feuer ist entfacht. Und die Flamme erhellt, was zu Asche zerfällt. Es ist nun endlich vollbracht, das ist die Todsünde 8!".

Setlist:

01. Wie Alles Anfing (Intro)

02. Allein

03. Engel Der Vernichtung

04. Das Belgische Inferno

05. Auf Sturm

06. Während Wir Uns Verlieren

07. Unzucht

08. Meine Liebe

09. Todsünde 8

10. Der Letzte Tanz

11. Deine Zeit Läuft Ab

12. Ungesicht

13. Schwarzes Blut

14. Kleine Geile Nonne

15. Widerstand

16. Lava

17. Ein Wort Fliegt Wie Ein Stein

18. Nur Die Ewigkeit

19. Mit Dir Oder Ohne Dich

Impressionen:

Holger Bär - AllDark-Foto

www.AllDark-Foto.com

www.facebook.com/alldarkfoto

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