Eisbrecher - Sturmfahrt (2017)
Genre: Rock / Alternative
Release: 18.08.2017
Label: RCA Deutschland (Sony Music)
Spielzeit: 57 Minuten
Pressetext:
Es wird wieder kalt. Eisbrecher nehmen erneut Fahrt auf und schockgefrieren mit STURMFAHRT am 18. August das Gothic-/Industrial-/Rock-/Metal-Genre – mit harten Grooves vor der Brust und einem breiten Grinsen im Gesicht.
Eisbrecher haben schließlich auch gut lachen. Gestartet als kleines Floß im wilden Rock-Metal-Meer im Jahre 2003, hat das Kapitäns-Duo Alex Wesselsky (Gesang) und Noel Pix (Gitarre, Keyboards, Programmings) die Geschicke so perfekt gelenkt, dass Eisbrecher mittlerweile eine Institution in der Szene sind, die schwarze Töne, harte Riffs, jede Menge Melodien und verführerische Elektronik mag. Lange Zeit nannte man das Neue Deutsche Härte – heutzutage klingt das anachronistisch, immerhin haben Eisbrecher mittlerweile rund 15 Jahre Erfahrung vorzuweisen. Dieses Korsett ist für die Band aus Bayern eh längst viel zu starr und zu engstirnig geworden. Statt zu kopieren und zu zitieren, haben sich Alex und Pix im Spannungsfeld der Großen einen eigenen Freiraum mit den zurückliegenden sechs Studioalben erarbeitet. Der Zuspruch gibt ihnen Recht: die letzten beiden Alben DIE HÖLLE MUSS WARTEN (2012) und SCHOCK (2015) sind in Deutschland bereits vergoldet und wenn Eisbrecher live rufen, kommen allein in München 4.500 Zuschauer und Special Guest-Shows bei den Scorpions oder Alice Cooper sind auch keine Seltenheit mehr. Soviel Zustimmung kann kaum eine Band vorweisen, die rein deutschsprachige Texte und harte Rhythmen vereinen, da sind Eisbrecher einzigartig.
Auch auf anderen Ebenen sind die beiden Hauptcharaktere einmalig: Während Pix die Stellung auf der Brücke hält und kontinuierlich am Soundgerüst Eisbrechers arbeitet, geht Alex als Botschafter der kalten Wogen an Land und ist im Dienste des Eisbären multipel tätig: Als Checker im TV, als Moderator bei den Metal Hammer-Awards oder als Eisgeneral Arktos bei Peter Maffays „Tabaluga“-Geschichte (neben Uwe Ochsenknecht, Heinz Hönig und Rufus Beck). Dort konnte er bei 64 Shows rund 350.000 Besucher begeistern. Es gibt nichts, das Alex Wesselsky nicht mit eiskalter Präzision und Bravour meistert. Gemeinsam sind sie doppelt stark und so gibt es für Eisbrecher seit einigen Jahren nur eine Richtung, und diese heißt Erfolg. Mit STURMFAHRT haben sich Eisbrecher ein weiteres Denkmal gesetzt, das nach der Veröffentlichung im August schon bald goldfarben gestrichen werden sollte. 14 Songs in der Gänze, 14 Treffer ins Schwarze. Anderthalb Jahre Arbeit steckt in dem Album und die Vorab-Single „Was ist hier los?“, mit der Eisbrecher zeigten, dass sie inhaltlich und zeitgeistig auf der Höhe sind, krachte bereits lautstark durchs Gebälk. „Viele Fans erwarten von einer Band mit Majordeal, dass sie Verrat am Rock begeht. Es macht uns immer wieder Freude, die Leute zu überraschen und zu zeigen, dass Eisbrecher im Dienst der harten Musik unterwegs sind“, so Alex grinsend. Die weiteren Songs des Albums wurden mit der gleichen selbstbewussten Einstellung geschrieben und strotzen nur so vor Ideenreichtum. Ob knackiger Gothic Metal, stählerne Riffs und tanzflurige Beats wie beim Titelsong „Sturmfahrt“, groovige Monster wie „Krieger“ oder pure Headbanger wie „Der Wahnsinn“ – STURMFAHRT ist das vielschichtigste Album in der Karriere der Münchener, weil Wesselsky und Pix wissen, dass Stillstand der Tod ist. Darum haben sie ihre Erfolgsformel der Vorgängeralben entschlüsselt und diese mit weiteren verführerischen Inhalten angereichert. So trauen sie sich auch ein Stück wie „Wo geht der Teufel hin“ anzufassen. Gewöhnungsbedürftig, aber der Song entpuppt sich als lupenreiner Mega-Hit. Hassen oder lieben heißt es in diesem Fall. Die Bayern durchbrechen damit jedwede Genre-Mauer und produzierten mit dieser glasklaren Pop-Ballade einen Alleskönner. Catchy, schmusige Grooves und dazu ein kongenialer bittersüßer Text. Lyrisch bewegt sich Frontmann Alex wieder einmal mehr im Hier und Jetzt. Bissig und ironisch bringt er die Themen auf den Punkt, ein Augenzwinkern ab und an. Dieser rote Faden zieht sich durch die komplette STURMFAHRT. Textlich werden die Songs mit viel Witz ausgestattet, sound-technisch hat in erster Linie Pix Songs für jeden Geschmack kreiert, die jedoch allesamt einen Anspruch erfüllen müssen, wie Alex klar herausstellt: „Die Musik muss uns schon selbst überraschen, ich mag mich nicht anlügen. Schließlich kann ich auch von den Fans nicht erwarten, dass sie ausrasten, wenn ich das nicht selbst tue.“ Textlich auf hohem Niveau, wie bereits bei SCHOCK (2015), lässt der Frontmann durchblicken, dass er sich für die Pix’schen Soundlayouts schon mal den Kopf zerbricht, um die Stücke auch lyrisch auf den Punkt zu bringen. „Wir haben manche Klippe charmant umschifft, und eines möchte ich noch sagen: Die deutsche Sprache ist ein verdammter Motherfucker.“ Als besonderes Sahnehäubchen kommt die, wenn man die Fans fragt, längst überfällige Coverversion „Eisbär“ der NDW-Legende Grauzone – natürlich im knusprigen Eisbrecher-Mantel. Ganz besonders sticht aber die Neubearbeitung des Klassikers „Das Boot“, geschrieben von Jazz-Legende Klaus Doldinger, der unter anderem auch für die Tatort-Melodie verantwortlich zeichnet, heraus. Allem voran Pix ist besonders stolz darauf, dass sie aus diesem ureigentlichen Instrumental einen perfekten und runden Song gemacht haben, inklusive passendem Text. Ein kleines Meisterwerk, wenn man genau hinhört. STURMFAHRT eröffnet ein neues Eisbrecher-Niveau: keine Grenze zu eng, keine Hürde zu hoch, kein Genre zu klein. Sie entwickeln sich weiter, haben hier und da, zur Freude der Fans, an Härte hinzugewonnen und punkten ganz klar mit genialen Ideen. Sie setzen längst Maßstäbe bei harter Musik mit deutschen Texten – STURMFAHRT gehört definitiv dazu. Mit STURMFAHRT an Bord ist das Schlachtschiff Eisbrecher von nichts und niemandem aufzuhalten und segelt jederzeit hart am Wind, immer höher, immer schneller, immer weiter – Richtung Triumph!
Kritik: "Du willst es doch auch, was hält dich noch auf?
Wer kann schon widerstehen, wenn wir auf Sturmfahrt gehen?
Mit Volldampf voran, auf in den Untergang
Sag nicht auf Wiedersehen, lass uns auf Sturmfahrt gehen!"
Achtung, dies ist eine Durchsage an alle treuen Eisländerinnen und Eisländer: Hisst die Segel, lichtet den Anker und startet die Motoren - Es geht endlich wieder auf große Fahrt! Seit rund einer halben Dekade liegt "Die Hölle Muss Warten" nun zurück und auch seit dem letzten Erfolgsalbum "Schock" sind mittlerweile ganze zwei Jahre ins Land gezogen. Beide Werke sicherten den Münchnern auch weiterhin ihren lang erarbeiteten Status als eine der führenden Genre-Vertreter harter Rockmusik mit deutschen Texten und konnten sich jeweils mit Platz Drei und Zwei in den offiziellen Media Control Charts an vorderster Spitze festsetzen. Der endgültige Beweis dafür, dass "Eisbrecher" schon lange kein schwarzer Geheimtipp mehr sind und heute bei gestiegener Aufmerksamkeit fernab des einstigen Nischendaseins auch außerhalb einer einzigen Szene stattfinden. Doch wie darauf fast schon zu erwarten war, zog die neuerliche Entwicklung zum steten Aufwärtstrend nicht ausschließlich nur Gönner und begeisterte Jubelstürme nach sich, sondern rief vor allem auch zahlreiche Kritiker auf den Plan, die sich nun in ihren prophezeiten Befürchtungen bestätigen sahen und der Band vermehrt die Hinwendung zum Kommerz vorwarfen. Auch wenn sich so manche voreilige Aussage im Nachhinein als deutlich überzogen herausstellte, fanden sich doch gleichsam vermehrt massentaugliche Titel auf den letzten Langspielern, worüber sich selbst einige der treuen Anhänger nur mäßig erfreut zeigten. Nachdem der Vorgänger erst mit rund einer ganzen Woche seinen Weg in die Ladenregale fand, nehmen "Eisbrecher" ihre Fans dieser Tage eher als zunächst angekündigt mit auf große "Sturmfahrt", um die Schmach von einst endgültig vergessen zu machen. Ob Wind und Meer der Crew um das illustre Duo Noel Pix und Alexander Wesselsky gewogen sind, erfahrt ihr in der nachfolgenden Rezension. Mit einem Mal setzt ein schrill verzerrter Sound ein, dessen anfängliche tonale Höhe sich kurz darauf in weite Tiefen gräbt. Unmittelbar danach setzt der markante Gesang von Frontmann Alexander Wesselsky ein, der nun die ersten, prägnant kurz gehaltenen Zeilen ausdrucksstark intoniert, während die Saiten zunächst nur zurückhaltend im Hintergrund angeschlagen werden und das Schlagzeug den zwingenden Takt vorgibt. Erst dann brechen die Gitarren vollends los und vermengen sich mit stechend spitzen Elektronik-Einschüben, bevor die Strophe alsbald auf den wütenden Refrain zusteuert. Ungewohnt aggressiv und bretthart wie zuletzt eher selten, entfaltet sich der erbarmungslose Brecher schnell zu einer knallenden Eröffnung nach Maß. Die gewohnt gesteigerte Melodiösität wird dann im finalen Zwischenpart geliefert, der sich vom bisherigen Konzept klanglich abhebt und gänzlich konträr zu den mahnenden Worten steht, durch sein Arrangement gleichsam aber auch umso effektiver wirkt. Wer derzeit nicht blind und mit verschlossenen Augen durch die Welt geht, dürfte schon beim morgendlichen Blick in die Tageszeitung oder Nachrichten in Radio und Fernsehen bemerkt haben, dass wir gefährlich nah am Abgrund taumeln. Terror, Fremdenhass, Krieg, Gewalt und Wahn beherrschen unseren Alltag. Jeder zeigt sich schockiert, doch niemand tut etwas dagegen. Wenn nicht wir und nicht jetzt, wer und wann dann? Das wirft nicht selten die durchaus berechtigte Frage auf: "Was Ist Hier Los"? Das nachfolgende "Besser" wird durch rhythmisches Drumming und ein groovendes Riff eingeleitet, dass sich schon bald darauf zu einer scheppernden Melodie im Up-Tempo wandelt. Die einzelnen Strophen legen den Fokus klar auf die Stimme des Kapitäns und sind mit leichten Synthies unterfüttert, bis der Hauptteil dann wieder alle schweren Geschütze aus dem umfassenden Repertoire auffährt. Der energetische Rocker erinnert in seiner Mischung aus ruhigeren Momenten und powernder Kraft an die Single-Auskopplung "1000 Narben" vom Vorgängeralbum, der Text hingegen an vergangene Meilensteine wie "Miststück" und thematisiert das Ende eines gemeinsamen, bisher bestrittenen Lebensweges, die Trennung von Menschen, die einem schlicht nicht gut tun und zurückerlangte Selbstachtung. Ein durchweg solider Song, der aber im Vergleich zum qualitativ starken Rest des Albums deutlich zurückbleibt und eher auf die bewährte Formel der letzten Releases zurückgreift, bei den kommenden Live-Shows aber dennoch für ordentlich Stimmung im Publikum sorgen dürfte. Leinen los und direkt mit voller Kraft hinein ins bedrohliche Auge des peitschenden Orkans. Ohne Umschweife lassen die Münchner zum packenden Titeltrack die harte Saitenfront von der Kette und entfesseln einen metallischen Stampfer in bester Manier der Neuen Deutschen Härte, der die Schnelligkeit um eine weitere Stufe drastisch anzieht. Düster und beschwörend flüstert Wesselsky die Worte, während unterdessen pulsierende Elektronik die dampfenden Motoren brodelnd heiß laufen lässt. Dann wird es plötzlich noch einmal kurz ganz still. Ganz so, als ließe sich das schwere Steuerrad noch einmal wenden, doch von dieser Reise gibt es ganz sicher kein zurück mehr, wie der hymnische Refrain schnell untermauert. Genauso muss es sein! Wer kann da schon widerstehen, wenn "Eisbrecher" auf große "Sturmfahrt" gehen? Die anschließend als Intro verwendete Melodie dürfte einem Großteil der Hörer durchaus geläufig sein: Mit Einverständnis des deutschen Komponisten Klaus Doldinger, verwendet die eiskalte Crew Elemente des obligatorischen Soundtracks zum legendären Film-Klassiker "Das Boot", der 1981 unter der Regie von Wolfgang Petersen in den Lichtspielhäusern erschien. Hiermit setzt man ein klares und umso wichtigeres Statement zum prekären Thema der akuten Flüchtlingskrise, die sich dieser Tage immer weiter zuzuspitzen scheint. Die Zeilen werden bei aller Deutlichkeit von bildhaften Vergleichen, Treibenden Trommelschlägen und dezent auflodernden Synthies-Sounds bestimmt, wobei der Sänger immer wieder von einer weiblichen Stimme unterstützt wird, die einen weichen Kontrast mit Pop-Appeal gibt. Der epochale Refrain reißt dann alles mit sich und kreiert spätestens mit dem Einsatz der berühmten Erkennungsmelodie eine gefühlvolle Power-Ballade von monumentalem Ausmaß. Ein ganz großer Song, der ein positionsbezogenes Zeichen setzt, welches in diesen Zeiten nicht bedeutender und wichtiger sein könnte. Technoid flirrende Sounds bahnen sich ihren Weg durch die Boxen, gefolgt von einem streng marschierenden Rhythmus. Dominante Elektronik mischt sich schlüssig unter und ersetzt zeitweise die Funktion der sonst regierenden Saiteninstrumente innerhalb der einzelnen Strophen. Alexander Wesselsky speit Gift und Galle und haucht dem besungenen "Automat" aus der Ich-Perspektive bitterböse lockend und süffisant kokettierend athropes Leben ein. Ein fieser Saitenhieb im traditionellen NDH-Gewand, auf die vermehrt um sich greifende Digitalisierung und den multimedialen Online-Zwang einer scheinbar hilflosen Gesellschaft in der unbarmherzigen Knechtschaft von erstrebten Likes, Kommentaren und Followern. Lebst du noch oder surfst du schon? "Eisbär" ist dann keine vollkommen neue Komposition, sondern viel eher eine frische Interpretation des gleichnamigen, beliebten "Grauzone"-Dauerbrenners aus dem Jahr 1981. Das musikalische Aushängeschild der Neuen Deutschen Welle fällt zwar konzeptionell etwas aus dem Rahmen, passt thematisch aber dennoch denkbar gut zur Band. Wie schon im vorangegangenen Lied wendet man sich hier vermehrt deutlich elektronischeren Einflüssen zu. Diese bestimmen großteilig den gesamten Aufbau, zwischen den repetitiven Strophen schreddern dann aber doch wieder rohe Gitarre einem Sägeblatt gleich. Sogleich feuert die Münchner Institution wieder komplett aus allen Rohren: Ein laut aufkreischendes Riff unterstreicht schnell, dass uns hier alles andere als eine ruhige Nummer ins Haus steht. Während der Sänger sich innerhalb der Strophen betont konfus und überzeichnet wirrt gibt, hält man die instrumentale Front gefährlich kesselnd im Hintergrund und erschafft somit eine von Grund auf unbehagliche Atmosphäre voll dunkler Bedrohlichkeit. "Eisbrecher" zeichnen im weiteren ein undurchsichtiges Zerrbild aus herrschenden Ängsten, Furcht und destruktiven Selbstzweifeln. Ein scheinbar auswegloses Labyrinth, gefangen im Verließ der eigenen Gedanken und seelischen Abgründe. Die Welt kreist immer schneller und zahlreiche Erlebnisse brechen täglich über uns herein. Neumodische Krankheitsbilder und psychotische Utopien werden zum neurotischen Volksleiden überstilisiert. Wir erschaffen uns langsam aber sicher unsere eigenen Dämonen und Höllenszenarien. "Der Wahnsinn" könnte hinter jeder noch so kleinen Ecke lauern, kannst du ihm noch rechtzeitig entkommen? Ein düster wabernder Klangteppich legt sich anschließend über das gerade eben vorbeigezogene, brachiale Gewitter und markiert die zweite Ballade "Herz Auf". Schwarze Romantik liefert sich ein Wechselspiel mit raubeiniger Ehrlichkeit und ist dabei trotzdem gewohnt frei von klischeehaftem Kitsch. Der wuchtige Refrain trägt dabei nur noch mehr zur hohen Authentizität bei. Offen, direkt, mit dem wohl dosierten Maß an Gefühl, Härte und der ganz großen Geste. Die aufrüttelnde Sirene des Fliegeralarms leitet sodann das mächtige "Krieger" ein. Derweil bringen temporeiches, metallisches Riffing, pointiert druckvolles Drumming und ein hymnenhafter Refrain die durchdringende Message direkt auf den Punkt. Textlich ist es der erweckende Aufruf zur Revolution des kleinen Mannes und appelliert an den gemeinsamen Zusammenhalt und Aufstand der Masse gegen die derzeitig allerorts vorherrschende Ungerechtigkeit in der Welt. Nur gemeinsam sind wir stark und können etwas bewirken. Wo bleibt der kollektive Aufschrei? Es wird Zeit! "Das Gesetz" kommt nachfolgend ebenso gitarrenlastig daher, mutet gleichzeitig aber deutlich gelöster von den strikten Genre-Grenzen an. Der wechselhaften Text strotzt nur so vor gewitzten Widersprüchen und Gegensätze und sprüht vor Energie. Die trotzigen Zeilen befeuern zu eigenem Denken und Handeln, rufen immer wieder zur Freiheit und Selbstbestimmung auf. Bekräftigt zur Glück- und Sinn-Suche, wandelt man endlich wieder auf ganz eigenen Pfaden. Schau dicht nicht um, blicke nicht zurück. Sei deine eigene Regel, sei dein eigenes System. Gegen den Strom der Gleichförmigkeit! Nun folgt die dritte und damit letzte Ballade des Albums. "Wo Geht Der Teufel Hin" wird von einer extrem eingängigen Synthie-Melodie begleitet und fällt daher ungemein poppig aus, was bei so manchem Hörer klare Assoziationen mit fast schon schlageresken Einflüssen wach werden lassen dürfte. Genau dieser Umstand trägt aber ebenfalls auch zum hier erreichten, enorm hohen Maß an Facettenreichtum bei und wird insbesondere durch den stimmungsvollen Text zu einem gelungenen Bindeglied an der richtigen Stelle. Inhaltlich kreist man um die verzweifelte Suche nach wahrer Liebe und Akzeptanz, innere Leere und resignierende Wut. Einfühlsam aufbereitetes Gefühlskino! "Wir Sind 'Rock 'n Roll'" legt die Ausrichtung dann wieder ganz und gar auf die elektronische Schlagseite und ist ein charmant-rotziges Loblied auf die gesamte Band. Augenzwinkernd und mit der bewährten Prise an typischem "Eisbrecher"-Humor, bezieht man gekonnt Stellung und rechnet mit Vorwürfen ab. Der Song ironisiert dabei bekannte Rockstar-Klischees und holt im toughen Refrain zum gewitzten Rundumschlag aus. Eine äußerst gelungene Fusion diverser Stilistiken und gleichsam ein Schmelztiegel des bisherigen Schaffens. Ein bunter Klang-Cocktail der einfach nur Spaß machen soll und diesem Ziel auch nachkommt. Eine geschäftige Geräuschkulisse, die helle Glocke eines Läutewerks und entferntes Grollen lassen bereits jetzt erahnen, dass zum Abschluss noch einmal richtig etwas auf den Hörer zukommt. Bitte treten Sie nicht zu nah an den Bahnsteig heran, der "D-Zug" fährt in Kürze ein! Den Fahrschein erst einmal am Schalter gelöst, hält dieses schwermetallische Monster so schnell nichts mehr auf. Ein wilder Ritt durch zynisch symbolisierte Gesellschaftsschichten. Der "Exzess Express" 2.0 Bretterzaun ungehalten durch die Landschaft und macht klar: Hier kommt keiner lebend raus! Das melancholische "Das Leben Wartet Nicht" ist dann der Letzte der insgesamt vierzehn Tracks und beschließt das ausnahmslos starke Werk mit dem gewissen Touch an in sich ruhender Nachdenklichkeit und regt als vorerst letzter Weckruf dazu an, seinen Träumen nicht ewig hinterherzuhängen sondern ihnen bis zu ihrer verwirklichenden Erfüllung beständig nachzujagen. Ein durch und durch krönendes Finale, welches den weit gefächerten Reigen gelungen abrundet und das Schiff mit einer hohen sicher im Heimathafen einlaufen lässt. Expedition erfolgreich beendet!
Tracklist:
01. Was Ist Hier Los?
02. Besser
03. Sturmfahrt
04. In Einem Boot
05. Automat
06. Eisbär
07. Der Wahnsinn
08. Herz Auf
09. Krieger
10. Das Gesetz
11. Wo Geht Der Teufel Hin?
12. Wir Sind Rock 'n Roll
13. D-Zug
14. Das Leben Wartet Nicht
Fazit:
Zurück zu alter Härte! Die bayerische Besatzung ist ganze zwei Jahre nach ihrem letzten Album "Schock" endlich wieder auf Kurs und begibt sich im Sommer 2017 unerschrocken wie eh und je direkt ins Auge des tosenden Sturms. Voll und ganz im richtigen Fahrwasser zurück, loten "Eisbrecher" die Grenzen des scheinbar aussterbenden Genres der Neuen Deutschen Härte auch weiterhin auf Ihre ganz eigene Art und Weise aus, ohne die einstigen Wurzeln zu vernachlässigen. Dabei legen die Münchner auf ihrem neuesten Release den Finger wieder unverfroren in die klaffende Wunde der Gesellschaft und sind sich einmal mehr nicht zu schade dafür, klare und selten schöne Worte für die großteilig sozial- und politkritischen Thematiken zu finden. Besonders auffällig ist hier die verstärkte Rückbesinnung auf alte Tugenden und harschere Arrangements, aber auch das erhöhte Augenmerk auf die elektronische Schlagseite, was dem gesamten Sound hörbar zugute kommt. Nahezu alle Kompositionen sind durchgängig brilliant durchdacht und gehen überraschend schnell in Mark und Bein über. Nicht zuletzt und vor allem durch die notwenigen Aufrufe zu mehr Courage, Gemeinschaft und Weitsicht, sondern auch die erbrachten Statements, die in der heutigen Zeit vermutlich dringlicher sind, als jemals zuvor. Ein Album, welches nicht ausschließen nur gefallen will, dafür aber Diskussionen anregen, zurecht polarisieren und das Eis brechen wird. In jedem Fall ist "Sturmfahrt" aber vor allem ein ungemein energetisches Machwerk und zählt mit großer Sicherheit zu den stärksten Veröffentlichungen der bisherigen Bandgeschichte - Auf kalt!
Informationen:
http://www.eis-brecher.com
https://www.facebook.com/eisbrecher/