The Firm Inc. - Veritas (2016)
Genre: EBM / Electro / Alternative
Release: 29.04.2016
Label: Infacted (Soulfood)
Spielzeit: 50 Minuten
Pressetext:
"Auferstanden aus Ruinen" oder "Was lange währt, wird endlich gut“, so, oder so ähnlich könnte man den Zusammenschluss von Funker Vogt-Gründungsmitglied und Ex-Frontmann Jens Kästel mit den Electro Haudegen Guido Henning & Jan Abraham aka E-Craft umschreiben. Formiert im Winter 2014, zeigte die erste, limitierte, MCD "Abgebrannt" im Jahre 2015, gleich wo der Frosch die Locken hat. Neben dem Titelsong, brannte sich auch "Feuer" sofort seinen Weg frei. Im April 2016 stehen nun die ersten Shows & das Debütalbum "Veritas“ für die neu formierte Band auf dem Programm. Man darf gespannt sein wohin die Reise führt. Eines ist aber jetzt schon klar: "Es werden keine Gefangenen gemacht“. "The Firm Inc." rollen mit knackigen Beats an, die automatisch die Beine zappeln lassen. Dazu Jens' markante Shouts, welche dem Hörer die Lyrics über Freundschaft, Enttäuschung & Mut ins Gehirn prügeln. Hier wird nicht gespielt, nichts beschönigt und schon gar keine Rücksicht genommen. Gerade aus, ohne Kompromisse, das ist die Devise von "The Firm Inc.“. Eines der absoluten Highlights im Electro / EBM Bereich, schon jetzt!
Kritik:
„Wo Recht versagt, wo keiner klagt
Wird Widerstand zur Pflicht
Die letzte Kugel bleibt im Lauf,
Vielleicht ist sie für dich“
„In vino veritas“ - „Im Wein liegt die Wahrheit“… Genau das waren die ersten Gedanken, die mir bei der Enthüllung des Albumtitels durch den Kopf schossen. Und doch: „Veritas“, welches frei aus dem Lateinischen übersetzt, so viel wie „Wahrheit“ oder „Wirklichkeit“ bedeutet, ist mit ziemlicher Sicherheit ein ebenso einprägsames, wie starkes Wort und nicht zuletzt die wohl treffendste und perfekte Bezeichnung, für den neuen und ersten Longplayer des Trios „The Firm Incorporated“. Wie? Noch nichts von gehört? Dabei ist das starke Dreigespann alles andere als ein unbeschriebenes Blatt in der Szene und sogar über deren Grenzen hinaus: Nach einigen, auch für Fans und Aussenstehende, nicht unwesentlichen Wirrungen und Streitigkeiten, verlässt Ikone und Aushängeschild Jens Kästel, nach vielen Jahren sein erfolgreiches Projekt „Funker Vogt“ - ein großer Schock für viele. Doch während sein ehemaliger Companion in Crime einen Neustart wagte, dachte auch der Ex-Funker mit dem markanten Organ, an alles, nur nich ans aufgeben. Still und heimlich scharrte er mit Guido Henning und Jan Abraham (beide „E-Craft“), ein äußerst fähiges und kompetentes Duo um sich, um 2015 umso überraschender mit der alles überrollenden EP „Abgebrannt“ in Schutt und Asche zu legen. Ein Befreiungsschlag, der von sich hören machte und die Neider, welche jüngst nach Bekanntgebung der neuen Formation auf den Plan traten, erstmal einige Zeit verstummen lassen sollte. Schon in der letzten Aprilwoche diesen Jahres, ist er nun gekommen, der selbsternannte Tag der Wahrheit… Und nicht wenige werden diesen geballten Donnerschlag ein weiteres Mal nicht überhören können. Ganz egal, ob freiwillig oder unfreiwillig. Statt dem kläglichen Festkrallen an den Glanzleistungen alter Tage, fragwürdigen Wiederbelebungsversuchen, peinlichen Schlammschlachten oder dem unnötigen, öffentlichen Waschen schmutziger Wäsche, machen die Mannen genau das, was sie können: Musik. Ein Album über Freundschaft, Verrat, Respekt und Stärke. Ob nicht nur im Wein, sondern auch bei „The Firm Inc.“ die Wahrheit liegt, erfahrt ihr nun ganz ausführlich.
Ein tiefes Dröhnen erklingt und zieht ein langes, hallendes Echo nach sich. Gerade als ein kurzer Moment der Stille eingesetzt hat, wiederholt sich dieser Kreislauf ein weiteres Mal. Erst wenige Sekunden sind seitdem Start des ersten Titels vergangen und doch liegt bereits jetzt eine angespannte Stimmung in der Luft. Als dann zusätzlich noch weitere, verzerrte Töne einsetzen um sich in den genannten Prozess nahtlos einfügen, ist die bedrohlich-düstere Atmosphäre schließlich komplett abgerundet. „Am Anfang“, so ist das rein instrumentale Intro passenderweise betitelt, gelingt in seinen rund drei Minuten auch ohne Lyrics oder peitschendes Beat-Gewitter das Kunststück, den Hörer zu packen und auf das Kommende vorzubereiten, wohlwissend dass ebenjene Variabilität, Energie und Härte sich bald schon ankündigen und nicht mehr allzu lange auf sich warten lassen sollen. Demnach ein Prolog par excellence, dessen einziger, doch umso wichtigerer Aufgabe, eine dezente Einstimmung und nahtlose Eingliederung in Sound und Konzept mit vorerst zurückgehaltener Stilistik zu erreichen, hier nachgekommen wird. Und tatsächlich: Ohne Pause, schließt sich der erste Titel „BUTF“ dem vorgelegten Klang-Schemata direkt an und baut zielsicher auf das gerade gelegte Fundament auf. Elektronisch verzerrte Chöre und eine automatisierte Frauenstimme, kündigen mit den Worten „Brotherhood and Unity - The Firm“, welche in ihrer repetitive Weise einem beschwörenden Schlachtruf oder Credo, einer sich auf die nahende Schlacht vorbereitenden Einheit, gleichkommen, den Beginn an. Immer wieder durchbrechen Dubstep-artige Sound-Muster diesen Vorgang und fusionieren mit erschütternden, mächtigen Bässen, bevor die altbekannte und beliebte Vocoder-Stimme von Kästel erklingt. Besonders in den Strophen nimmt der Song hier gehörig an Geschwindigkeit auf und stärkt seinen EBM-Charakter immer wieder durch viele frische Details und Feinheiten in der Melodie. Der kräftige Refrain schlüsselt diesen Vorgang dann auf, jedoch ohne dabei auszubremsen und verleiht diesem Titel nicht nur Wiedererkennungswert und Eingängigkeit, sondern macht ihm erst zu dem, was er sein soll: Eine halsbrecherische, große Band-Hymne, welcher sich besser nichts und niemand in den Weg stellen sollte. Nicht minder temporeich und treibend, geht es auch bei „Geschichten Ohne Wert“ zu. Ein Stück, das in seiner Machart starke Assoziationen an „The Prodigy“ zu wecken vermag und die Melodie gewordene Abrechnung mit falschen Freunden, Wegbegleitern, Lügnern und Täuschern ist, der man die brodelnde Wut und Enttäuschung förmlich anmerken kann. Das mit „The Firm Inc.“ nicht zu spaßen ist und man sich besser nicht mit dem Trio anlegen sollte, macht dann „Schluss Mit Lustig“ nochmal für all diejenigen deutlich, die es bis jetzt noch nicht verstanden haben sollten. Mit der fast schon kennzeichnenden Mischung aus klassisch-modernen Stakkato-Beats und scharfen Synths und Industrial-Klängen, schreitet man unbarmherzig voran und steigt erst im Hauptteil auf Mid-Tempo um. Eine gute Gelegenheit, den markanten Refrain zu verinnerlichen und auf kommenden Konzerten mitzusingen.
Die erste wirkliche Pause, gönnt man den Hörern erst dann mit „Reflektion“, einem weiteren Instrumental, welches nicht besser zum Titel passen könnte. Ein kurzer Moment der Ruhe, der mit seinen sanften Piano-Klängen zum innehalten, nachdenken und verarbeiten des Gehörten einlädt und ab der Hälfte seiner Spielzeit fast schon cineastische Züge offenbart. Es hat fast ein wenig etwas von Neo-Klassik, wenn hier der Electro auf dezent eingesetzte Akustik trifft und gekonnt als Einheit fungiert, anstatt sich in seinen Gegensätzen zu behindern. Das Blatt wendet sich ungeahnt schneller, als manchem lieb sein dürfte und ohne Vorwarnung preschen orchestrale, bedrohliche Streicher hervor und verkehren den vermeintlichen Ruhepol, in die Ankündigung eines nahenden Gewitters. Ein überraschender Sturm zieht auf und dieser trägt den beunruhigenden Namen „Projektil“. Für den rachsüchtigen Text, hat man genau die richtige Wahl getroffen und sich gegen ein hohes Tempomaß entschieden, was der schleichenden, doch beständigen Aggression entgegenkommt und einen stärkeren Fokus auf die einzelnen Textzeilen zulässt. Der mächtig stampfende Beat geht jedoch trotzdem, oder viel mehr gerade deswegen, vollends unter die Haut und verleiht diesem Gassenhauer den beabsichtigten, dreckigen Underdog-Charme. Und keine Sorge, auch für alle Freunde der schnelleren Nummern, haben die Mannen gesorgt und schalten schon direkt danach wieder einige Gänge auf der, bis vor kurzem gedrosselten, Geschwindigkeitsskala nach oben. „Leben (Speed)“ nennt sich dieser Schub und wird seiner Betitelung mehr als gerecht. Fiepende, fast unscheinbare Töne, leiten diesen Brecher harmlos ein, nur um kurze Zeit später alles niederzureißen und einen Dancefloor-Filler der Extraklasse zu kredenzen, der in den gängigen Clubs wie eine Bombe einschlagen dürfte. Ebenso, wie es mit dem folgenden „Abgebrannt“ der Fall war, das aus einer nicht geringen Anzahl an Boxen dröhnte und teilweise noch immer durch so manchen Laden hallt. Nochmal deutlich aufpoliert, kracht und scheppert der furiose Comeback-Track wie eh und je und lässt keine Trugschlüsse zu: „The Firm Inc.“ sind endlich da und werden so schnell nicht wieder gehen! Der harsche Sound besticht mit kreativen Breaks und Ohrwurmgarantie, während Jens gesanglich wie gehabt aus allen Rohren feuert. Etwas leichtfüßiger, aber nicht minder tanzbar und energetisch: „BoXxXer“. Nach trügerisch melancholischem Beginn, wabern maschinell anmutende Fetzen durch die geschaffene Sphäre und zerreißen Stück für Stück jeden aufkeimenden Hauch von Rast oder Schwäche. Enorm rhythmisch treibt man den Song hier immer weiter voran, dessen Lyrics zu Anfang noch von einer extrem verzerrten Stimme getragen werden, bevor Kästel sich im epochalen, majestätischen Refrain dann schlussendlich zurückmeldet und es jeden wissen lässt: Aufgeben ist weder Option, noch Alternative.
Vom geschärften Kampfgeist entfernt man sich auch mit „Schuld“ nur geringfügig und lässt keine Zweifel an der Sinnhaftigkeit des eigenen Tuns zu. Weder ein Hauch von Selbstbeweihräucherung, noch von Reue findet sich hier - Menschen machen Fehler und der Teufel steckt oft im Detail. Das eigene Handeln zu hinterfragen ist gut, doch sollte niemand beim bloßen Zurückblicken stehen bleiben, sondern viel mehr im Hier und Jetzt für die Zukunft handeln. Brodelnde, ungezähmte Klang-Collagen, mischen sich mit einer gelungenen Message, zwischen nachdenklicher Menschlichkeit und erbarmungsloser Maschine und auch die Album-Version von „Feuer“ folgt diesem Prinzip, dessen selbstauferlegte Aufgabe die Motivation in ihrer reinsten Form zu sein scheint. Wieder etwas gediegener in langsameren Gefilden angesiedelt, doch der zähnefletschenden Trotzigkeit nicht entzogen, bestärken die EBMler hier die eigenen Pfade nicht zu verlassen, seinen Weg konsequent weiterzugehen und durch Taten statt Worte die hinterlassenen Fußspuren unvergessen werden zu lassen… So lange das innere Feuer brennt. Das schweißtreibende Debüt-Werk, findet dann alsbald seinen wohl akzentuierten Schlusspunkt mit dem emotionalen „Frei“, welches dann doch die andere, gegenteilige Facette hinter dem harten Kämpfer durchblicken lässt. Gerade dieser Umstand macht diese Halb-Ballade so glaubwürdig und authentisch, weiß sie sowohl durch die ungeschönten, kantigen Einflüsse und einen intelligenten Text, als auch durch das bewusste Fehlen unpassender Theatralik, zu gefallen, ohne dabei schwülstig und aufgesetzt zu sein. Das Gefühl innerer Ruhe, Frieden und Freiheit, kommen hier ebenso zum tragen, wie die Bestätigung, das Ende einer langen Reise erreicht und trotz schwerer Zeit alles richtig gemacht zu haben. So klingt ein ehrlicher, herzlicher Abschied… Doch gewiss nicht für eine allzu lange Zeit. Da dürften sich Fans und Kritiker wohl gleichermaßen einig sein.
Tracklist:
01. Am Anfang (Intro)
02. BUTF (Brotherhood & Unity)
03. Geschichten ohne Wert
04. Schluss mit lustig
05. Reflektion
06. Projektil
07. Leben (Speed)
08. Abgebrannt (Album Version)
09. BoXxXer
10. Schuld
11. Feuer (Album Version)
12. Frei
Fazit:
„How to Debut?“ - Diese Frage müsste man wahrscheinlich den Jungs von „The Firm Inc.“ stellen, wenn man wissen möchte, wie man gleich zu Beginn ordentlich Eindruck schinden kann. Ohne Kompromisse und falsche Versprechungen, besinnen sich hier drei wahre Szene-Urgesteine voll und ganz auf die Musik und katapultieren sich mit „Veritas“ direkt an die erfolgreiche Speerspitze der harten Klänge. Selbstverständlich sind sowohl Guido Henning und Jan Abraham, als auch Ex-Funker Jens Kästen wahre Veteranen auf ihrem Gebiet und längst keine unbeschriebenen Blätter mehr, doch kann auch jeder Neustart gleich nach hinten los gehen und gnadenlos scheitern. Nicht so, bei diesem Projekt. Ohne in der Vergangenheit festzuhängen oder zu sehr an erfolgsheischenden, bereits bestehenden und daher langweilig-lustlosen Prinzipien festzuhalten, wagt man sich minütlich an Neues und bringt es erfolgreich fertig, einen frischen Cocktail aus harschen EBM-Rhythmen, modernen Dubstep-Elementen, Breaks und allerhand Überraschungen zu mixen. Die ideale Symbiose also, aus glorreichen Zeiten nur das Beste aus dem reichen Erfahrungsschatz mitzunehmen und als kongeniales Trio zu frischen Ufern aufzubrechen. So und nicht anders klingt der Szene-Electro anno 2016! Weit mehr als nur ein schnell zusammengeschustertes, seelenlose Projekt für reine Gewinnmaximierung und viel mehr gehöriger Befreiungsschlag, nicht zu übersehendes Zeichen und klares Statement zugleich: Man ist endlich angekommen und genau dort, wo man schon immer sein wollte und kann endlich das tun, was man leidenschaftlich will - ohne gänzlich dabei zähneknirschend Kompromisse eingehen zu müssen. Ein durch und durch ehrliches Album, voll abwechslungsreicher Emotionen. Und am Ende des Tages ist auch dem letzten aller Zweifler klar: Von diesem Trio ist auch in Zukunft noch viel zu erwarten. So und nur so, meldet man sich zurück! Zusammenschluss erfolgreich gelungen - Feuer und Bühne frei, für "The Firm Inc."!
Informationen:
http://www.the-firm-music.de
https://www.facebook.com/thefirm.de/