Blackfield Festival - Tag II - Amphitheater, Gelsenkirchen - 13.06.2015
Veranstaltungsort:
Stadt: Gelsenkirchen, Deutschland
Location: Amphitheater Nordsternpark Kapazität: ca. 6.000
Stehplätze: Ja Sitzplätze: Ja Homepage: http://www.blackfield-festival.de
Samstag, 13.06.2015 - Blackfield Festival Tag 2:
Ich wache auf und bin über alle Maßen müde. Der Kopf schmerzt und die Knochen ebenso. Ich war am Abend zuvor erst sehr spät zu Hause und als ich angekommen war, ließ ich den ersten Festival-Tag noch einige Zeit gedanklich Revue passieren, anstatt mich umgehend ins Bett zu legen und mich auszuruhen. Ich quäle mich langsam aus meiner Bastion aus Decke und Kissen und beginne mich langsam aber sicher fertig zu machen. Offenbar habe ich viel zu wenig Schlaf bekommen oder ich bin es nach über einem Jahr Festival-Abstinenz nicht mehr wirklich gewohnt, an langen, warmen Sommertagen stundenlang vor großen Bühnen zu stehen. Während ich mir meinen ersten Kaffee mache, schwindet auch allmählich die schwere Müdigkeit. Nachdem ich mich in (schwarze) Schale geworfen habe, setze ich mich in den Bus Richtung Wanne-Eickel Hauptbahnhof, um von dort aus abermals an diesem Wochenende nach Gelsenkirchen zu gelangen. Und ehe ich mich versehe, stehe ich wieder an der Haltestellen-Insel und warte auf den Bus. Dieses Mal erlege ich mir selbst höchste Konzentration auf, um nicht wieder weit im Voraus aussteigen und den halben Weg zum Amphitheater bei diesen Temperaturen laufen zu müssen. Und die Konzentration macht sich bezahlt: Ich steige tatsächlich nicht zu früh, sondern direkt am Krokuswinkel aus und begebe mich zusammen mit vielen anderen Schwarzgewandeten von der Haltestelle aus über den Parkplatz, bis zum Ort des Geschehens. Der Soundcheck scheint erneut in vollem Gange zu sein, dennoch ist es noch, genau wie einen Tag zuvor, recht ruhig vor und auf dem Gelände. Die Sonnenstrahlen scheinen bereits jetzt durch die wenigen Wolken vom Himmel herab und sorgen für das Gefühl sich schon jetzt das erste kühle Getränk gönnen zu wollen. Gesagt, getan. Da es wie erwähnt noch relativ entspannt im Theater zugeht, haben die bereits erschienenen Gäste noch die freie Platzauswahl. Ich suche mir ein Fleckchen auf einer der obersten Stufen und warte auf den Beginn.
Mainstage, 11.00 Uhr - X-Divide:
Und diesen Beginn machen heute die Synthie-Popper "X-Divide" aus Nordrhein-Westfalen, Köln. Das Duo Eric Schmaler (Gesang) und Jens Domgörgen (Keyboard, Background-Gesang) kann bereits eine Promo-EP, als auch ein Studio-Debüt, mit Namen "X" vorweisen. Ist die Band einigen der Anwesenden durch ihre zahlreichen Support-Aktivitäten für Bands wie "AND ONE" bereits ein Begriff und Keyboarder Jens der Blackfield-Gemeinde sonst als Moderator des Festivals bekannt, so präsentiert dieser heute zusammen mit seinem Kollegen lupenreinen, elektronischen Pop mit absoluter Ohrwurmgarantie. Der Fokus des Sets liegt klar auf ihrem 2010er Werk, mit tanzflächentauglichen Hits wie "My Love Is..." oder "Forever". Der Sound ist äußerst rhythmisch und einprägsam, erinnert mitunter an die goldenen Zeiten des Snythie-Pops. Die Stimme von Sänger Eric verleiht der Musik der Kölner den melancholischen, warmen Touch, die Performance ist professionell und sicher. Nahezu jeder Song zündet und bringt schon zu früher Stunde einiges an begeisterter Bewegung in die ersten Reihen. Ein Projekt, welches man gern immer wieder hört und vor allem live sieht. Ein Nachfolge-Album wäre wünschenswert, denn den Job des Openers erfüllten die beiden Musiker mehr als gut!
Mainstage, 11.45 Uhr - Frank The Baptist:
Die US-Amerikaner "Frank The Baptist" führen dann, mit ihrer eigenständigen Mischung aus Indie, Punk und Rock, weiter durch den Festival-Tag. Um das Jahr 1990 herum gegründet und mit einigen Wechseln im Band-Kader, können die Kalifornier und Frontmann Frank Vollmann bereits zwei EPs, sowie vier Alben vorweisen. Nach einer längeren Schaffenspause von rund acht Jahren, legten sie 2015 mit "As The Camp Burns" gebührend nach. Teilten sie in der Vergangenheit schon mit Genre-Größen wie "In Extremo" oder "Clan Of Xymox" die Bühnen dieser Welt, so stehen sie dieses Mal auf dem Blackfield. Und diese Aufgabe meistern sie, wie alte Hasen im Geschäft, mit viel Bravour und einer souveränen Show und allen voran ganz viel Spaß an der Sache. Gitarrist Ralf Hünefeld, Bassist Ilija Gavrilenko und Drummer Slady, sind sich aufgrund reichhaltiger Erfahrung ihres Tuns sicher, die Spielweise ist dynamisch, sauber und stimmig und steht im Einklang mit Songs, die schnell ins Ohr gehen. "Diogenese Travels", "Hold Fast" oder "Ashes Ashes" kommen bestens an, ebenso älteres Material aus der Frühphase. Eine Band, welche so einiges hinter sich hat und dennoch nichts an ihrer markanten Kreativität eingebüßt und ihr virtuoses Schaffen, sowohl live, als auch im Studio, stets ausgebaut hat. Man hofft stark, diese Ausnahmeband bald auf einem der weiteren, zahlreichen Festivals und auf eigener Headliner-Tour wiedersehen zu können.
Mainstage, 12.35 Uhr - She Past Away:
Dunkle Sound-Gebilde und tiefgründige Lyrics, stehen auch bei der nächsten Band im Programm an. Die türkische Band "She Past Away", um das Kreativ-Duo Doruk Öztürkcan und Volkan Caner, wird von Kritikern hoch gelobt und als die "neue Dark Wave" propagiert. Ganz im Stil der 80er Jahre, ähnelt der Sound wahren Musik-Legenden wie "The Sisters Of Mercy" oder "The Cure". Mit neuartigen Elementen, frischem Ansatz der Gegenwart und Texten in ihrer Muttersprache, bringt diese außergewöhnliche Band ihr Programm heute aufs Blackfield. Viele der Anwesenden, dürften die Musiker noch vom Amphi Festival kennen, alle anderen lernen diesen interessanten Vertreter heute kennen. Das Set besteht aus Nummern der beiden Veröffentlichungen "Belirdi Gece" (2012) und "Narin Yalnızlık" (2015), sowie Material der EP "„Kasvetli Kutlama“. Und dieses zündet bei vielen schon sofort, wer nicht vor der Bühne steht und in Bewegung ist, sondern auf den Rängen Platz genommen hat, hört zumindest gespannt hin. Die beiden Titel-Tracks finden großen Anklang, ebenso "Rituel" oder "Soluk". Zu leichter Elektronik gesellen sich rauchige Gitarren-Wände, treibende Drum-Rhythmen und gelungener Gesang. "She Past Away" bringen den Sound längst vergangener, doch nicht vergessener Zeiten zurück und punkten damit. Zurecht. Ein spannendes Projekt, von dem so mancher hier wohl gern mehr gesehen und vor allem gehört hätte.
Mainstage, 13.25 Uhr - .com/kill:
Als nächstes folgt das Geheim-Projekt einer Band, von welchem auch heute noch die wenigsten genaueres über die Hintergründe wissen und welches sich ohne weiteres als heißer Insider-Tipp verstehen darf. Seit 1996 arbeitet man hinter den Kulissen der erfolgreichen "Diary Of Dreams" an einem Nebenprojekt: ".com/kill". Die Auftritte der beiden Kreativköpfe Adrian Hates und Gaun:A sind bisher rar gesät, ebenso verhält es sich mit der bisherigen Diskografie, welche mit nur einem einzigen Album aus dem Jahre 2013 aufwarten kann. Die Zeit abseits der wichtigen Hauptband scheint bisher knapp gewesen zu sein, unterscheiden sich Musik und Performance doch erheblich vom sonstigen Schaffen des Duos. Knallende Rhythmen, stampfende Elektronik und aggressiver Gesang versprühen ungewohnte Härte und Düsternis. Kommt das gesamte Klangbild der Hauptband eher rockig-melodiös daher, so offenbaren die beiden Musiker hier nun eine ganz andere Seite. Morbide, laut und exzessiv entfalten sich die Tanzflächen-tauglichen Nummern, zwischen Synthie-Pop und sperrigem EBM. Genügend Fans scheinen die beiden dennoch anzuziehen, weswegen der Raum vor der Bühne bereits gut gefüllt ist, sich im Takt des Dargebotenen bewegt und die Show mit Tänzen zu Songs wie "Monster Divine" gebührend quittiert. Anschließend wünschen sich viele der Anwesenden zurecht ein neues, zweites Album und somit neuen Stoff für künftige Club-Besuche und Konzerte. Wünschenswert wäre es allemal.
Mainstage, 14.30 Uhr - SONO:
Eine extravagante Mixtur aus Pop und Elektronik erwartet die Festival-Besucher nun mit "SONO", aus Hamburg. Im Jahr 2001 gegründet, überzeugen die Musiker Lennart Salomon (Gesang, Gitarre), Florian Sikorski (Keyboard) und Martin Weiland (Keyboard) seit jeher mit ihrer ganz eigenen Art. Mehrere Alben und Singles, welche ihre Wege auf die Tanzflächen vieler Szene-Clubs fanden und bis heute aus einigen DJ-Sets nicht mehr wegzudenken sind, sicherten diesen Ausnahmekünstlern einen hohen Bekanntheitsgrad und Chart-Platzierungen. Ihr Sound irgendwo zwischen Techno, Synthie-Pop und House birgt klares Hit-Potential und lässt viele der Besucher schon nach wenigen Minuten tanzen. Zu eingängien Nummern wie "Keep Control", "Supersonic" und Songs ihrer letzten Veröffentlichung "Plus" von 2009, wird das Amphitheater von ungeahnter Leichtigkeit erfüllt. Salomons Gesang schmeichelt sich in die Ohren, klingt weich und zart in Kombination mit den ohrwurmigen Ton-Abfolgen. Der Auftritt macht allen Beteiligten auf und vor der Bühne Spaß, "SONO" glänzen mit lupenreiner Performance und können sich sicher sein, sich zu einer festen Szene-Beliebtheit etabliert zu haben. Vielleicht geht der Weg der Hamburger auch schon mit ihrerm nächsten Album weit darüber hinaus? Zu wünschen wäre den umtriebigen Musikern der Erfolg, lässt sich eine hohe Kompatibilität über die schwarzen Mauern hinaus nicht leugnen. Ein wunderbarer, erfrischender Auftritt, mit ganz viel Energie und Herzblut.
Mainstage, 15.40 Uhr - Solar Fake:
Elektronische Musik scheint am heutigen Tag hoch im Kurs des ausgewählten Line-Ups und auch beim Publikum zu stehen. Ein weiterer Hochkaräter der Szene steht an und wir mit Freude erwartet. Durch die beiden Bands "Zeraphine" und "Dreadful Shadows" bekannt, schrieb der viel beschäftigte Fronter Sven Friedrich, einige elektronisch angehauchte Lieder, für welche es eine passende Veröffentlichungs-Plattform zu finden galt. Daraufhin wurde "Solar Fake" gegründet. Eine EP, drei Alben sowie große Erfolge innerhalb der schwarzen Gemeinde waren Friedrich daraufhin sicher, viele Konzerte und große Festivals folgten. Auch an diesem Nachmittag ist es wieder soweit und er steht gemeinsam mit Keyboarder André Feller auf dem Blackfield Festival. Die Musik ist ohrwurmig, oft verspielt und poppig, Präsentation und Show werden dem großen Namen, als auch den hohen Erwartungen mehr als gerecht. Professionell, energetisch und kraftvoll wie eh und je präsentiert das Gespann neuere Songs wie "I Hate You More Than My Life" und "My Spaces", vom 2013er Album "Reasons To Kill", als auch altbewährtes der Marke "More Than This". Das "Linkin Park"-Cover "One Step Closer" weiß ebenso zu gefallen, wie der Rest des stimmigen Konzepts. Sven Friedrich fühlt sich wie immer sichtlich wohl auf der Bühne und genießt den Moment. Das merken auch seine zahlreichen Anhänger und geben dieses hohe Maß an Spielfreude nur allzu gern in Form befeuernden Beifalls immer wieder zurück. Musik einer Band, welche immer wieder gern gesehen ist.
Mainstage, 16.55 Uhr - Unzucht:
Später Nachmittag. Zeit für dein dunkles, schwermetallisches Gewitter. Und wer könnte sich für ein solches wohl besser eignen, als die Hannoveraner von "Unzucht"? "Niemand!" würde wohl die einstimmige Antwort lauten, denn nun ist es abermals voll geworden, im Innenraum vor der Bühne. Unzählige Besucher in unzüchtigem Band-Merch, warten gespannt und sehnsüchtig auf die Dark Rocker. Und schon erklingt das Intro, zu welchem sich Toby Fuhrmann (Schlagzeug), Alex Blaschke (Bass) und Daniel De Clercq (Gitarre) auf ihre Position begeben. Wenig später stürmt auch Sänger Daniel Schulz zum Song "Der Untergang" dazu, es folgen das gefeierte "Deine Zeit Läuft Ab" und "Seelenblind", vom neuen Album "Venus Luzifer". Der Innenraum feiert, die ausgelassene Stimmung zieht bis in die oberen Ränge hinauf und steckt so einige Gäste an. Auch "Schwarzes Blut" und "Der Letzte Tanz" tragen dazu erheblich bei, hart und schnell wird es dann bei "Unendlich", welches gesanglich zwischen De Clercq und dem Schulz aufgeteilt wird und somit eine perfekte Gradwanderung zwischen melodischer Dramaturgie und Brachialität ergibt. Emotionaler Höhepunkt der Show ist dann das balladeske "Nur die Ewigkeit", schwenkende Arme im Publikum und das ganz große Gefühl inklusive. Deutlich temporeicher ist dann die Band-Hymne "Unzucht" und der elektrolastige Gassenhauer "Kleine Geile Nonne". Das beliebte "Engel der Vernichtung" schließt dann den Auftritt umjubelt ab. "Unzucht" haben über die letzten Jahre einiges an Erfahrung, Sicherheit und Bekanntheit gewonnen, was sie auch beim Blackfield bestens unter Beweis stellen. Eine Band welche durch Spielfreude, Sympathie, Experimentierfreude, Einzigartigkeit und Können jedes Mal voll überzeugen und sich ihren festen Platz in vielen Line-Ups der Szene absolut verdient haben.
Mainstage, 18.15 Uhr - Mesh:
Von vielen Freunden elektronischer Musiker sehnlichst erwartet, sind die Synth-Popper "Mesh", aus dem englischen Bristol. Und als Sean Suleman (Schlagzeug), Richard Broadhead (Keyboard), Richard Silverthorn (Keyboard) und Sänger Mark Hockings die Blackfield-Bühne betreten, ist dies auch lautstark zu bemerken. Viele der Besucher auf den Rängen erheben sich, um gemeinsam mit den Fans im Innenraum und der Band eine ausgelassene und vor allem einzigartige Party zu feiern, hat Keyboarder Richard doch an diesem Tag seinen 30. Geburtstag. "Flawless", "You Didn't Want Me" und der melodiöse Dancefloor-Filler "Adjust Your Set" machen den Anfang. Weitere bewährte Hits aus dem umfassenden Back-Katalog der Engländer wie "It Scares Me" oder "Crash", sorgen weiterhin für große Wellen der Begeisterung. Die 1991 gegründete Kombo versteht es gekonnt, ihre synthetischen Studio-Tracks mit ogranischem Sound ins Live-Gewand zu kleiden und umzusetzen. Die zusätzlichen Musiker-Kollegen auf der Bühne, tun ihr Übriges dafür und lassen nicht selten leichte Rock-Avancen im Synth-Gewebe aufblitzen. Hockings warme Stimme schmeichelt sich zusammen mit dem entspannt-poppigen, doch wie immer anspruchsvollen Sound in die Gehörgänge der Gäste. Mächtige Nummern wie "Just Leave Us Alone" treiben weiter voran, "Taken For Granted" beendet diesen besonderen Auftritt abschließend gebührend.
Mainstage, 19.45 Uhr - Deine Lakaien:
Es ist soweit und der Co-Headliner des heutigen Tages steht an. Mit "Deine Lakaien" konnte eine hochkarätige Band und ein absolutes Szene-Urgestein für das Line-Up gewonnen werden. Eine Band, welche zum ersten und gleichsam auch letzten Mal auf der Bühne des Blackfield Festivals stehen wird. Unter gespanntem Applaus nehmen die Live-Musiker Slobodan Kajkut (Schlagzeug) und Goran Trajkoski (Gitarre), als auch Gründungsmitglied Ernst Horn auf den Podesten an ihren Instrumenten Platz. Die Bühne erstahlt in kühlem, blauen Licht und Nebel wabert über ebendiese, als die ersten Takte des bekannten Klassikers "Colour-Ize" erklingen und Sänger Alexander Veljanov sich mit langsamen Schritten, die ersten Zeilen intonierend, nähert. Die markante Stimme des Frontmanns dominiert wie in vielen Lakaien-Songs und legt sich sanft, doch eindringlich über den beruhigenden Klangteppich, ehe der Titel mit erheblichem Drum-Einsatz einiges an Fahrt aufnimmt. Schon an zweiter Stelle befindet sich ein weiterer Evergreen, das experimentelle "Reincarnation", welcher in einem neuen Sound-Gewand erstrahlt und schon nach wenigen Sekunden mitzureißen vermag. Das kraftvolle "Fighting The Green", sowie der emotionale Über-Song "Over And Done", danach wird es etwas ruhiger mit "Where You Are", welches melancholische Stimmung im Zuschauerraum verbreitet. Auch die neueren Stücke ihrer akutellen Veröffentlichung "Crystal Palace", werden perfekt ins Set integriert und reihen sich somit nahtlos in die Liste der gefeierten Lieder der Vergangenheit wie "Gone" und "Return" mit ein. Mit "Overpaid" vom Erfolgsalbum "Kasmodiah" kommt dann wieder ordentlich Bewegung ins Publikum, in Form ekstatischer Tänze einiger Fans. Auch Single-Auskopplung und Club-Hit "Farewell" und das verspielte "Crystal Palace" vom gleichnamigen Album dürfen nicht fehlen. Die Performance ist wie immer eher schlicht und ohne große Spielereien, Ansagen oder Effekthascherei gehalten. Alexander schreitet im dunklen Anzug mit Sonnenbrille über die Bretter, von einer Seite zur anderen, die Band konzentriert sich ganz auf ihre Instrumente im perfekten, professionellen Zusammenspiel. Höchst dramatisch wird es dann zum Finale mit dem ergreifenden "Love Me To The End", bevor Herr Veljanov sich zum Abschied für die "offenen Ohren und Herzen" aller Gäste bedankt und mit den anderen Musikern die Bühne verlässt. Wie immer ein emotionaler, besonderer Auftritt dieser Ausnahme-Band und Pioniere.
Mainstage, 21.25 Uhr - Eisbrecher:
Es ist später Abend geworden und so langsam dämmert es, am Himmel über Gelsenkirchen. Und es ist Zeit für den heutigen Headliner, welcher trotz Sommer-Temperaturen eiskalte Unterhaltung verspricht. Die Band "Eisbrecher" ist auf vielen Großveranstaltungen der Szene ein gern gesehener und beliebter Gast, so auch auf dem diesjährigen Blackfield Festival. Den ganzen Tag über sind schon Besucher in jeweiligen Band-Shirts, Uniformen und mit Schiffchen auf dem Haupt zu sehen, die Vorfreude auf einen der größten und beliebtesten Vertreter der NDH, ist omnipräsent. Die Bühne zieren etliche Käfige, Gitter und Rohre, aus welchen immer wieder Nebel aufsteigt. Ein alter Maschinenraum erwacht inmitten des Amphitheaters zum Leben, als Schlagzeuger Achim Färber die Lampen andreht und die Stufen zu seinem erhöhten Instrument empor steigt. Wenige Sekunden später folgen Bassist Rupert Keplinger, sowie die beiden Gitarristen Jürgen Plangger und Noel Pix und positionieren sich im grellen Scheinwerferlicht am Bühnenrand. Unter frenetischem Jubel betritt zuletzt auch Frontmann Alexander Wesselsky in Kapitänskluft den Ort des Geschehens und späht mit seinem Fernglas weit in die schwarze Menge. Ab jetzt heißt es mit dem Opener "Volle Kraft Voraus"! Das Publikum der gesamten Location geht von der ersten Minute an textsicher mit, auch beim nachfolgenden "So Oder So". Nach einer kurzen, gewohnt humorvollen Begrüßung des Sängers, präsentiert die Band mit "Antikörper" und "Willkommen im Nichts" vom Debüt-Album, gleich zwei Klassiker auf einen Schlag. Hart und schnell wird es dann mit "Fehler Machen Leute", vom neuen Album "SCHOCK", sowie der Single "1000 Narben", zu welcher die mal wieder exzellent ausgesteuerte Licht-Technik perfekt zum Tragen kommt. Nach kurzer Umbaupause, welche mit einem eigenem Intro im Nachrichten-Stil untermalt wird, folgt der Song "Amok", mit seiner obligatorischen Show-Einlage, zu welcher sich alle Musiker hinter Fässern aufstellen und rhythmisch auf diesen im Takt trommeln. Danach reihen sich das düstere "Leider" und "Prototyp" mit ein, bevor "Rot Wie Die Liebe" den Balladen-Teil im Set markiert und mit "Vergiss Mein Nicht" dieses vorerst beschlossen wird. Doch die Fans fordern natürlich schon wenige Sekunden später lautstark eine Zugabe, welche Wesselsky mit klassicher Jodel-Einlage, Pokemon-Rap und bayerischer Tracht einleitet: "This Is Deutsch". Zu tiefroter Beleuchtung marschieren die Musiker über die Bühne, während Pix seinen Solo-Part mit Synthesizer bekommt und riesige CO2-Kanonen ihre Ladungen in Fontänen-Form im Refrain Richtung Zeltdach verschießen. Gelsenkirchen ist begeistert und kennt kein Halten mehr. Auch nicht bei "Eiszeit", dem Titel-Track des gleichnamigen Albums, zu welchem sich die Band in Schneeschutz-Kleidung präsentiert und Kapitän Alexx das Publikum zum Takt-Klatschen mit seinen Eispickeln anleitet. Das gefeierte "Verrückt" und das sehnlichst erwartete "Miststück" folgen. Bei Letzterm lässt es sich der sympathische Frontmann wieder einmal nicht nehmen und bahnt sich seinen Weg weit in die Zuschauerreihen und auf die Emporen des altehrwürdigen Amphitheaters, um seine Fans auf Textsicherheit und Taktgefühl zu überprüfen. Danach verlässt die Band ein weiteres Mal die Bühne, doch anstatt das Konzert nun zu beenden, kehrt die Besatzung zurück, um das herzzerreißende "Schlachtbank" als Zugabe zu spielen und den Abend zu beschließen. Die einzelnen Bandmitglieder werden unter großem Applaus vorgestellt und werfen zur Verabschiedung Plüsch-Eisbären in die Reihen, bevor sie alle die Bretter ver- und ein glückliches Publikum zurücklassen. Und wieder einmal lässt sich sagen: "Eisbrecher" belegen zurecht einen der Headliner-Slots und verstehen es nahezu jeden Einzelnen zu begeistern und mit professioneller Spielweise, viel Selbstironie, grandioser Show, sowie alten und neuen Hits alle in ihren Bann zu ziehen. Mission erfolgreich beendet, Eis gebrochen!
Und somit endet auch der zweite Tag. Ich packe meine Sachen zusammen, begebe mich abermals aus dem Innenraum, über die großen Steinstufen nach oben. Mit mir unzählige, zufriedene Fans, welche alle begeistert durcheinander reden und das eben vergangene Konzert für sich Revue passieren lassen. Die Euphorie ist hier wieder allgegenwärtig, die Begeisterung am Erlebten ungebrochen. Höchste Glücksgefühle durch Musik. Eine besondere, intensive Magie, wie sie meist nur lange Festival-Abende im Sommer entfachen können. Es ist dunkel geworden und ich bahne mir einen Weg vom Gelände, über den Parkplatz. Ein junger Mann im schwarzen Shirt, hat ein Grablicht auf dem Boden auf dem angrenznden Parkplatz aufgestellt, ein anderer fährt mit seinem Fahrrad immerzu im Kreis drumherum. Ich beobachte die obskure Situation teils amüsiert, teils fragend, aber vor allem mit einem gut gelaunten Lächeln auf den Lippen. Der Bus Richtung Gelsenkirchen Hauptbahnhof ist schon angekommen und wartet auf seine Fahrgäste. Dort angekommen, nehme ich die nächste Bahn um wieder in die Heimat zu gelangen. Und langsam kommt es wieder über mich, dieses seltsame Gefühl. Das Gefühl, insgeheim zu wissen, dass morgen der letzte Tag sein wird. Doch erneut kann die nahende Bahn meine Gedanken vertreiben und so steige ich ein und verarbeite beschwingt die Erlebnisse des Tages. Der letzte Festival-Tag naht.