Mono Inc. - Terlingua (2015)
Genre: Rock / Alternative
Release: 22.05.2015
Label: Nocut (SPV)
Spielzeit: 53 Minuten
Pressetext:
Alles ist größer in Texas: die Weite der Landschaft, die Entfernung zur nächsten Stadt, das Steak auf dem Barbecue selbst der Raum für neue Gedanken scheint hier XXL-Format zu haben. So erlebte es jedenfalls "Mono Inc." als die Hamburger Band im März 2014 fünf Tage auf einer Ranch am Rio Grande verbracht hat. Und was ursprünglich als kleiner Urlaub nach dem ersten USA-Auftritt geplant war, führte zu etwas viel Größerem: Terlingua, dem 8. Album der erfolgreichen Band, an das Brancheninsider hohe Erwartungen knüpfen. Schließlich hat sich "Mono Inc." mit den Vorgängeralben After The War (TOP 6) und Nimmermehr (TOP 3) zu einem regelrechten Top-Ten-Garanten entwickelt. Terlingua erhielt seinen Namen von dem winzigen Ort in West-Texas, dessen tiefe Seele die 13 Songs des Albums hörbar beeinflusst hat. Astronomen schätzen die menschenleere Gegend wegen der rabenschwarzen Nächte, in denen Sterne am Himmel hervortreten, die woanders im künstlichen Licht der Welt untergehen. Diese Dunkelheit, Leere und Einsamkeit habe ich so noch nirgends erlebt. Dieser Ort zwingt einen geradezu, die Dinge anders wahrzunehmen und neu zu reflektieren , erinnert sich der vielgereiste Sänger Martin Engler. Die Magie von Terlingua ließ die vier Musiker nicht mehr los und ein halbes Jahr später kehrten sie auf ihre Ranch zurück, um dort ihr bisher persönlichstes Album zu produzieren.
Kritik:
"Hast du gelernt, hast du gesehen
Hast du verstanden, zu verstehen
Hast du geliebt, hast du gelebt
Wenn es heut' zu Ende geht"
Terlingua. Ein kleiner, unbewohnter Fleck in West-Texas. Eine Geisterstadt, wie man sie sonst nur aus Geschichten in Büchern und Filmen kennt. Auf dem in den Farben schwarz und gelb kontrastierten Albumcover, lehnt ein Mann in bester Western-Manier an einem Gatter mitten in der Einöde. Den Blick gesenkt, den Cowboy-Hut tief ins Gesicht gezogen. Es ist Martin Engler, Frontmann der Hamburger Band "Mono Inc." und eben beschriebenes Szenario keine Filmszene, sondern das Artwork zu deren neuem Album, wie oben betitelt, "Terlingua". Für mehrere Wochen zogen er und die anderen Bandmitglieder Carl Fornia, Manuel Antoni und Katha Mia sich auf eine Ranch mitten im Nichts zurück, um nach neuen Einflüssen zu suchen, sich von der einzigartigen Atmosphäre inspierieren zu lassen und an ihrem neuen Werk zu arbeiten. Und wie das neuartige Cover schon vermuten lässt, erwarten den Hörer hier so einige Änderungen im Gesamtpaket. Welche genau das sind und ob sich der Ausflug nach Texas lohnt, ist nun zu lesen.
Das Album beginnt mit dem stimmungsvollen Opener "Mondschein". Richtig gelesen. Wie auch schon auf dem Vorgänger "Nimmermehr" aus dem Jahr 2013, bleiben die Hamburger ihrer neu gewonnenen Linie dank Motivation seitens Altmeister Joachim Witt und trotz so mancher Kritik vonseiten der Fanbase treu und binden auch nun wieder deutschsprachige Lyrics ins Album-Konzept ein. Der frische Wind tut Band und Songs gleichermaßen gut, die Musik bricht stellenweise angenehm und frisch aus dem bekannten Korsett aus und besticht durch sanft eingebettete, neue Facetten, Themen und Ideen, wie "Terlingua" noch so manches Mal dem Hörer beweisen wird. Ungemein eingänig geht eben erwähnte Rock-Ballade nach vorne, erzählt von tiefen Gefühlen und dem schweren Umstand der Liebe zu einem seelisch kranken Menschen und entfaltet spätestens im Refrain ungemeines Ohrwurmpotenzial. Genauso anders und doch auf eine gewisse Art und Weise vertraut, kommt "Never-Ending Love Song" daher. Hier machen sich schon während der ersten Takte die eingangs besprochenen, neuen Klang-Elemente bemerkbar, western-lastig klingt die Gitarre und untersützt die einprägsame, leichtfüßig vorgetragene Melodie in Kombination mit Englers Gesang. Das, was ebenso neu und ungewohnt wirkte wie anno 2013 die deutschen Texte, sind jetzt komplett neue Einflüsse im gesamten Konzept. Eine dezente Weiterentwicklung, eine anders geartete Ausrichtung und ein Vordringen in völlig andere Bereiche. Alles ohne Wurzeln zu verleugnen oder den eigenen, markanten Sound zu sehr zu ändern. Bekanntere Töne werden hingegen im folgenden "Heiland" angeschlagen, welches melodiös-elektoronisch und mit schweren Gitarren untermalt wird. Die düster gehaltenen Strophen ergeben sich in einem ausladenen, traurig-schönen Refrain, welcher von Katha Mias Stimme perfekt umrahmt wird. Ein Lied von schmerzlicher, nicht erfüllter Liebe, welches ganz sicher seinen festen Platz auf der kommenden Tour im Live-Set finden wird.
"It Never Rains" führt ebenfalls in bekanntere Gefilde, allzu große Experimente bleiben aus. Zu klassisch vorgetragenen und vom Bass untermalten Strophen, gesellt sich dezent eingesetzte Elektronik, welche in einem kernigen Refrain münden und spätestens ab der zweiten Wiederholung zum Mitsingen einladen. Eine gelungene, lyrisch gut ausgearbeitet und nachdenklich stimmende Nummer, dessen Eindruck allerdings durch die nahezu zahllose Wiederholung des Refrains gegen Ende, sowie das etwas zu lang geratene Outro geschmälert wird. Ganz anders hingegen die neue Single "Tag X", zu welcher erst jüngst ein Musikvideo gedreht und veröffentlicht wurde. Unglaublich kraftvoll nach vorn preschende, gitarrenlastige Melodie mit motivierenden, aufbauenden Textzeilen und prägnantem Mitsing-Refrain. Eine neue Hymne im "Mono Inc."-Kosmos, erstklassig ergänzt durch den einfühlsamen Gesang von Martin Engler. Deutlich ruhiger, doch dafür nicht weniger lobenswert kommt "118" daher. Gezügelt und harmonisch, nahezu soundtrack-artig erzeugt die Band hier eine großartige und entspannte Atmosphäre durch deutlich limitiertere Instrumentierung und einer stärkeren Fokussierung auf den Gesangsparts von Martin und Katha Mia. Tempotechnisch wird mit Nummer Sieben "Die Noten Deines Lebens" wieder einiges an Fahrt aufgenommen. Am ehesten vergleichbar mit "Seligkeit" vom Vorgänger "Nimmermehr", brechen harte Gitarrenwände und ein ausdrucksstarker Refrain über den Hörer herein. Der thematisierte Neuanfang ist textlich, als auch musikalisch hervorragend umgesetzt, der treibende Sound rüttelt auf. Eine ähnliche Up-Tempo Nummer findet sich mit "Still", welches ebenfalls einen deutschen Text bietet und sich in die Gehörgänge setzt, wenn auch etwas weniger Härte als vorangegangene Nummer aufweist. Der Refrain wird abermals gelungen von Katha Mia unterstützt, während auch hier aus jeder einzlenen Zeile der Aufbruch spricht. Ein beachtenswertes Stück Musik, in welchem äußerst gelungen alte auf neue Tugenden treffen, Bewährtes auf Neues.
"An Klaren Tagen" geht dann für Verhältnisse der Hamburger Formation gänzlich neue Wege und behandelt lyrisch ein unbearbeitetes Gebiet im Backkatalog. Angelehnt an ein Ereignis aus Englers Privatleben, ein Umzug seiner Eltern in eine Senioren-Residenz und die Umstände, welcher ein neuer Lebensabschnitt dieser Art mit sich bringt, wird hier auf besonders ergreifende Art das Thema Demenz aufgegriffen. Sacht eingesetzte Elektronik, leicht zurückgefahrene Melodieeinführung mit Pop-Rock-Einschlägen und melancholische Zeilen, ergeben ein schwermütiges, doch nicht minder schönes Gesamtbild. "Emory Peak" bietet dann im Anschluss ein recht kurzes, doch atmposhärisches Instrumental, als Brücken schlagendes Zwischenstück, zum elektronischen "Lovie Lies". Ungewohnt überbordende, technoide Einflüsse stoßen auf straight rockende Gitarren und widerlegen ähnlich wie der folgende Titelsong zum Album "Terlingua" das, was mancher Kritiker der Band unterstellt hat: Stillstand. Wie mit nahezu jedem einzlenen Titel auf ihrer neuen Scheibe beweisen "Mono Inc." genau das, woran viele andere Formationen kläglich scheitern. Die Band entwickelt ihren bekannten Sound mit dem gewissen Etwas konstant weiter, verfeinert ihn auch hier gekonnt um neue Nuancen, ohne den Wiedererkennungswert zu entfremden. Ein gekonnter Zug, Entwicklung ohne stehen zu bleiben, ohne sich von seinen Charakteristika zu entfernen. Das abschließende "Studdy Butte" kommt wieder gemäßigter daher, versprüht einen Hauch von Wehmut und Abschied. Die warme, dunkle Stimmfarbe von Martin baut sich stückweise gemeinsam mit Melodie und Gesang von Drummerin Katha auf, um in einem herzzerreißend schönen Finale zu münden und den Hörer aus dem Album zu entlassen.
Auf der, nur in der Fan-Box des Albums erhältlichen EP "Radio Mono", befinden sich vier Bonus-Tracks. Darunter "Radio Mono" und "Ghostriders In The Sky", welche "Terlingua" in seiner Gesamtheit perfekt ergänzen und sogar um einige Eindrücke mehr erweitern. Denn auch mit diesen beiden Tracks gelingt der Band, ebenso wie beim Hauptwerk, ein gelungener Spagat zwischen Alt und Neu. Die beiden Tracks bleiben dank eindrucksvoller Melodien in Gehörgang und Gedächtnis, ein wahrer Mehrwert für den Hörer und alles andere als B-Seiten-Charakter. Ebenso gelungen die Akustik-Version der Single-Auskopplung von "Tag X", als auch der grandiose Remix zu "Heiland" der Düsseldorfer EBM-Pioniere "Die Krupps". Daumen hoch und alle Achtung für diesen mehr als gelungenen Bonus!
Tracklist:
CD 1
01. Mondschein
02. Never-Ending Love Song
03. Heiland
04. It Never Rains
05. Tag X
06. 118
07. Die Noten Deines Lebens
08. Still
09. An Klaren Tagen
10. Emory Peak
11. Love Lies
12. Terlingua
13. Studdy Butte
CD 2
01. Radio Mono
02. Ghostriders In The Sky
03. Tag X (Acoustic Version)
04. Heiland (Die Krupps Remix)
Fazit:
Die immer weiter aufstrebende Gruppe aus der allseits bekannten Hansestadt versteht es auch auf ihrem neuesten Werk, neue Einflüsse einzubinden, sich weiterzuentwickeln und nicht in festgefahrenen Bahnen stehen zu bleiben. "Mono Inc." ruhen sich nicht auf ihrem Erfolg aus und liefern ihren Fans mit "Terlingua" alles andere als Fließbandarbeit nach Schema F und auf Nummer sicher. Geschickt werden alte Stärken ausgebaut, um neue Facetten in Klang, Lyrik und Atmosphäre erweitert und somit zu einem neuartigen, großen Ganzen verwoben. Spürbar aber nicht störend, verschwimmen die Grenzen zwischen alternativem Rock, anspruchsvollem Pop, melodiösem Neuland und bisher ungewohnten Klängen und ergeben im Gesamtbild einen neuen Weg, eine andere Richtung mit frischem Wind in den Segeln, ohne aber die geschätzten Charaktermerkmale und musikalischen Wurzeln zu vernachlässigen. Weiterentwicklung wie sie sein sollte. (Cowboy-)Hut ab, Monos!
Informationen:
http://www.mono-inc.com
https://de-de.facebook.com/monoinc