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BEITRÄGE:

AutorenbildChristoph Lorenz

Unheilig - „Gipfelstürmer"-Tour - RWE Stadion, Essen - 12.09.2015


Veranstaltungsort:

Stadt: Essen, Deutschland Location: RWE Stadion Kapazität: ca. 20.000

Stehplätze: Ja Sitzplätze: Ja ​Homepage: http://www.stadion-essen.de

Einleitung:

Es ist später Samstag Nachmittag. Ich steige aus der Regionalbahn und befinde mich im direkten Trubel, auf einem der ausladenden Gleise des Hauptbahnhof Essen. Typisch für den Beginn des Wochenendes, tummeln sich überall Massen an Menschen. Einige stehen am Ticket-Schalter, manche suchen das Gleis und andere wiederum vertreiben sich die Wartezeit in den Shops, oder strömen durch die Eingangshalle hinaus Richtung Stadt und dann wieder hinein. Ich bahne mir einen Weg durch die Reihen der Wartenden, steige die Stufen hinunter und entscheide mich für den Hinterausgang, an welchem es etwas ruhiger zugeht. Von dort aus soll auch eine Bus-Linie zum Stadion fahren, welches etwas weiter außerhalb liegt. Doch noch bevor ich mich auf die Suche nach der richtigen Haltestellen begeben kann, erblicke ich aus dem Augenwinkel eine nicht abreißen wollende Kette öffentlicher Verkehrsmittel, welche zum Großteil nicht annähernd voll sind und an dieser Stelle leicht deplatziert wirken. Interessiert trete ich an einen der wartenden Busse heran und beginne interessiert einen Hinweis zu lesen, welcher von der Innenseite an die Scheibe geklebt wurde: „Konzert-Shuttle“. Daneben prangt ein weiteres Schild, auf welchem ein Bild des Grafen, Frontmann und Sänger der Band „Unheilig“, abgebildet ist. Freudig überrascht frage ich bei einem der Sicherheitsbediensteten nach, war doch vorab zu keiner Zeit von einem eigenen Fahr-Service für die Besucher die Rede. Ich zeige meine Konzertkarte vor, werde ohne weitere Zuzahlung eingelassen und setze mich auf einen der hinteren Plätze. Kurze Zeit später beginnt die Fahrt auch schon und transportiert alle Gäste sicher und ohne Zwischenstopp durch die Stadt, hin zu einer breiten Kreuzung. Als wir alle nach einer guten halben Stunde aussteigen, bemerke ich die großzügige Absperrung. Sowohl von der linken, als auch von der rechten Straßenseite herrscht starker Andrang. Alle gehen sie geradeaus, in die gleiche Richtung. Einige der Personen tragen eindeutige T-Shirts, mit mir bekannten Aufdrucken. Von der „Puppenspieler“- bis über die „Grosse Freiheit-“, „Lichter Der Stadt-“ und auch „Gipfelstürmer“-Ära ist alles vertreten. Zu meiner Freude erblicke ich auch gelegentlich Prints einiger älterer Alben, wie etwa das Motiv zur Hymne „Freiheit“. Und so folge ich dem Strom nach und gehe mit allen anderen auf der linken Seite die Straße hinauf. Dort werden an einer kleinen Kneipe bereits frische Bratwürste gegrillt und der Umsatz durch kühle Getränke scheint auch gut zu funktionieren. Der Himmel, welcher die ganze Zeit gefährlich grau wirkte, macht auch weiterhin nicht den Eindruck sich bald aufklären zu wollen. Doch noch bleiben die ersten Regentropfen glücklicherweise aus. Es geht weiterhin geradeaus, an einem recht großen Parkplatz vorbei. Danach befinde ich mich auch schon direkt auf dem Vorplatz des RWE Stadions. Manche Fans versuchen noch auf die letzten Minuten Tickets zu verkaufen oder zu erwerben, einige andere von ihnen stehen an der Tageskasse an, um die zuvor online reservierten Karten zu erhalten. Und auch sonst herrscht hier reges Treiben, egal ob vor dem Getränkewagen oder am Merchandise. Ein Blick in meinen Umschlag verrät mir den Block, in welchem ich sitzen werde. So gehe ich suchend und schnellen Schrittes halb um den Komplex herum, bis ich vor den Toren stehe und auf den baldigen Einlass warte. Eine Taschenkontrolle später ist es dann soweit und ich befinde mich auf dem Konzertgelände. Ich nehme einige Treppenstufen nach oben und suche mir meinen zugewiesenen Sitzplatz. Noch ist es hier relativ ruhig und leer, doch wird sich das Besucheraufkommen in den kommenden Stunden noch erheblich steigern. Der Innenraum hingegen ist schon fast bis zur Hälfte gefüllt und der Regen hat ebenfalls eingesetzt. Viele spannen jetzt ihre Schirme auf oder werfen sich Regencapes über. Es ist wahrlich weder der passende Monat, noch das passende Wetter für ein Open-Air, doch davon scheinen sich die meisten nicht beeindrucken zu lassen und harren tapfer aus.


Be One:

Schon kurze Zeit später geht es los und der frühe Abend wird musikalisch eingeleitet. Als erste Support-Band fungiert das junge Pop-Duo „Be One“, aus dem Münsterland, deren Debüt-Album „Into Life“ am 23. Oktober diesen Jahres erscheinen soll. Die beiden Musiker präsentieren den aufmerksamen Konzertbesuchern ihre besondere Mischung aus elektronischen und organischen Elementen, welche vom ersten Song an gut angenommen wird. Während DJ Amiens an Mischpult und MacBook für erstere Komponente verantwortlich zeichnet, spielt und singt sich David Ray an Akustik-Gitarre und Mikrofon schnell in die Herzen des Essener Publikums. Zuweilen wirken die beiden Musiker auf der großen Bühne, welche lediglich mit zwei Aufstellen samt Logo bestückt ist, etwas verloren, doch füllen die beiden Münsteraner diesen Platz mit Leichtigkeit durch ihre positive Ausstrahlung, Energie und frischen Akzente aus. Äußerst eingängige sowie radiotaugliche Ohrwürmer mit englischen Texten zum mitsingen, wie „Echo“ oder der Titeltrack des kommenden Albums, sorgen für durchgehend beschwingte Stimmung auf den Rängen und im Innenraum. Nach einer halben Stunde verabschieden sich die Newcomer und ernten herzlichen Beifall. Eine Band, von welcher man in Zukunft mit Sicherheit öfter hören wird.

Megaherz:

Nach einer etwas längerem Umbaupause steht der zweite Support-Slot an diesem Abend an, welcher mehr als würdig durch die deutschen NDH-Rocker von „Megaherz“ ausgefüllt wird. Die Seiten der Bühne ziert das Band-Logo, während im Hintergrund ein riesiges Backdrop samt Schriftzug und Endzeit-Szenario thront. Unter lauten Sirenen und warnenden Funksprüchen, welche die nahende Apokalypse ankündigen, betritt Schlagzeuger Jürgen Wiehler das Podest und gibt zu rhythmischen Jagdhorn-Sounds den Takt an seinem Instrument vor. Wenig später positionieren sich auch Bassist Werner Weninger, sowie die beiden Gitarristen Christoph Klinke und Christian Bystron, bevor Frontmann Alexander Wohnhaas mit bedrohlicher Clownsbemalung und Baseballschläger zum Opener „Jagdzeit“ die Bretter entert. Die harten Klänge der Münchener werden anfangs eher verhalten aufgenommen, doch schon beim zweiten Song „Wir Könnten Götter Sein“ ändert sich dieser Umstand im Handumdrehen. Auch das Schauer-Märchen „Roter Mond“ und die Hymne „Gegen Den Wind“ wissen beim Publikum mit hoher Eingängigkeit und gemeinschaftlichen Singalongs zu punkten. Der Sound, welcher zu Beginn noch etwas durchwachsen wirkte, bessert sich im Laufe des kurzen Konzerts und so hechten Wohnhaas und seine Mannen immer wieder agil zu straighten Brechern wie „Himmelsstürmer“ über den Laufsteg. Bevor sich die Herzen unter großem Applaus verabschieden, beschließen sie ihr Set durch die Halb-Ballade „Für Immer“. Wie immer bieten „Megaherz“ eine großartige, kurzweilige Show und wissen auch Neulinge auf diesem Gebiet zu begeistern. Ein perfekter Kontrast zum Pop-Appeal des vorherigen Supports und ein gelungener Stimmungsmacher!


Unheilig:

Nachdem die beiden Vorgruppen dem Publikum auf ihre jeweils ganz eigene Art und Weise einheizen durften, herrscht auf der Bühne, welche zum Großteil von einem schwarzen Vorhang bedeckt wird, reges Treiben. Diverse Bühnentechniker eilen von links nach recht, bauen die zuvor genutzten Instrumente des Supports ab, stellen Mikrofonstative und Kerzenhalter auf, justieren an einigen Stellen immer wieder nach und beginnen schließlich mit dem Soundcheck. Kurz nach 20 Uhr liegen Stadion und Bühne dann in einem mystischen Dunkel, während in alter Tradition wahre Klassiker der deutschen Musikgeschichte, wie Hildegard Knefs’ „Für Mich Solls Rote Rosen Regnen“, durch die kühle Abendluft schallen und einen Großteil zum kollektiven mitsingen animieren. Gute 15 Minuten später verhallen auch die letzten Töne und plötzlich ist es fast gänzlich still, die Spannung nahezu greifbar. Wie aus dem Nichts beginnt plötzlich eine tiefe Stimme aus dem Off herunterzuzählen, während auf den beiden großen Leinwänden seitlich der Bühne ein Countdown beginnt. Das Publikum fiebert lautstark mit und mit der letzten gesprochenen Ziffer, zieht sich der große Vorhang wie von selbst zu den Seiten und gibt den Blick auf ein imposantes Bühnenbild, bestehend aus diversen Scheinwerfern, Erhöhungen, Leinwänden und der Front einer alten Lokomotive frei, deren Scheinwerfer den Fans nun grell entgegenleuchten. Zum cineastisch angehauchten Intro „Der Berg“, betreten nun Keyboarder Henning Verlage, Schlagzeuger Martin „Potti“ Potthoff Gitarrist Christoph „Licky“ Termühlen die Bretter, während stimmige Video-Sequenzen tiefer Täler und hoher Gebirgslandschaften den atmosphärischen Hintergrund bestimmen, bevor die Band zum gemeinsamen Spiel einsetzt. Nach wenigen Sekunden des Jubels, richten sich grelle Scheinwerfer und schnelles Stroboskop-Licht auf Termühlen und leiten den Opener „Hinunter Bis Auf Eins“ ein, zu welchem der Graf Bühne und Laufsteg stürmt. Deutlich weniger hart, doch dafür umso poppiger entfaltet sich der zweite Song, „Wir Sind Alle Wie Eins“, welcher den meisten Zuschauern durch den Vorentscheid des Eurovision Song Contest bekannt sein dürfte. Nach einer kurzen Begrüßung verschwindet der sympathische Frontmann wieder hinter der Szenerie und gibt den Blick frei für ein weiteres Video, zur Einleitung des nächsten Songs, der verträumten Ballade „Dem Himmel So Nah“. Während auf den Leinwänden schneeweiße Wolken am blauen Himmel vorbeiziehen, regent es im Essener Stadion weiterhin wie in Strömen. Der Graf zeigt sich mit den Fans in den ersten Reihen solidarisch, hält sich immer wieder an vorderster Front, am Ende des Stegs, auf. Die zweite Single-Auskopplung, das epochale „Mein Berg“, markiert den weiteren Verlauf. Sich klanglich stetig steigernd, wächst diese emotionale Nummer immer weiter und mündet schließlich in einem großen Chor der Fans. Eine weitere videographische Untermalung, flackernde Lichter, verzerrte Synthie-Klänge und das laute Aufheulen der Lokomotive, aus dessen Schlot nun rohe Mengen an Rauch emporsteigen, verheißen Unheilvolles und kündigen das krachige „Wir Sind Die Gipfelstürmer“ an. Wieder hechtet der Graf herbei und bewegt sich zum Stakkato-Takt der Musik.


Den misslichen Umstand eines kurzen, technisch bedingten Aussetzers des Mikros, bewältigt der Sänger professionell durch schnelle Reaktion und Ausweichen auf das zweite Stativ. Die beiden folgenden Titel „Alles Hat Seine Zeit“ und der Hit „Unter Deiner Flagge“, kennzeichnen danach einen weiteren Ruhepol in der Setlist, zu welchem sich einige Handydisplays und Feuerzeuge in die Höhe erheben. Eine weitere, spektakuläre Einleitung hat man dem rauen „Goldrausch“ verliehen, zu welchem das Bühnenbild in dichten Nebel gehüllt und zusätzliche, rhythmisch aufleuchtende Lichtanlagen von der Decke herabgefahren werden. Meterhohe Nebelsäulen im Refrain, komplettieren dieses Ereignis. Zwischen den einzelnen Songs lockert der Graf die Atmosphäre immer wieder mit humorigen Einlagen, wie etwa dem eigenhändigen säubern des Laufstegs, auf und bezieht die Fans stets in seine Ansagen mit ein. Nach dem Titeltrack des vorherigen Albums, dem leichtfüßigen „Lichter Der Stadt“, sowie einer weiteren Nummer von „Gipfelstürmer“, der melancholischen Trauer-Ballade „Zwischen Licht Und Schatten“, geht es mit dem straighten „Held Für Einen Tag“ und dem hymnenhaften „Wie In Guten Alten Zeiten“ temporeich weiter. Spätestens jetzt stehen alle Fans im ganzen Stadion und zelebrieren ein ganz besonderes Gefühl. Die dritte Single, das positive „Glück Auf Das Leben“, als auch „Die Weisheiten Des Lebens“ führen weiter durch den Abend, bei welchem nun alle mitsingen und der Band die in den Text verwobenen Lebensweisheiten sicher entgegenrufen. Danach folgen zwei weitere Nummern aus dem Erfolgsalbum „Grosse Freiheit“, der titelgebende Track und natürlich das unverzichtbare „Geboren Um Zu Leben“, welchem „Unheilig“ ihren großen Durchbruch weit über die Szene hinaus zu verdanken haben und welches von vielen Besuchern offenkundig sehnlichst erwartet wurde. Dieses wird anfangs in einer akustischen Version, mit Henning an den Tasten, sowie dem gesamten Publikum intoniert, bevor auch Gitarre und Drums wieder hinzukommen. Nach großen Jubelstürmen verabschiedet sich die Band und lässt die Bühne erneut im Dunkeln zurück. Ein weiterer Kurzfilm leitet dann alsbald den Zugaben-Block ein, welcher den Fans nochmals alles abverlangen soll. Leises ticken, industrielle Klänge und ein druckvoller Bass erschaffen die düstere Bedrohlichkeit alter Tage. Bei „Maschine“, dem einzigen alten Song in der Setlist, werden nun die letzten Kräfte-Reserven zu erneut aufsteigenden Nebel-Fontänen gefordert. Der Graf bittet zum Tanz! Ein weiteres Up-Tempo-Stück und Angebot zum auspowern, gibt es im Anschluss mit dem rockigen „Für Immer“, welches nur zu gern angenommen wird. Doch laut den Worten des Fronters, solle man aufhören wenn es am Schönsten ist und so leiten die Musiker den Abschied mit dem emotionalen „Zeit Zu Gehen“ ein und feiern ein letztes Mal an diesem Abend zusammen, während der Graf Fahne schwenkend auf dem Podest vor der Lokomotive steht. Zum letzten Mal ziehen Videos der Bandgeschichte aus vergangenen und aktuellen Tagen über die Leinwände, die Lichter formen das Kürzel „UH“, bevor sich die Band schlussendlich vor einem glücklichen, doch leicht sentimentalen Publikum verneigt. Alle gehen noch einmal den langen Weg über den Steg, applaudieren ihren Fans und erhalten rückwirkenden Beifall. Nach über zwei Stunden verlassen „Unheilig“ die Bühne. Ein spektakulärer und vor allem würdiger Abschied, mit imposantem Bühnenbild, großartiger Lichtshow und viel guter Stimmung, welcher jedoch zu viele ruhige und neue Klänge enthielt, doch dabei zu viele bedeutende Klassiker wie „Sage Ja!“, „Spiegelbild“, „Freiheit“, „Mein Stern“ und andere ausklammerte. Für die Abschiedstour, welche noch im Herbst diesen Jahres anbricht, ist ein deutlicher Schwerpunkt auf dem älteren Material wünschenswert. Dem Großteil jedoch schien dieser Umstand wenig auszumachen und so verlassen Innenraum und Ränge langsam das Stadion und strömen hinaus in die kühle Abendluft. Es ist spät, es ist Zeit zu gehen.


Setlist:

01. Der Berg (Intro)

02. Hinunter Bis Auf Eins

03. Wir Sind Alle Wie Eins

04. Dem Himmel So Nah

05. Mein Berg

06. Wir Sind Die Gipfelstürmer

07. Alles Hat Seine Zeit

08. Unter Deiner Flagge

09. Goldrausch

10. Lichter Der Stadt

11. Zwischen Licht Und Schatten

12. Held Für Einen Tag

13. Wie In Guten Alten Zeiten

14. Glück Auf Das Leben

15. Die Weisheiten Des Lebens

16. Grosse Freiheit

17. Geboren Um Zu Leben

18. Maschine

19. Für Immer

20. Zeit Zu Gehen

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