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BEITRÄGE:

AutorenbildChristoph Lorenz

Unzucht - Neuntöter (2016)


Genre: Rock / Metal / Alternative

Release: 02.09.2016

Label: Out Of Line

Spielzeit: 73 Minuten

Pressetext:

Unzucht garnieren auf ihrem bis dato vielseitigsten Album ihren hymnischen Dark Rock mit Attacken von überraschender Härte. „Neuntöter“ entfesselt einen Strudel aus ungezügelten Emotionen, dunkler Melodik und urplötzlicher Aggression.

Der Neuntöter ist ein Täuscher. Rein äußerlich ein harmlos aussehender Vogel von außerordentlicher Schönheit, entpuppt er sich als gnadenloser Killer, der seine Opfer vor dem Verzehr auf Dornen pfählt. Unzucht und ihr charismatischer Frontmann Daniel Schulz haben dieses faszinierende Tier nicht umsonst auf den Titel ihres gleichnamigen, neuen Albums gehievt, denn auch in ihren Songs zeigen sich zwei Gesichter. Zunächst setzen sich ihre Dark-Rock-Hymnen unweigerlich im Ohr fest, nur um dann ganz unverhofft und klammheimlich den Stachel auszupacken und mitten ins Herz des Hörers zu rammen. Dies kann in Form von plötzlichen, unverblümten Metal-Attacken passieren, die mit knüppelnden Drums und harten Shouts gezielt und ohne Gnade die dunkle Harmonie zerschmettern. Oder in Form der ehrlichen, deutschsprachigen Texte, die sich auch nicht davor scheuen, dorthin zu gehen, wo es weh tut, um dann noch etwas tiefer zu graben und gezielt zum schmerzhaften Stich anzusetzen. Und dennoch holen Unzucht den Hörer nach jedem Abstieg ins Inferno mit einer packenden Melodie wieder ab, nur, um das Spiel des Neuntöters erneut von vorne beginnen zu lassen. „Neuntöter“ erscheint als reguläre Album-CD, Deluxe-Doppel-Disc (mit Bonus Album mit weiteren, unveröffentlichten Hits und Remixen) und als streng auf 999 Stück limitierte Fan-Box, welche, neben der Doppel-CD, als exklusive Inhalte das erste offizielle live-Album von Unzucht, “Live From The Street”, ein edles Hardcover-Fotobuch, einen „Neuntöter“-Aufnäher, sowie ein handnummeriertes Echtheitszertifikat enthält.

Kritik:

„Mein ganzer Stolz, mein ganzer Mut wird hier zu Ende sein

Die Liebe und mein Gott zerbricht, mein Herz erwächst aus Stein

Woran soll ich mich denn nur wärmen, denn alle müssen sterben“

„Der Preis des Erfolges ist Hingabe, harte Arbeit und unablässiger Einsatz für das, was man erreichen will.“, so lautet ein Zitat des US-amerikanischen Innenarchitekten und Schriftstellers Frank Lloyd Wright. Betrachtet man die Vita des 2009 in Hannover gegründeten Quartetts einmal genauer, so kann sich die folgerichtige Reaktion eigentlich nur als eine Mischung aus Respekt und Staunen erweisen. Und es ist in der Tat mehr als nur beeindruckend, was die vier Musiker in diesem verhältnismäßig kurzen Zeitraum auf die Beine gestellt haben: Im Jahr 2012 tauchten Frontmann Daniel Schulz und Co. mit ihrem Erstling „Todsünde 8“ wie aus dem Nichts auf und eroberten die nationalen Tanzflächen mit markigen Hits wie „Engel Der Vernichtung“, „Deine Zeit Läuft Ab“ oder „Kleine Geile Nonne“ direkt im Sturm und auch die eigene Fan-Base sollte schnell und stetig anwachsen. Kein Wunder, sticht die Formation mit ihrer ganz eigenen Mischung aus tanzbarer Elektronik, hartem Metal-Einschlag, sowie melancholischen Gothic- und Dark-Rock-Elementen klar aus dem immer gleichen Einheitsbrei der Szene heraus. Das mit den sympathischen Hannoveranern in jedem Fall zu rechnen ist und hier keine Eintagsfliege vergeblich ihren letzten Flügelschlag tut, sollte sich kurz danach zeigen. Erfolgreiche Live-Auftritte als Support für namhafte Acts wie „Mono Inc.“, „Megaherz“, „Lacrimas Profundere“, „Stahlmann“ und „Coppelius“, sowie eine gemeinsame Doppel-Headliner-Tour mit den dieser Zeit ebenfalls aufstrebenden Kollegen von „Lord Of The Lost“, sicherten den Status. Auch die beiden nachfolgenden Veröffentlichungen „Rosenkreuzer“ und „Venus Luzifer“ konnten an die bisher erreichten Erfolge anknüpfen und diese sogar ausweiten. Ausverkaufte Club-Shows, Slots auf den größten Festivals wie dem „Blackfield“, „Amphi“ oder „Mera Luna“ und der Wechsel zu „Out Of Line“, zeugten schon früh vom Phänomen „Unzucht“. Nur zwei Jahre nach dem letzten Release, steht mit „Neuntöter“ dieser Tage ein neuer Silberling in den Regalen. Ob die Band ihren hochen Standard ein weiteres Mal halten oder sogar steigern kann, steht in den nächsten Zeilen.

Ein kratzendes, gezügeltes Riff brodelt unter temporär vorherrschender Stille. Lediglich durchsetzt von einigen gelegentlich eingestreuten, unterkühlten Synthie-Tupfern. Es ist die bedrohliche Ruhe vor einem verheerenden Sturm, das implizieren Verstand und ureigene Sinne. Nur einige Sekunden später brechen alle Dämme und ein rauer, schleppender Rhythmus zieht auf, peitscht immer weiter voran und öffnet die dunkel-mystischen Pforten in die unzüchtige Anderswelt. Kurz darauf wird wie aus dem Nichts mit dem Konzept gebrochen, die metallischen Saiten verklingen langsam, hallen in der weiten Leere noch nach. Zögerliche Piano-Spuren lassen den Nebel vorbeiziehen und zeichnen geradezu kontemplative Bilder. Der Blick ist frei, die Gedanken klar. Still liegt er da… „Der Dunkle See“. Wie ein leitender Wegweiser erklingt die charismatisch-melodiöse Stimme von Frontmann Daniel Schulz, der vertraute Gesang scheint den Hörer an die Hand zu nehmen. Nur vereinzelt bricht kurzzeitig immer wieder das Schlagzeug durch, dann zerrt die Gitarre hinfort, bis dieser atmosphärische Dark-Rocker schließlich in einem spektakulären Finale gipfelt. Ein auf einen ganzen Song ausgeweitetes Intro und virtuoser Stimmungsträger zugleich, ein fantastischer Einstieg. Doch wer nun denkt, die lauteren Töne seien zwischenzeitlich gezähmt und auf ein Mindestmaß reduziert worden, erfährt im Folgenden protestierenden „Widerstand“. Ohne Rücksicht lässt man harte Metal-Riffs und treibendes Drumming auf den Empfänger am Endgerät los, passend dazu gestaltet Daniel De Clercq die einzelnen Strophen mit aggressiv-verzerrtem Sprechgesang aus, welche erst im Refrain von Schulz abgefangen werden, den innerlichen Zwist zwischen Wut und Verzweiflung auszufechten. Pulsierende Elektronik leitet den nächsten Song ein und bietet mit der anschließenden Sound-Wand das Fundament für „Lava“, eine emotionale Power-Ballade. Inhaltlich setzt man sich hier mit einem sensiblen Thema auseinander und regt zum nachdenken und mitfühlen an, wenn die Hauptprotagonistin ob fehlender Wertschätzung und Zuneigung letztlich nur noch einen Ausweg für sich sieht. Berührend, dramatisch, eingängig und ganz groß instrumentiert. Eine der wohl besten Nummern auf dem neuen Album!

Den nächsten Schritt macht sodann die aktuelle Single-Aaskopplung, welche unter anderem auf der gemeinsamen Tour mit NDH-Schwergewicht „Eisbrecher“ und diversen Festivals zu hören war. Mit dem rasenden „Kettenhund“ lotet man die Grenzen der bedingungslosen Härte weiter aus und schlägt damit in die stilistische Kerbe von „Unendlich“. Mit erheblich angezogenem Tempo brettert diese Nummer voran, die Lyrics zu schweren Rhythmen dargeboten. Diese teilen sich „Der Schulz“ und De Clercq in ihrer gewohnten Manier auf. Nach einem melodiös intonierten Chorus reißt jedoch das nächste krachende Saiten-Gewitter weiter, bevor es mit dem zerbrechlichen „Hinter Glas“ eine verdiente Pause von der vorherigen Hetzjagd gibt. Doch schon „Ein Wort Fliegt Wie Ein Stein“ und „Judas“ fahren im Anschluss härtere Geschütze auf. Die Gitarre dominiert klar und gibt die Vorlage für zwei ausgezeichnete Up-Tempo-Songs, mit typischer „Unzucht“-Schlagseite. Hier paart sich harsche Sozialkritik mit donnernden Drums und pointiert eingesetzten Synths. Die schwierige Balance zwischen schroffer Erbarmungslosigkeit, wichtigen Inhalten und hohem Mitsingfaktor stets im Blick. „Der Neuntöter oder auch Rotrückenwürger, ist eine Vogelart aus der Familie der Würger und in Mitteleuropa die häufigste Würgerart. Er ist vor allem durch sein Verhalten bekannt, Beutetiere auf Dornen aufzuspießen…“, so heißt es, recherchiert man den kunstvollen Albumtitel einmal kurz im Netz. Und tatsächlich: Eine treffendere Art den eigenwilligen Stil der unzüchtigen Mannen zu beschreiben, findet sich wohl kaum. Anmutig und liebreizend die trügerische Fassade, den Hörer stets in Sicherheit wiegend, nur um dann unerwartet brutal zuschlagen zu können. Wie auch schon beim ähnlich gelagerten „Kettenhund“, weiß der Hörer hier schon ab den ersten Takten, was ihn erwarten wird. Nach diesem vernichtenden Inferno aus Clean-Gesang, Screams, prägnantem Schlagzeug und vernichtender Gitarrenarbeit, folgen mit „Schlaf“ dem Titel entsprechend abermals ruhigere Klänge. Zurückhaltend schlägt man die Saiten an, während dezente Elektronik und später symphonische Elemente großteilig den Hintergrund für diese Ballade bilden. Das Hauptaugenmerk liegt ein weiteres Mal mehr auf ehrlicher Lyrik voll herzergreifender Bedeutungsschwere, wie gewohnt frei von überzogenem Pathos jeglicher Art. "Piotrek" zieht das Tempo dann wieder ein ganzes Stück weit an und bietet einen groovenden Dark-Rocker par excellence. Ruhige Klavier-Passagen unterfüttern hier die einzelnen Strophen, um dann in einem hymnenhaft-dramaturgischen Refrain aufzugehen. Das epische "Splitter" dient dann im Anschluss als eine Art Bindeglied zwischen vergangenem und folgendem Song und kommt somit ohne viel Gesang, sondern viel eher als instrumentale Brücke daher. Die so erzeugte Grundstimmung fasst man mit "Parasomnia" weiter auf und schafft so einen mittelschweren Up-Tempo-Rocker, irgendwo zwischen verzweifelten Träumen und aussichtsloser, resignierender Weltenflucht, bevor mit dem finalen "Tränenmeer" letztmalig beschwichtigendere Töne Aufschwung erhalten. Die limitierte „Deluxe Edition“ des Albums enthält vier Bonus-Tracks, wobei „Das Lächeln Der Gewinner“ hierbei den einzigen Exklusiv-Song darstellt und grundsolide daherkommt. Bei dem bereits bekannten „Widerstand“, holt man sich dann mit Dave Grunewald tatkräftige Unterstützung ins Boot. Der Leadsänger von „Annisokay“ ersetzt hier temporär den Part von De Clercq, während Schulz weiterhin melodisch bleibt. Dennoch hörbar anders als das Original und somit ein echter Mehrwert. Ganz im Gegensatz zu „Ein Wort Fliegt Wie Ein Stein“, in der Duett-Version mit „Lord Of The Lost“-Frontmann Chris Harms. Zu sehr beißt sich hier das tiefe Organ des sympathischen Hanseaten mit der bedeutend helleren Stimmfarbe der „Unzucht“. Zu guter Letzt erwartet den Hörer dann noch der tanzbare „Robert Andrew Bowman“-Remix von „Ein Tag Wie Jeder Andere“, einer B-Seite der „Kettenhund“-EP. Gelungen!

Tracklist:

CD 1

01. Der Dunkle See

02. Widerstand

03. Lava

04. Kettenhund

05. Hinter Glas

06. Ein Wort Fliegt Wie Ein Stein

07. Judas

08. Neuntöter

09. Schlaf

10. Piotrek

11. Splitter

12. Parasomnia

13. Tränenmeer

CD2

01. Das Lächeln Der Gewinner

02. Widerstand (feat. Dave Grunewald)

03. Ein Wort Fliegt Wie Ein Stein (feat. Chris Harms)

04. Ein Tag Wie Jeder Andere (Robert Andrew Bowman Remix)

Fazit:

Die "Unzucht" geht ihren Weg und das heute nicht minder beständig als damals. Es ist beeindruckend, mit was für einem starken Gespür die vier Hannoveraner hier ihr Handwerk verrichten und sich somit von Album zu Album kontinuierlich zu steigern wissen. Ohne die ureigenen Wurzeln dabei aus den Augen zu verlieren, vereinen die Mannen auch 2016 große Melodien, durchdachte Texte, interessante Themen und brachiale Härte, ohne dabei auch nur ansatzweise bekannte Szene-Klischees zu streifen oder sich in Nichtigkeiten zu verlieren. Die dargebotenen Songs sind durch die Bank weg qualitativ hochwertig, angefangen beim unverbrauchten Charme in instrumentaler und inhaltlicher Sicht, als auch seitens der Produktion. So klingen nahezu alle Titel der sympathischen Dark-Rocker auch weiterhin spezifisch nach „Unzucht“ pur, jedoch ohne dabei an Frische einbüßen zu müssen oder gar repetitiv bis langweilig zu wirken. Weiterentwicklung ist der richtige Schritt gegen den Stillstand, vollzieht man diese dann noch so galant und perfektionistisch wie auf „Neuntöter“, ist sie jederzeit nur allzu herzlich Willkommen. Ein Album für Fans und solche die es werden wollen. Reinhören und überzeugen lassen!

Informationen:

https://www.facebook.com/Unzucht/

http://www.unzucht-music.com

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