Blackfield Festival - Tag III - Amphitheater, Gelsenkirchen - 14.06.2015
Veranstaltungsort:
Stadt: Gelsenkirchen, Deutschland
Location: Amphitheater Nordsternpark Kapazität: ca. 6.000
Stehplätze: Ja Sitzplätze: Ja Homepage: http://www.blackfield-festival.de
Sonntag, 14.06.2015 - Blackfield Festival Tag 3:
Es ist soweit und der letzte Tag, des letzten Blackfield Festivals steht an. Es fühlt sich seltsam an, in Bus und Bahn einzusteigen, aus dem Fenster zu blicken und die Straßenzüge und Häuser an sich vorbeiziehen zu lassen. Es fühlt sich vertraut an, doch statt der gewohnten Vorfreude schwingt an diesem Tag erhebliche Demut und ein flaues Gefühl mit. Das, was man die anderen Tage zu verdrängen versuchte, ist nun präsenter und stärker als zuvor. Es wird keine weiteren Tage mehr geben, kein aufschieben, kein verdrängen. Das Blackfield Festival findet zum letzten Mal im Amphitheater Gelsenkirchen statt und an diesem Abend wird es enden. Beschwingte, fröhliche Leichtigkeit oder gar Feier-Stimmung will nicht so recht aufkommen, dennoch bin ich an Optimismus bemüht. Alles erinnert heute an die vergangenen Jahre, die schönen Erlebnisse, all die Menschen, die Musik und die Gespräche. Ich steige an der altbekannten Haltestelle aus und blicke wehmütig über den Parkplatz, gehe langsamer als sonst über diesen. In Momenten wie diesen scheinen selbst normale, unspektakuläre Örtlichkeiten einen gewissen Nostalgie-Wert zu besitzen. Ich folge der Menge und gehe, wie jeden Morgen, zum Einlass. Die Taschenkontrolle wird durchgeführt und ich betrete das Amphitheater. Wieder fühlt man sich an vieles erinnert, wieder blicke ich mich um. Es scheint, als würde man nun vieles ganz anders wahrnehmen, weniger selbstverständlich. Ich schaffe es, die Gedanken nochmals zu vertreiben und setze mich auf eine der obersten Stufen. So wie an jedem Morgen, um diese Zeit, an diesem Ort. Zum letzten Mal. Wenige Minuten später, geht es los.
Mainstage, 11.00 Uhr - Herzfeind:
Zum Auftakt des letzten Blackfield Festival Tages, bittet die noch recht junge, doch höchst ambitionierte Band "Herzfeind".
Im Jahr 2009 von André Feller ("Solar Fake", "Dreadful Shadows") und JuRi gegründet, spielt die Band eine geschickte Verquickung von Rock, Punk und Electro, mit deutschsprachigen, kritischen Texten. 2010 veröffentlichte man unter dem Titel "Menschenfresser" dann das erste Studioalbum, eine EP namens "Botox Party" schloss sich daraufhin an. Mit dem neuesten Release "III", eröffnet die Band, welche vor einigen Jahren schon einmal das Blackfield beehrte, den Festival Sonntag. Schlagzeuger Stefan Pötzsch, Bassist Steffen Knorr und Gitarristin Annika Jascheke betreten die Bühne, dann folgt auch Frontmann Feller. Schon der Opener "Aufstehn" beeindruckt das Auditorium zu früher Stunde, mit krachenden Sounds und kritisch-frechem Text. Auch Songs wie "Evolution Baby" und "Sing Sing" schließen sich in diesem Kontext an und komplettieren ein punkiges Gesamtbild. Die Spielfreude der einzelnen Musiker auf der Bühne ist unverkennbar, deren Professionalität ebenso. Der Sound präsentiert sich klar und fehlerfrei, die langjährige Erfahrung macht sich bezahlt. Auch das Publikum nimmt diesen Einstieg der etwas raueren Art in den Tag gern an, zeigt sich tanzwütig und begeisterungsfähig. Von Zurückhaltung oder Müdigkeit keine Spur. Die Fragen nach CDs werden in den Reihen laut, doch auf physische Tonträger müssen Neu-Fans allerdings (vorerst) leider verzichten. Lediglich USB-Sticks mit Song-Material, Videos und einigen Bildern seien zu haben. Definitiv ein überraschender, weil frischer Opener. Bleibt zu hoffen, die Musiker bald in mehreren Line-Ups vorfinden zu können, inklusive eigenem Merch und Tonträgern.
Mainstage, 11.45 Uhr - [x]-Rx:
Das nachfolgende Projekt besteht seit dem Jahre 2006. Als zweite Band an diesem Tag fungiert das Duo "[x]-Rx", mit einer heftigen, rauen Mischung aus tanzbarer Elektronik, treibenden Rhythmen und harschen Beats. Der Sound irgendwo zwischen Industrial und EBM findet einiges an Anklang in der Szene, feierten ihre bisherigen Veröffentlichungen wie "Unmöglich Erregend" doch große Club-Erfolge. Unzählige Live-Gigs schlossen sich an und an diesem frühen Vormittag sind die beiden Musiker zu Gast beim letzten Blackfield Festival. Ohne große Umschweife begibt sich Jan T. an sein Mischpult, Fronter Pascal Beniesch positioniert sich ebenfalls auf der Bühne. Trotz früher Stunde, haben sich nicht wenige Besucher in den Innenraum begeben, um gemeinsam zu tanzen. Die blutverschmierten Akteure im Zentrum, genießen die überbordende Euphorie und lassen ihrer Energie und Spielfreude freien Lauf. Das Set wird größtenteils von bewährten Klassikern wie "Kein Herz", "Stage 2" oder "Hard Bass Hard Soundz" dominiert, aber auch einige neue Nummern wie "Crank It Up", vom gleichnamigen Album, dürfen nicht fehlen. Auch auf den Rängen erheben sich immer mehr Festival-Gänger, um sich zu den harten Sounds der Kölner zu bewegen, das Amphitheater füllt sich merklich immer mehr. Die beiden Protagonisten heizen mit einigen Zurufen die Fans immer weiter an und wechseln sich bei Vocals einige Mal ab. Es zeugt von großem Können und Anziehungskraft, können Musiker schon zu dermaßen früher Stunde die Massen begeistern. Nach etwas über einer halben Stunde, endet das Programm. Die Zuschauer zeigen sich größtenteils begeistert. Ein Projekt, welches gerade live seine ganze Kraft entfacht und ein gelungener Anheizer, für die kommenden Gruppen des Tages.
Mainstage, 12.30 Uhr - The Beauty Of Gemina:
Die nächste Band ist durch ihre tiefe, ehrliche Verwurzelung mit den Ursprüngen der Szene, als auch durch ein gewisses Händchen für tiefsinnige Melancholie und große Melodien, bekannt und beliebt. Die Schweizer Dark Rock-Institution "The Beauty Of Gemina", beehren das Blackfield und haben sich dafür etwas ganz besonderes einfallen lassen. Statt elektrisch verzerrten Gitarrenklängen und atmosphärischen Synths, steht heute der Fokus auf das Wesentliche an. Mit einem exklusiven Akustik-Set in Festival-Länge, treten die Musiker dieses außergewöhnliche Experiment an. Und Gelsenkirchen ist bereit dazu, sich ein wenig Ruhe zu gönnen, lauscht und wartet gespannt, als die Band ihre Plätze einnimmt. Mit ihrem akutellen Album "Ghost Prayers" im Gepäck, machen sich Frontmann Michael Sele, Schlagzeuger Mac Vinzens, Bassist Andy Zuber und Gitarrist Marco Gassner bereit. Mit dem Opener "Kingdoms Of Cancer" eröffnen sie diesen abenteuerlichen Neuinterpretations- Trip durch ihre Discographie, auf völlig neuen Wegen. Auch neue Songs wie "Mariannah" oder "Down By The Horses" fügen sich stimmig ins atmosphärische Gesamtbild ein, das äußerst tanzbare "The Lonesome Death Of A Goth DJ" und auch "Dark Rain" präsentieren sich in gänzlich anderem Gewand, doch nicht minder dunkelromantisch, als die Original-Versionen. Einen weiteren, völlig umarrangierten Hit aus dem eigenen Back-Katalog, offenbart man den Besuchern anschließend mit dem düsteren "Suicide Landscape". Statt brodelnder Synth-Klänge, dominieren auch hier vor allem sanfte Klavier-Töne, als auch das virtuos-zarte Violinenspiel. Auch akustisch klingen Band und Titel großartig, die akustisch Schlagseite steht alten und neuen Songs bestens. "The Beauty Of Gemina" gelingt es schon nach wenigen Minuten der Spielzeit, das Publikum für sich und die Verlagerung auf den organischen, reduzierten Sound zu begeistern. Auch "Badlands" und der wunderschöne Set-Closer "Last Night Home", unterstreichen die ungemeine Stärke und Professionalität. Eine ganz besondere und andere Art der Entspannung, ein gelungener Ruhepol und besonders herrausstechender Akzent an diesem Wochenende.
Mainstage, 13.25 Uhr - Beborn Beton:
Mit "Beborn Beton" konnte ein weiteres, spannendes Projekt für das Line-Up gewonnen werden. Im Bereich Synthpop / EBM angesiedelt, erzielt das Trio schon seit den frühen Neunzigern große Erfolge in und über die Szene hinaus. Mit eingängigen Songs mit viel tanzbarem Potential, begeistern die Musiker schon viele Jahre. Und auch beim Blackfield Festival treten die Musiker zum Beweis an. Von vielen Gästen im Vorfeld gespannt erwartet, geben sie sich heute die Ehre. Die Ruhrgebietler Michael B. Wagner, Stefan Tillmann und Stefan Netschio spielen an diesem Mittag Neues und Altes. Erfolgssongs wie "Torture" und "Another World", treffen auf Aktuelles. Nach längerer Pause steht außerdem ein neues Album an, "A Worthy Compensation" getauft. Und als besondere Premiere, auf einem besonderen Festival, gibt es exklusiv auf dem Blackfield einige neue, unveröffentlichte Titel vorab zu hören. Zur Freude des gespannten Publikums zünden diese nahezu sofort und auch der Band ist die Freude nach längerer Abstinenz deutlich anzusehen. "Mantrap", "Im Inneren Einer Frau" und "The Colour Of Love" wissen zu fesseln, die Performance ist sicher und gelungen. Nach einer viel zu kurzen Spielzeit beendet die Band ihr Set und erntet verdienter Weise einen Jubelsturm nach dem anderen vom Publikum. "Beborn Beton" sind zurück.
Mainstage, 14.30 Uhr - Clan Of Xymox:
Gerade bei dieser Ausgabe des Blackfield Festivals, stehen viele Lieblinge und Urgesteine der Szene auf der Bühne. Die nächste Band bringen auch einige Jahre der Studio- und Live-Erfahrung mit, sind sie doch quasi alte Hasen. Für den Sonntag Mittag sind "Clan Of Xymox" eingeplant und wer diese Band kennt, weiß was nun folgt. Show und Musik in bester, herrlicher Oldschool-Manier, die 80er Jahre des Goth-Rocks leben wieder auf. Und viele hier scheinen die Holländer und ihre Werke noch immer zu kennen und zu schätzen, schauen doch viele der Anwesenden aufmerksam zur Bühne, als es endlich losgeht. Und pünktlich zur angegebenen Zeit, betritt die Band um Sänger Ronny Moorings ebenjene. Mit einem wahren Best Of-Feuerwerk an Hits und ihrer außergewöhnlich-besonderen Mischung aus Elektronik, Rock und Dark Wave, zelebrieren die Altmeister mit viel Herzblut den Geist vergangener Zeiten und transportieren diesen ins Hier und Jetzt. Die beiden Keyboarder Daniel Hoffmann und Sean Göbel sorgen für die richtige Atmosphäre, während verzerrte Töne von Mario Usai an der Gitarre und Mojca Zugna am Bass beigesteuert werden. Das hohe Maß an Kenntnis schlägt sich in absoluter Perfektion an den Instrumenten und im Umgang mit dem Publikum nieder. Unerschütterliche Klassiker wie "A Day", "Masquerade" und "Cry In The Wind", lassen die schwarzen Herzen in purer Nostalgie höher schlagen und auch neues Material vom 2014er Album "Matters Of Mind, Body And Soul" gibt es zu hören. Die Begeisterung auf beiden Seiten ist spürbar, es wird gefeiert und getanzt wie in alten Zeiten. Eine schwarze Party vom feinsten und ein äußerst gelungener, sympathischer Auftritt an diesem Tag. Goth lebt!
Mainstage, 15.40 Uhr - End Of Green:
Durch erfolgreiche Studio-Alben, zahlreiche Live-Gigs als Support und Headliner, sowie einem unverwechselbaren Sound, haben sich "End Of Green" mittlerweile einen festen Platz in den Herzen und Line-Ups vieler Szene-Anhänger gesichert. Zu Gründungszeiten noch im Goth-Metal angesiedelt, spielen die Musiker um Frontmann und Sänger Michael Huber, seit einigen Jahren höchst melodiösen Dark Rock. Große Beliebtheit und hohe Charplatzierungen, der letzten beiden Studioalben, waren die Folgen. Auch beim Blackfield sind die Stuttgarter nun wieder dabei und ziehen gleich eine ganze Schar an Fans in den Innenraum. Ohne Intro betreten die Musiker nacheinander die Bühne, im Hintergrund ein großes Backdrop im Stil des aktuellen Albums. Schlagzeuger Matthias Siffermann, Bassist Rainer Hampel und die beiden Gitarristen Oliver Merkle und Michael Setzer begeben sich an ihre Instrumente, im Zentrum steht Huber. Alle sind in klassisches Schwarz gehüllt und beginnen ihr Set ohne Umschweife. Ebenso geerdet präsentiert sich der Sound. Ohne große Spielereien, dafür mit viel Energie und denkwürdigen Ohrwürmern im Gepäck, wird dem Publikum viel Neues dargeboten, aber auch an Altbewährtem wird nicht gespart. Songs wie "Dead City Lights" oder "Killhoney" haben nichts an ihrem Glanz verloren und auch straighte Nummern wie "Goodnight Insomnia" wissen schnell mitzureißen. "End Of Green" geben sich meist routiniert, doch mit Spaß an der Sache. Auf große Ansagen und Gesten verzichtet man, gibt sich ganz der Musik hin, dem eigentlichen Grund eines jeden Festivals. Die Stimmung und das Echo aus dem Publikum, welches in Form von Applaus zur Bühne zurückhallt, sind solide bis gut einzuordnen. Das ganz große Feeling oder gar hemmungslose Euphorie wollen zuerst nicht aufkommen, viele lauschen und beobachten das Geschehen eher gespannt. Der Abgang kommt dann relativ abrupt, die Verabschiedung wird auch eher bescheiden und kurz gehalten. Ein solider Auftritt und eine spielfreudige Band, neue und alte Hits: Alles in allem eine stimmige Performance, doch ohne große Überraschungen auf und vor der Bühne.
Mainstage, 16.55 Uhr - Letzte Instanz:
Am späten Nachmittag ist es dann Zeit, für die erfolgreichen Brachialromantiker von "Letzte Instanz". Das Backdrop zeigt eine mystische Pyramide mit einem großen, wachenden Auge. Bekanntermaßen variiert das Bandlogo von Veröffentlichung zu Veröffentlichung und erweitert sich stetig, passend zum jeweiligen Themen-Kontext. Zu tiefblauer Beleuchtung und dichten Nebelschwaden, begeben sich die Instanzler zum Intro auf die Bühne. Neuzugang und Schlagzeuger Andy Horst, Gitarrist Oliver Schmidt, Bassist Michael Ende, als auch Cellist Benni Cellini nehmen ihre gewohnten Positionen ein, Sänger Holly Loose folgt ihnen in schlicht-schwarzem T-Shirt und Wollmütze nach. Mit motivierenden "Hey, Hey"-Zurufen befeuert er das Publikum, bevor Violinist Rico Schwibs zusätzlich die Bretter stürmt und man gemeinsam den Opener "Flucht Ins Glück" anstimmt. Die Fans folgen gern auf dieser Reise und so füllt sich der Innenraum während des zweiten Songs, dem verspielten "Der Garten" vom Album "Schuldig", immer mehr. Immer wieder motiviert der charismatische Frontmann das Publikum, welches sich anfangs allerdings noch ein wenig zurückhaltend gibt. Aber auch diesen Umstand löst die Instanz ganz locker, mit gewohnter Leichtigkeit und ganz viel Spielfreude, im Handumdrehen. Und schon bald bildet sich zur bewegenden Halb-Ballade "Blind", ein großes Meer aus Händen, welches im Takt der Musik behutsam über den Köpfen aller Anwesenden wogt. Mit dem psychotischen "Traum Im Traum", vom neuesten Album, begibt man sich nach längerer Zeit wieder auf düsteres Terrain und auch der überraschend gespielte Klassiker "Maskenball", kommt bestens an. Zu ausgiebigen Mitsing-Passagen lädt danach das markante "Finsternis" ein, die harte Rock-Nummer "Komm!" hingegen zum wilden Tanz. Auch das energiegeladene "Nur Für Uns" ist vom gleichen Schlag und wird vom ausgelassenen Innenraum herzlich wie ein alter Bekannter begrüßt. Zum Abschluss des Sets, wird es dann abermals etwas ruhiger und melancholischer, mit der wunderschönen Ballade "Von Anfang An". Auch hier ist die Begeisterung des Publikums ungebrochen, man singt und feiert gemeinsam, hat einfach eine gute Zeit zusammen. Der Applaus zur Verabschiedung der Band ist warm und anerkennend, die "Letzte Instanz" ist eben immer ein gern gesehener Gast auf diversen Festivals und immer ein Garant für gute Stimmung. Auch nach einigen Besetzungswechseln in jüngster Vergangenheit, ist diese Band immer noch genau das, wofür sie steht und wofür man sie kennt und schätzt. Diese Formation befindet sich auch nach all den Jahren immer noch in konstanter, qualitativ hochwertiger Weiterentwicklung, ohne die Wurzeln zu vergessen und ohne an Bodenhaftung und Sympathie zu verlieren. Der Auftritt beim Blackfield Festival ist gezeichnet von Esprit und großem Spaß an der Sache... Und genau das ist es doch, worauf es ankommt. Spaß hatten alle Anwesenden offenbar. Ein erfrischender Auftritt, mit positivem Blick gen Zukunft.
Mainstage, 18.15 Uhr - L’Âme Immortelle:
Um die nächste Band war es lange Zeit sehr still, doch ganz weg waren "L’Âme Immortelle" nie. Ende des Jahres 2014 erschien, nach längerer Abstinenz, das neue Album "Drahtseilakt". Und auf diesem Werk gehen die Österreicher, wie auch bei ihren aktuellen Live-Performances, nahezu komplett neue Wege. Die 1996 gegründete Formation setzt nach Jahren des großflächig organischen Gothic-Rocks, nun mehr auf dominierende Elektronik denn je und interpretiert beliebte Klassiker der letzten Jahre, sowie aktuelles Material gänzlich neu. Das einkleiden in ein frisches Gewand, soll sich im Verlauf des Abends noch als erfolgreich herausstellen. Zwei Synthesizer und ein Schlagzeug stehen auf der nebelverhangenen Bühne, im Hintergrund ein dreiteiliges Backdrop, auf welchem die drei Schicksalsschwestern, inklusive Bandlogo zu sehen sind. Mit etwas Verspätung betreten Drummer Markus Adamer und Keyboarder Martin Parzer die Szenerie, unter großem Beifall wenig später auch Frontfrau Sonja Kraushofer, mit ausgefallenem Kopfschmuck und im schwarzen Kleid. Und so gleich erstrahlt der Opener "Tiefster Winter" dann mit pochendem Sound in neuem Glanz. Wenige Minuten später stürmt dann auch Thomas Rainer die Bühne und wird ebenso herzlich vom Publikum empfangen. Als zweiter Titel fungiert dann das Duett "Phönix", vom 2006er Album "Auf Deinen Schwingen", mit "Drown Them" bringt die Band dann topaktuelles Material zu Gehör. Gerade hier ist der verstärkte Fokus auf elektronische Sounds klar herauszuhören und beeindruckt mit einem hohen Maß an Eingängigkeit. Und aufeinmal scheint die anfängliche Skepsis so mancher Besucher, gänzlich verschwunden zu sein. Die neue musikalische Ausrichtung steht den Liedern gut zu Gesicht, macht diese tanzbarer als zuvor und die Neuentdeckung lieb gewonnener Songs wieder spannend. Und eben diese Tanzbarkeit, explizit von "Drahtseilakt", beweist diese Ausnahmeband kurz darauf mit "Eye Of The Storm" erneut. Hier fungiert Rainer ganz allein als Sänger, wirbelt wie ein Derwisch über die Bretter und hechtet von der einen zur anderen Seite. Energie pur, ebenso bei "Fallen Angel". Ein weiterer Meilenstein im Set steht nun mit "Bitterkeit" an, theatralisch mit passender Mimik und Gestik von Kraushofer dargeboten. Die Dramaturgie der einzelnen Stücke wird perfekt in Szene gesetzt, nicht zuletzt durch das gelungene Wechselspiel zwischen den beiden Hauptakteuren. Bewährtes wie das klagende "Es Tut Mir Leid", "Komm Zu Mir" oder das tragende, epochale "Life Will Never Be The Same Again", reiht sich nahtlos und Schlag auf Schlag ins Konzept ein. Der Abschluss wird dann durch eine ganze Riege an Klassikern gesetzt, "Stumme Schreie" oder das von vielen Fans sehnlichst erwartete "5 Jahre", werden angestimmt und beweisen, dass auch sie bestens mit der neuen Instrumentierung harmonieren. Das dramatisch-schöne "Requiem" bildet den Schlusspunkt und danach sind sich wohl alle einig: "L’Âme Immortelle" sind zurück. Aktueller und noch stärker als zuvor. Bleibt zu hoffen, dass die nächste Auszeit der Band nicht allzu lange andauern wird.
Mainstage, 19.45 Uhr - Mono Inc.:
Es ist Zeit für den Co-Headliner des letzten Festival-Tages. Diesen Part übernehmen die Hamburger Dark Rocker von "Mono Inc.". Im Jahre 2000 gegründet, konnten diese einen rapiden Erfolgsanstieg und einen sich stetig erhöhenden Bekannt- und Beliebtheitsgrad, in und über die schwarze Szene hinaus, verzeichnen. Nach mehreren Club-Hits und Erfolgsalben, welche allesamt an die Spitze charteten und ihrem neuen, jüngst veröffentlichten Werk "Terlingua" im Gepäck, gehören die vier Musiker mittlerweile zu einer festen Institution im Line-Up größerer Festivals. Von vielen Fans und Besuchern sehnlichst erwünscht, kommt die sympathische Formation aus dem hohen Norden, auch um das letzte Blackfield Festival nicht herum und bespielt die Mainstage an diesem Abend dort nur allzu gerne. Die Bühne erstrahlt in matten Blautönen, dichte Nebelwolken ziehen zum mystischen Intro auf. Unter lautem Applaus nimmt Schlagzeugerin Lady Katha Mia hinter ihrem Instrument auf einem hohen Podest Platz, Bassist Manuel Antoni, sowie Gitarrist Carl Fornia folgen. Mit einem mächtigen Pyro-Rundumschlag und dem Brecher "Arabia", wird das Set gebührend eröffnet. Als letztes betritt Frontmann und Sänger Martin Engler in langem, schwarzen Mantel die Bühne, die Stimmung ist schon nach wenigen Minuten auf ihrem Höhepunkt, doch ist es ein leichtes für die Monos, diesen Zustand noch um einiges zu steigern. Grelle, heiße Feuersalven läuten "Symphony Of Pain" ein, bevor mit dem traurig-schönen "Gothic Queen" ein bewährter Klassiker schon verhältnismäßig früh im Set auftaucht. Als nächstes bescheren "Mono Inc" den Festival-Gästen mit "Never-Ending Love Song", einen frischen Neuzugang vom neuesten Album im Live-Gewand. Zu stimmiger Licht-Show präsentieren die Musiker diesen in passenden Western-Outfits, "Get Some Sleep" schließt sich an und aufeinmal gibt es im Innenraum, sowie auf den Rängen kein Halten mehr. So ziemlich alle Besucher sind nun aufgestanden und machen mit, das Amphitheater Gelsenkirchen im absoluten Rausch-Zustand. Was für ein Anblick! Die Benefiz-Hymne "Heile Heile Segen" vom letzten Album "Nimmermehr" wird ebenso von der Masse abgefeiert, wie der Liebling "Revenge", mit Mitsing-Einlage, vom Album "Viva Hades". Mit "It Never Rains", zelebrieren die Goth-Rocker dann erneut eine komplett neue Nummer, welche großen Anklang findet. "Kein Weg Zu Weit" feierte vor einigen Jahren, auf dem Blackfield Festival 2012, mit Duett-Partner Joachim Witt, erfolgreich Premiere. An diesem Abend muss der Song dann ohne diese Legende deutscher Musik auskommen, das Publikum lässt mit kräftigen Chören aber keinen einzigen Zweifel daran, dass auch dieser Song seinen berechtigten Platz auf der Setlist hat und immer wieder gern gehört ist. Danach verlassen "Mono Inc" zum ersten Mal die Bühne, während einige Umbauarbeiten am vorderen Rand im Gange sind. Zu synthetischen, verzerrten Tönen, begibt sich Katha Mia nach vorn und beginnt auf einer Tonne ihr bekanntes Drum-Solo zu spielen. Das Publikum immer weiter zu rhythmischen Klatsch-Einlagen anheizend, wird ihr Spiel schneller, bis Sänger Martin auf ihrem Podest im Hintergrund erscheint und sich zu einem Duell an ihr Schlagzeug begibt. Auch Carl Fornia und Manuel Antoni positionieren sich nun an den Seiten, um an zwei weiteren Klangkörpern mit einzustimmen. Während die Elektronik aus dem Off immer energetischer wird und an Fahrt gewinnt, spielen sich die vier Musiker trommelnd in Ekstase, das Amphitheater restlos begeistert. Im nahtlosen Anschluss erklingt "After The War", ein weiteres Mal untermalt von heißen Pyros. Ohne Umschweife stimmt man danach den Evergreen "Voices Of Doom" an, zu welchem nun wirklich alle mitsingen. Ein Jeder steht, tanzt und singt nun zu dieser Szene-Hymne mit, in dieser außergewöhnlichen Location. Zwischen all der Euphorie und Freude, blitzen spätestens zum jetzigen Zeitpunkt, immer mehr Trauer und Abschiedsstimmungen auf. Vielleicht ging es noch mehreren Besuchern so, vielleicht haben viele das Wissen darüber, dass dies die letzten Tage sind, einfach so lange verdrängt und weggeschoben, bis die Konfrontation unvermeidlich ist. Wo man auch hinschaut, die Gäste liegen sich in den Armen, feiern und trauern nun gleichermaßen zusammen, ein denkwürdiger, emotionaler Höhepunkt an diesem Wochenende. Doch anstatt ihr Set mit diesem Über-Hit nun zu beschließen, kehren "Mono Inc." ein weiteres Mal zurück. Vor laufender Kamera, für eine neue Folge "Mono Inc. Tv", hält Engler eine Dankesrede im Namen aller Anwesenden für die Veranstalter, anschließend mehrmals mit lautstarken "Danke!"-Zurufen des gesamten Zuschauerraums quittiert. Passend zum traurigen Umstand, das alles im Leben einmal endet, stimmt die Band als letzten Song noch ihre neue Single "Tag X" an. Das Blackfield bildet ein riesiges, schwarzes Meer aus Armen, wogt im Takt des melancholischen Refrains. Martin Engler hält nun eine riesige Fahne mit Band-Logo in seinen Händen, stellt sich am vorderen Bühnenrand auf und schwenkt diese, bevor die Show mit einem weiteren, lauten Knall endet. Ein unglaublich emotionaler und zurecht umjubelter Auftritt, zu einem ganz besonderen, wenn auch traurigen Anlass.
Mainstage, 21.25 Uhr - Project Pitchfork:
In gespannter Stille wartet nun das gesamte Amphitheater auf den Headliner des heutigen Abends, welcher auch gleichzeitig als Closer für dieses Festival agieren wird. Treue Fans sammeln sich im Innenraum, es wird voll. Und auch auf den Rängen erheben sich nun nahezu alle Besucher interessiert, um gemeinsam mit der nun folgenden Band endgültig Abschied zu feiern. Drei riesige Backdrops, mit rotfarbigen, kryptischen Symbolen markieren den Hintergrund. Davor ein imposantes Podest, mit drei Schlagzeugen darauf und beeindruckender LED-Wand davor. Am vorderen Bühnenrand sind Keyboards und eine Halterung für das Mikrofon zu erkennen. Alles wartet auf ein absolutes Urgestein der schwarzen Szene, die Hamburger Synth-Rocker "Project Pitchfork". Es ist allmählich dunkel geworden und das rege Treiben der Techniker auf der Bühne, als auch der Soundcheck haben ein Ende gefunden. Das Geschwader um Mastermind und Frontmann Peter Spilles hat sich bereit gemacht und betritt nun nacheinander die Bretter. Die Live-Drummer Nook, Achim Färber und Christian Leonhardt nehmen auf der Erhöhung Platz. Auch Jürgen Jansen positioniert sich am Synthesizer, Gründungsmitglied Dirk Scheuber erscheint bald darauf ebenso. Überraschend eröffnet die seit 1989 bestehende Electro Wave-Formation ihr Set mit dem bekannten "Timekiller", welches seinerzeit hohe Charterfolge weit über die Szene hinaus erzielen konnte und bis heute zu den größten Hits der Band gehört. Die Bühne erstrahlt in grellem Violett und pünktlich zur Anstimmung des Songs, betritt auch Spilles unter Applaus die Bühne. Energetisch und gut gelaunt, gibt er diesen Klassiker zum Besten, die Feierlaune ist allgegenwärtig und schon jetzt vorprogrammiert. Direkt im Anschluss löst eine überarbeitete Version von "Alpha Omega" den Opener ab, das treibende Rhythmus-Monster "Beholder" schließt sich mit kräftigem Drumming direkt an. Mit "Blood-Stained (Give Me Your Body)", gibt es dann zu passender, blutroter Bühnenausleuchtung, brandneues Material zu hören. Unter stroboskopischem Gewitter tanzt die Masse sodann auch zu "En Garde!" und dem rasanten "Steelrose", vom Album "Eon:Eon". Etwas ruhiger wird es dann mit dem bizarr-schönen "Acid Ocean" und auch das einprägsame "Rain", vom Vorgänger-Album "Black", hält die Stimmung leicht beschwingt. "Blood-Loss (Sometimes)" kennzeichnet dann mit abermals neuem Liedgut, erneut die aktuelle "Blood"-Ära, direkt danach driftet man mit "Carnival", "Carrion" und "Souls" erneut in die Sphären vergangener Zeiten ab und gibt der Masse etabliertes Material in neu bearbeitetem Gewand zu hören. Auch das krachige "God Wrote" schlägt zusammen mit "Conjure" in die gleiche Kerbe, ehe es mit rarem Material der Marke "I Am (A Thought In Slowmotion)" hypnotisch und vertrackt weitergeht. Mit "Existence v4.1" vom 2001er Erfolgsalbum "Daimonion", neigt sich das Set impulsiv zum Ende, doch haben "Project Pitchfork" trotz vorangeschrittener Uhrzeit noch einige Überraschungen aus ihrem reichhaltigen Repertoire darzubieten. Gerade in nahezu völliger Dunkelheit, entfaltet die ausgeklügelte Lightshow nun ihre wahre Pracht, Scheinwerfer ziehen durchs Publikum, Strobos blitzen wild auf und die LED-Wand im Hintergrund untermalt die Songs mit passender Stimmung. Gerade der zusätzliche, beeindruckende Einsatz der Live-Schlagzeuger, kommt den teils stark umgearbeiteten Nummern enorm zugute. Das Drumming ist kräftig, treibend und verleiht den, im Grundsatz eher elektronisch gehaltenen Songs, eine besondere Crossover-Note. Somit schlägt "K.N.K.A." stimmungsmäßig beim Publikum ein und auch "Rescue" fährt dann ebenfalls nochmal schwere Geschütze in Sachen Tempo auf. Geschlossen wird das Set dann mit dem letzten Song des neuen Albums. Zu "Blood Thirst" wird es noch einmal besonders hart, tanzbar und elektronisch. Dieser Ohrwurm verlangt Gelsenkirchen zum Abschluss dann alle restliche Energie ab, egal wohin man jetzt sieht, Begeisterung und Bewegung dominieren das Bild. Nach der Vollendung des Songs, erheben sich die Musiker von ihren Positionen und gehen gemeinsam nach vorn zum Bühnenrand, verbeugen sich. "Project Pitchfork" haben im Amphitheater wortwörtlich zum letzten Tanz geladen, das Blackfield ist dieser Einladung nur allzu gern gefolgt. Zum letzten Mal. Die Band geht einige Schritte zurück, tritt in den Hintergrund.
Das Licht geht an. Die Blackfield Festival-Crew betritt nun unter großem Applaus die Bühne, inmitten des Amphitheaters. Die Jubelstürme werden immer lauter. Eine kleinde Abschiedsrede wird gehalten und auch die drei Veranstalter werden vorgestellt, ihnen gilt der Dank aller. Sie treten nach vorn und werden prompt für das, was sie erschaffen und über all die Jahre ermöglicht haben, von allen Gästen herzlich beklatscht. Die Crew richtet ihr Wort an das treue Festival-Publikum und bedankt sich bei allen. Nun ist es wieder da, dieses Gefühl des Abschieds. Lag es durch einzelne Gedankengänge und Gespräche erst leicht, dann immer schwerer in der Luft. So ist es jetzt völlig präsent und stärker denn je. Gerade noch genoß man in alter Manier den Headliner, zwar etwas betrübt über das Ende dieses besonderen Wochenendes, doch mit dem guten Gefühl, im nächsten Jahr alle wiedersehen zu können. Zur gleichen Zeit, am gleichen Ort. Ich realisiere, dass es nie wieder so sein wird, spätestens jetzt. Und viele andere mit mir. An diesem Wochenende war die ganze Emotionspalette vertreten. Von Euphorie, Freude und Leichtigkeit, über Bedrücktheit, bishin zur Trauer. Zwischen all den positiven Erlebnissen, den Tänzen, den Gesprächen, dem Applaus und natürlich der Musik, bleibt dennoch etwas Platz dafür. Und das ist auch richtig und gut so. Auf diese Weise merkt man, dass etwas wichtiges und bedeutendes fehlt. Schon jetzt, einige wenige Tage danach. Als ich über den Parkplatz gehe, drehe ich mich noch einmal um, blicke zurück. Und denke an all das, was ich in all den Jahren an diesem Ort erleben durfte. In meiner Erinnerung wird es bleiben. Ich blicke auf die Uhr, es ist spät geworden. Der Bus müsste jede Minute kommen und die Fahrgäste Richtung Hauptbahnhof transportieren. Ich wende mich ab und begebe mich zur Haltestelle. Zur selben Zeit, am selben Ort. Zum letzten Mal...