Lord Of The Lost - „Raining Stars"-Tour - Matrix, Bochum - 07.04.2017
Veranstaltungsort:
Stadt: Bochum, Deutschland
Location: Matrix (The Tube)
Kapazität: ca. 700
Stehplätze: Ja
Sitzplätze: Nein
Homepage: http://matrix-bochum.de/startseite.html
Einleitung:
Es ist Freitag Abend und nicht grundlose durchlebe ich gerade ein kleines Déjà-vu. Wieder bin ich auf dem mittlerweile doch recht verworrenen Weg nach Bochum Langendreer, der sich ob der noch immer nicht vollendeten Straßenbauarbeiten komplizierter gestaltet, als er eigentlich sollte. Als ich das wuchtige Gebäude der alten Brauerei schlussendlich zeitig erreiche, erblicke ich schon aus der Ferne eine erhebliche Ansammlung an Leuten davor. Die Not-Situation einer Verlegung von Oberhausen nach Bochum, deren Hintergründe ihr hier nachlesen könnt, scheint die potentiellen Besucher keineswegs abgeschreckt zu haben. Zur gleichen Zeit findet offenbar wieder ein Band-Contest im "Rockpalast" statt, der über den Katakomben der "Matrix" liegt. Anders als erwartet, geht der Einlass jedoch verhältnismäßig schnell von statten und so gelange ich problemlos ins Innere. Die Jacke beim freundlichen Personal an der Garderobe abgegeben, mache ich auch daran, in den Veranstaltungssaal vorzudringen. Unten angekommen suche ich mir zunächst einen Platz mit guter Sicht und überblicke die Lage. Neben der großen Theke, die schon am Vorabend für den Ausschank der Getränke geöffnet war, wurde der Merchandising-Stand, an welchem zahlreiche Artikel des Headliners und auch der beiden Support-Künstler zu erstehen sind, ebenfalls mitten in der berüchtigten "Tube" errichtet. Ein ungewohntes Bild und ein fraglicher Schachzug, wenn man die ohnehin begrenzten Kapazitäten in dem schlauchartigen Gang bedenkt. Doch davon lasse ich mich zunächst nicht beirren und warte auf den nahenden Beginn.
Scarlet Dorn:
Als um 18.30 Uhr der erste Support-Act des Abends die Bühne betritt, ist die Röhre bereits mehr als zur Hälfte gefüllt. Tatsächlich eine beachtliche Quote, über welche sich die junge Künstlerin freuen kann, deren Debütalbum sich derzeit allerdings noch in Arbeit befindet. Zusammen mit ihrer Live-Band, zu der auch "Lord Of The Lost"-Mitglied Gerrit "Gared Dirge" Heinemann zählt, performt Miss Dorn überzeugende Titel wie den Opener "Heavy Beauty" und "Cinderella", die so einigen Gästen auf Anhieb zu gefallen wissen. Ihre noch leicht zurückhaltende Art ist nur allzu verständlich und macht sofort sympathisch, der Gesang hingegen ist zu jeder Zeit stark und geht nach vorne. So manchem Zuschauer dürfte die Dame überdies hinaus außerdem schon ein fester Begriff sein, war ihre Stimme doch bereits beim düster-romantischen "Black Oxide" zu hören, einem der insgesamt dreizehn Songs auf "Empyrean". Und auch jetzt lässt es sich Chris Harms nicht nehmen, seine Entdeckung auf der Bühne charmant mit dem Duett "I Love The Way You Say My Name" zu unterstützen. Keine Frage, dass hier alle Anwesenden besonders aufmerksam lauschen und der überraschenden Einlage warmen Applaus folgen lassen. Nicht weniger beachtet sind dann im Folgenden "Armageddon" und "Rain", die das sieben Songs starke Set zu seinem Ende bringen. Für alle, die spätestens nach diesem Auftritt Blut geleckt haben und den Release des folgenden Erstlings nicht mehr abwarten können, gibt es darüber hinaus noch sehr gute Neuigkeiten: Über die offizielle Homepage der talentierten Sängerin, lassen sich derzeit ganze drei Lieder kostenlos herunterladen. Unbedingt reinhören und verzaubern lassen!
Aeverium:
Um Punkt 19.30 Uhr zieht die Alternative-Metal-Combo "Aeverium" in die abendliche Schlacht. Im Jahr 2013 gegründet, veröffentlichte die Band aus Viersen bereits zwei Jahre später ihr erstes Album "Break Out" unter Label-Gigant "Out Of Line" und ließ Hörer diverser Genres szeneübergreifend erfolgreich aufhorchen. Mit ihrer musikalischen Kreuzung aus harten Riffs und melodiösen Symphonic-Anleihen, begeistern sie seitdem Fans von namhaften Aushängeschildern wie "Nightwish", "Evanescence", "Lacuna Coil" oder "Epica" und erschließen sich auf diesem Wege immer mehr Fans, der Gothic- und Metal-Bewegung. Mit dem powernden "What About Me" und "Distrust" hat das Sextett von Anfang an leichtes Spiel und fesselt schon mit dem ersten Ton. Dabei splitten sich die zugrundeliegenden Vocals in zwei verschiedene Parts auf. Die kraftvolle, dunkle Komponente wird von Sänger Marcel "Chubby" Römer übernommen, während die zerbrechliche und sanfte Seite der Songs von Aeva Maurelle ausdrucksstark zum Vorschein gebracht wird, welche heute allerdings von "End Of The Dreams"-Frontfrau Micky Huijsmans als Gastsängerin vertreten wird. Natürlich sind die engagierten Musiker mehr als hungrig danach, den Bochumern allen voran ihr kürzlich erschienenes Werk "Time" zu präsentieren und eröffnen mit "Hunted" sogleich die wilde Treibjagd. Unbarmherzige Saiten-Attacken, krachendes Drumming und scharfe Industrial-Schübe bilden das unerschütterliche Fundament, doch mit der selbst titulierten Quotenballade "Home", hat man auch deutlich ruhigere Töne im Gepäck. In seinen Ansagen lobt Römer vor allem immer wieder das Catering der Lokalität und bittet auch für die großartige Arbeit der gesamten Crew um einen lauten Applaus. Erst als ein Besucher einen Becher auf die Bühne wirft, wird der Ton des Hünen etwas ruppiger, wenngleich man mit einem gemeinsamen Bier nach der Show am Merchandise, schnell eine versöhnliche Einigung findet. Gelungene Stücke wie das dystopische "Brave New World", "Veil Of Shadows" und "Break Out" lassen das interessierte Publikum gemeinsam mit den Akteuren tanzen, klatschen und sogar springen, bevor "Heaven's Burning" das Set vollendet. Eine sehens- und vor allem hörenswerte Newcomer-Band, die heute, vor allem aufgrund ihrer stilistischen Nähe zum Headliner, mit Sicherheit verdient neue Fans dazugewonnen hat.
Lord Of The Lost:
Es sind tatsächlich schon einige Minuten vergangen, seitdem ich an der frischen Luft neue Energie aufgetankt habe und nun zum zweiten Mal an diesem Abend die vielen Treppenstufen in die Gewölbe des kultigen Ruhrpott-Clubs hinabsteige. Als ich durch die engen, mit zahlreichen Besuchern gefüllten Gänge manövriere und den länglichen Saal schließlich erneut betrete, fällt mir direkt die musikalische Beschallung auf. Anstelle der sonst üblichen Mischung aus diversen Genre-Verwandten, dröhnt, passend zur futuristischen Thematik des aktuellen Albums, stattdessen der Soundtrack des Blockbusters "Star Wars" aus den zahlreich verteilten Boxen. Auch wenn sich ein Anteil der Gäste derzeit noch bei den verschiedensten Aktivitäten und somit auf den jeweiligen Etagen verteilt befindet, ist es nicht gerade unbedingt leerer geworden. Die meisten Fans verteidigen eisern ihre hart erkämpften Plätze, ein nennenswertes Vorankommen ist mehr als schwierig. Selbst wenngleich die Turbinenhalle für das vorherrschende Personenaufkommen sicherlich eine Nummer zu groß gewesen und aufgrund der finanziellen Lage des Veranstalters keine andere Option offen geblieben wäre, ist der schmale Tunnel der "Matrix" für diese Anzahl schlicht die falsche Lokalität. Immer mehr Menschen drängen sich auf, um dennoch einen möglichst guten Einblick in das Geschehen haben zu können. Ich finde eine freie Lücke auf der linken Seite und verharre mit dem Merchandising-Stand im Rücken. Immerhin. Als die letzten Töne der imperialen Marschmusik langsam im Nichts verklingen, verlassen auch die übrigen Techniker ihren Arbeitsplatz, an welchem bis exakt zu diesem Zeitpunkt noch eifrig an den einzelnen Instrumenten nachjustiert und umgebaut wurde. Um 20.45 Uhr und somit um einige Minuten eher als von den meisten Fans vermutet, gehen die Lichter mit einem Mal aus und es wird schlagartig dunkel. Noch bevor euphorischer Jubel aufbranden kann, durchbricht ein bedrohlich gellendes Dröhnen die kurz anhaltende Stille. Die tiefroten Lichtkegel der obersten Scheinwerfer zucken durch die Finsternis, umkreisen die Szenerie und zeichnen zusammen mit den dicht wabernden Nebelschwaden ein apokalyptisches Bild. Unzählige Arme strecken sich von der ersten bis zur letzten Reihe in die Luft. Es herrscht irdische Endzeitstimmung, das Bochumer Publikum wartet sehnsüchtig auf die lange Reise nach "Empyrean". Jeder neue Donnerschlag kommt einem bebenden Countdown gleich. Allerhöchste Zeit also, um die Triebwerke zu starten und die Zündung freizugeben. Unter begeisterten Zurufen betreten zuerst Schlagzeuger Tobias Mertens und Keyboarder Gerrit "Gared Dirge" Heinemann die Bretter und positionieren sich auf den für sie vorgesehenen Podesten. Es soll nicht mehr lange dauern, bis nur wenig auch die fehlenden drei Musiker das energetische Quartett komplettieren. In gewohnter Manier und traditionell ausgefallener Bekleidung, stürmen Bassist Klaas "Class Grenayde" Helmecke, Gitarrist und Neuzugang "Pi", wie auch Sänger Chris "The Lord" Harms an die ausgelassen tobende Front und eröffnen das Set mit dem rauen "Drag Me To Hell". Nahtlos und ohne dabei auch nur annähernd zu viel Zeit verstreichen zu lassen, entfesselt man im direkten Anschluss die androide Traumfrau "Miss Machine" und gibt sich sodann mit "Interstellar Wars" hitzigen Gefechten weit über den Wolken hin. "Hallo Bochum und natürlich auch Oberhausen! Auf einen schönen Abend Saunaabend hier in der Röhre und vielen Dank dafür, dass ihr alle da seid. Lasst uns feiern!", heißt der Bandkopf alle Anwesenden herzlich Willkommen und wendet sich, nachdem er die Lage kurz überblickt hat, an die Medienvertreter im Graben vor ihm. "Einmal an alle Fotografen, ihr könnt ruhig hier stehen bleiben. Da hinten ist es ja schon voll genug!". Eine gute Entscheidung. Natürlich lässt sich niemand von ihnen diese einmalige Gelegenheit entgehen und so verharren alle geduldig an ihrer errungenen Stelle. Mit dem brachialen "No Gods, No War" bleiben die Hamburger noch eine kleine Weile im klanglichen Kosmos ihres neuen Langspielers, bevor Harms die Gelegenheit einer kurzen Pause dazu nutzt, um den Fans erste Instruktionen zu erteilen. "Wir waren schon so oft hier und trotzdem vergesse ich immer wieder, wie scheiße heiß es eigentlich ist. Kommen wir nun einmal zur weiteren Abendplanung... Ich hoffe, dass ihr viel Spaß mit "Scarlet Dorn" und "Aeverium" hattet? Über das Catering müssen wir ja wohl nichts mehr sagen. Nach der Show wird es oben im "Rockpalast" noch eine Aftershowparty geben, die heißt "Volle Kraft Voraus" und da gibt es dann viel Neue Deutsche Härte. Wobei mir gerade etwas einfällt... Wisst ihr eigentlich, ob "Die Toten Hosen" eine Rock-Band sind?". Nach einigen Sekunden des Schweigens verstehen die Ersten, worauf der Lord hinaus will und müssen lachen. "Kommt schon, das Niveau ist jetzt sowieso unten. Wir haben übrigens auch noch "Twister" mit dabei!", lacht er selbst leicht beschämt. Für den nächsten Song, der zur Freude einiger Alt-Fans "Last Words" ist, legt der Mastermind seine Gitarre vorerst ab. Nicht aber die dunkle und unübersehbare Pilotenbrille, welche ob einer hartnäckigen Bindehautentzündung allerdings viel weniger einen kosmetischen, denn wirklich praktischen Hintergrund hat.
Vom 2012er Debütalbum "Fears", geht es dann wieder mit frischerem Material neueren Datums voran. In diesem Falle ist es der schwermetallische Brecher "Kingdom Come", dem Opener des vorherigen Werks "From The Flame Into The Fire". Wirklich lange müssen die sympathischen Hanseaten ihre treue Anhängerschaft nicht animieren, wenn es bei diesem Titel oder auch "Epiphany" darum geht, leidenschaftlich und herausfordernd hart im temporeichen Takt zu klatschen. "Was sagt ihr in Bochum eigentlich eher? "Alter" oder auch "Digger"? Wir haben heute ein paar Songs dabei, die die Temperatur weiter ansteigen lassen.", lächelt Harms verschwörerisch und deutet mit einem Fingerzeig auf Tastenmann Dirge, der anstelle des eigentlich folgenden Titels die Melodie eines Stadion-Klassikers anstimmt. Wenig verwunderlich, dass es sich hier keiner der Besucher nehmen lässt, ordentlich mitzusingen. "Ohne Scheiß, wir hatten für heute sogar H.P. Baxxter auf der Gästeliste und Alexander Wesselsky wegen der Party auch!", witzelt der Frontmann erheitert und blickt erneut zum Keyboarder hinüber, der zur Freude des gesamten Publikums erst noch ein amüsantes Medley aus den Spiele-Klassikern "Tetris" und "Super Mario Bros." zum Besten gibt, bevor die anfängliche Melodie des frivolen "Blood For Blood" ertönt. Dieses wird von der Menge ebenso gefeiert, wie der übergroße Hit "Die Tomorrow". Der Schweiß rinnt mittlerweile deutlich spürbar von der Decke und jeder Stirn hinunter, die Luft wird zunehmend knapper und stickiger. Zwar ein untrüglicher Indikator für viel Stimmung, aber mindestens ein genauso altbekanntes und unschönes Problem der "Matrix" selbst. "Kennt ihr diesen Moment, wenn man gerade wieder nüchtern ist? Der ist jetzt eben eingetroffen. Wir sind ja auch bei den anonymen Alkoholikern. Diagnose: Nicht therapierbar. Ich war erst traurig, als es hieß, dass das Konzert von der Turbinenhalle verlegt wird. Da hätten wir dann zum ersten Mal ganz alleine gespielt. Und ich dachte mir nur so, "Wenn es schon verlegt werden muss, dann doch bitte in die "Matrix"." Das ist hier wirklich der heißeste Tunnel der Welt, einfach geil! Und jetzt möchten wir euch gerne etwas singen hören.", bittet der Sänger die aufmerksamen Fans, die spätestens beim nun einsetzenden Piano-Intro genauestens wissen, was zu tun ist. Das ergreifende "Prison" hat auch nach all den langen Jahren nichts von seiner intensiven Melancholie eingebüßt, was zu weiten Teilen mit Sicherheit der immerzu glaubhaften Interpretation seiner kompositorischen Schöpfer zu verdanken ist. Egal, ob man die Musik der Hamburger Formation mag oder nicht, ist es damals wie heute nicht zu bestreiten, dass "Lord Of The Lost" einfach wissen, wie sie ihr Publikum in ihren Bann ziehen und mitreißen können. So auch mit der erfolgreichen Single-Auskopplung "Six Feet Underground", welche die markante Essenz aus druckvoller Härte und melodischer Eingängigkeit so gut demonstriert, wie kaum ein anderes Stück der neuen Ära. Mit einer eindrucksvollen LED-Gitarre hat man zudem noch einen optisch reizvollen Showeffekt in der Hinterhand, der fürwahr alle Blicke auf sich zu ziehen weiß und während des epochalen Outros ein beliebtes Motiv bei allen Smartphone-Fotografen ist. Mit "The Interplay Of Life And Death" wenden sich der Lord und seine Mitstreiter dann den ruhigeren Klängen von "Empyrean" zu. Im mittleren Instrumental-Part der ergreifenden Ballade, kündigt Harms das mutige Vorhaben an, Klaas stagediven zu lassen und bittet die Gäste daher eindringlich darum, den Bassisten bis ganz nach hinten zur Bar zu tragen, damit er im nahtlosen Anschluss durch den Backstage auf die Bretter zurückkehren kann. Leider gelingt das waghalsige Unterfangen nicht vollends, da die Lücken im Publikum ab dem letzten Drittel der Halle scheinbar zu groß sind. Einige hilfsbereite Fans greifen rechtzeitig ein und verhindern, dass Grenayde sich bei einem möglichen Sturz nicht verletzt. Mit einem Lächeln bedankt er sich aufrichtig bei seinen spontanen Helfern und entscheidet sich anstelle eines notwendigen Rundlaufs durch die Halle, für die Tür auf der linken Seite. Keine Minute später kehrt er zur Band zurück und erntet anerkennenden Applaus.
"Der eine oder andere von euch, kennt Sebastian vielleicht von seinem "Instagram"-Account. Er steht heute Abend da vorne und kann wahrscheinlich so ziemlich jeden Song von uns auf Gitarre spielen. Kannst du doch, oder? Dann komm mal hoch!", ermuntert der Fronter einen jungen Mann aus dem Publikum, der sich zunächst noch etwas zögerlich aus der Menge löst, dann aber behände in den Graben und von dort aus auf die Bühne klettert. Nach einer schnellen Begrüßung der Musiker, bringt einer der Roadies ihm eine Gitarre und schon kann es mit "The Love Of God" losgehen. Trotz des ungewohnten Umfelds und einem fast ausverkauften Haus, zeigt der Nachwuchs keinerlei Spuren von Nervosität oder gar unsicherer Zurückhaltung. Seiner Fertigkeiten an den Saiten ganz bewusst, rockt er gemeinsam mit "Pi" und Grenayde den harschen Kracher mit Industrial-Einschlag und leistet sich dabei nicht einen einzigen hör- und sichtbaren Anflug von Überheblichkeit oder handwerklichen Fehlern. Ein durchweg sympathischer Auftritt eines heranwachsenden Talents und eine löbliche Geste der Anerkennung des motivierten Quintetts. "Könnt ihr noch?". Auch wenn die Hitze beträchtlich angestiegen und kein Ende in Sicht ist: Bochum kann noch und will mehr. Mit dem anarchistischen "We Are All Created Evil" von der EP "Full Metal Whore", soll die bekannteste Stadt des Westens seinen wohlverdienten Zuschlag erhalten. In dem bisherigen Inferno aus schreienden Gitarrenwänden und der schieren Überpräsenz von Shootingstar Chris Harms, ging das Rhythmus-Duo Mertens und Dirge auch aufgrund ihrer zugewiesenen Positionen bisher leider etwas unter. Doch hat das energiegeladene Zweigespann jetzt endlich Gelegenheit, sein facettenreiches Können unter Beweis zu stellen. Mit einer fließenden Melange aus brutalem Drum-Gewitter und treibenden Synthesizer-Spuren, präsentiert man ein wechselhaftes Crossover mit bekannten Melodien aus Charts, Score und retrolastigem Techno. Eine unterhaltsame Abwechslung, die genau zur richtigen Zeit die Atmosphäre wieder auflockert, denn bereits wenig später gilt es, die Fäuste zu "Fists Up In The Air" in die Luft zu strecken. Das experimentelle "La Bomba" entfacht einen feurigen Tango der Anzüglichkeiten und sorgt für exotische Partystimmung, bis das elegische "Dry The Rain" eine reine Dark-Rock-Note an den nahenden Abschluss der regulären Setlist setzt. "Denkt daran, der Abend ist noch nicht vorbei! Ich weiß zwar noch nicht genau, was ich überhaupt alles an Neuer Deutscher Härte dabei habe, aber mal schauen. Vielleicht gibt's dann auch einfach Alte Deutsche Härte. Wir würden zum Schluss noch gerne ein Foto mit euch machen, ja? Hebt mal alle die Hände hoch!", richtet Harms letzte Worte an die Bochumer. Natürlich schlägt ihm diese Bitte niemand aus und als der Moment erst einmal für die Ewigkeit festgehalten worden ist, verbeugen sich "Lord Of The Lost" und verlassen nach Vollendung der sphärischen, balladesken Hymne "In Silence", unter Jubelstürmen gemeinsam die Bühne. Selbstverständlich hat der Ruhrpott noch lange genug von seinen Helden und fordert mit lauten Rufen die Rückkehr des Lords. Niemand scheint zu wollen, dass diese Reise bereits jetzt schon zu Ende geht. Genau in dem Moment, als die ersten Gäste ihre Hoffnung auf eine mögliche Zugabe aufgegeben haben und sich abwenden wollen, wird es ein letztes Mal finster. Elektronische Spuren tröpfeln aus den Boxen, rinnen zunächst wie kaum wahrnehmbare Akzent-Tupfer von den Wänden hinunter und werden beständig immer mehr. Der gesamte Club befindet sich jetzt in einem synthetischen Meer der Sounds, ein tiefes Grollen macht sich breit und steigt vibrierend weiter an. Für den Cyberpunk-Berserker "Raining Stars" stürmt das Geschwader um Chris Harms augenblicklich zurück ins Rampenlicht und untermauert das Motto der laufenden Tournee gebührend. Zum technoiden Dancefloor-Stampfer "Doomsday Disco" rocken die Mannen in passenden Maskierungen und verwandeln die "Matrix" abschließend in ihren ursprüngliche Bestimmungsort zurück. In Momenten wie diesen bilden die Fünf, wie auch in den vergangenen zwei Stunden, eine unerschütterliche Einheit und lassen keinen Zweifel daran, dass sie sich nicht im geringsten vor der letzten Show auf Erden fürchten. "Wir bedanken uns ganz herzlich Bochum. Danke dafür, dass es euch gibt!", verabschiedet sich der Frontmann erfreut im Namen der gesamten Band, welche nun nach und nach unter Jubelstürmen ihre Posten verlässt. Die Übersiedlung nach "Empyrean" ist geglückt - Over and out!
Setlist:
01. Intro 02. Drag Me To Hell 03. Miss Machine 04. Interstellar Wars 05. No Gods, No War 06. Last Words 07. Kingdom Come 08. Epiphany 09. Blood For Blood 10. Black Lolita 11. Die Tomorrow 12. Prison 13. Six Feet Underground 14. The Interplay Of Life And Death 15. The Love Of God 16. We Are All Created Evil 17. Fists Up In The Air 18. La Bomba 19. Dry The Rain 20. In Silence 21. Raining Stars 22. Doomsday Disco