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BEITRÄGE:

AutorenbildChristoph Lorenz

Eisbrecher - Schock (2015)




Genre: Rock / Alternative

Release: 23.01.2015

Label: RCA / Seven One Music (Sony Music)

Spielzeit: 56 Minuten

Pressetext:

Schock mein System! Mit dieser Ansage rufen die Münchener um Alex Wesselsky und Noel Pix eine neue Ära in der Geschichte von Eisbrecher aus. Viel muss man über die Vergangenheit der Münchener Rockband nicht mehr sagen: 11 Jahre lang haben sie sich Stück für Stück nach oben gearbeitet, unzählige Tourneen und Festivals (u.a. Wacken, Summerbreeze, Amphi) bespielt, große Stars wie Alice Cooper und die Scorpions supportet und doch immer in ihrer eigenen Liga gespielt. Das Vorgängeralbum „Die Hölle muss warten” stieg auf Platz 3 der deutschen Charts ein. Die dazugehörigen Single-Auskopplungen „Verrückt” und „Miststück 2013” sind zusammen mit ihren alten Hits wie „Vergissmeinnicht”, „This is deutsch” oder „Schwarze Witwe” inzwischen schon Klassiker der Party- und Clublandschaft - und auch die Konzerthallen sind mittlerweile ausverkauft. Eisbrecher-Gigs sind bekannt für eine große Rockshow und eigenwillige Unterhaltung.

In einer Zeit, in der die moderne Gesellschaft nichts mehr richtig schocken kann, weil alles schon mal da war und immer der gleiche Mist durch die Medien gespült wird, ist es gut zu wissen, dass es noch Künstler gibt, die mit kritischem Blick und eigenem Kopf die Welt reflektieren. Das Leben ist nicht vorhersehbar, und so verhält es sich auch mit dem sechsten Eisbrecher-Album. Im Viereck zwischen modernem Heavy Metal, Elektro, Neuer deutscher Welle und cinemaskopisch großen Melodien feuern Eisbrecher auf Schock ein musikalisches Spektakel ab. Auch textlich hält sich „Kapitän” Alex nicht zurück. Mit seiner unnachahmlichen Stimme schimpft, klagt, droht er, prangert an und verzweifelt. Er bereut, gibt sich hin, prahlt, ist am Boden und steht wieder auf. Er träumt und liebt. Da ist es dann egal „wie hart das Schicksal um sich schlägt”, ob man sich selber nicht mehr aushält und die 1000 Narben, die einem das Leben verpasst hat, zählt…”so lange noch Feuer in uns brennt: volle Kraft voraus!" Zwischen München, Hamburg und Berlin arbeiteten Produzent und Gitarrist Noel Pix und Sänger Alex Wesselsky zwei Jahre lang an den Songs von Schock. Das Ergebnis kann sich hören lassen.

Die Sängerikone Wesselsky im Wortlaut: „Wir sind nicht angetreten, um aus der zweiten Reihe zuzuschauen. Wir wollen vorne weggehen und angreifen. Eine Alternative bieten im Einheitsbrei der deutschen Musiklandschaft. Der Eisbrecher ist noch lange nicht fertig! Es fühlt sich an, als ob wir gerade unsere Jungfernfahrt machen. Es wird wieder kalt°!” Es gibt immer wieder Momente im Leben, in denen man sich fragt, "wie konnte es nur soweit kommen?" Von der Beziehung, die plötzlich ein Scherbenhaufen ist, über Schicksalsschläge, die einem den Boden unter den Füßen wegziehen, Klimaumstürzen, die die Welt verändern, bis hin zu Finanzschocks, die eigentlich nicht hätten passieren dürfen, bietet das Leben eine Vielfalt an Schockmomenten. Und doch stehen die Menschen immer wieder auf, in der Hoffnung, dass doch noch alles gut wird.

Kritik:

"Volle Kraft voraus - Die Zeit zerbricht

Volle Kraft voraus - Im letzten Licht

Durch jede Mauer, die uns trennt

Solang noch Feuer in uns brennt

Volle Kraft voraus"

Und mit eben solcher Kraft und Energie, welche sich hier schon im Refrain des Openers mehr als bemerkbar macht, beginnt und endet es nach 14 druckvollen Tracks: "Schock", das neue Album aus dem Hause "Eisbrecher". Oft in einen Topf mit diversen Vertretern der NDH (Neue Deutsche Härte) und Genre-Größen wie etwa "Rammstein" geworfen, bildeten sie über die Zeit ihren ganz besonderen, individuellen Stil und drücken den einzelnen Songs seit jeher ihren unverkennbaren, kalten Stempel auf. Schwere Gitarrenriffs in Kombination mit elektronischen Klangteppichen, bissigen Texten und dunkel-rauer Stimme. Nationaler Alternative Rock in seiner reinsten Form und seit jeher Markenzeichen der Band. "Eisbrecher" sind schon lange ihr ganz eigenes Genre und stechen mit jeder ihrer Veröffentlichungen aus der Mitte der Einfallslosigkeit und Kopien gebührend heraus. Über die Jahre hinweg hat sich die im Jahre 2002 gegründete Münchener Formation um Alexander Wesselsky und Noel Pix eine riesige Fangemeinde, sowie erstklassige Slots auf den größten Festivals erspielt und sich somit zu einem echten Flaggschiff weit über die schwarze Szene hinaus etabliert. Ausverkaufte Tourneen, hohe Chartplatzierungen und letztlich sogar ein Deal bei einem Major-Label, rundeten die stetige Erfolgswelle, auf welcher das schwermetallische Konstrukt seit Jahren schwimmt, ab. Nach etlichen Unkenrufen, Kommerz-Vorwürfen und einiger Kritik am Vorgänger "Die Hölle Muss Warten", geht es Anfang 2015 mit ihrem nunmehr sechsten Studioalbum auf erneute Expedition ins ewige Eis. Wie sehr das neue Werk wirklich "schockt", lest ihr nun.

Welche Richtung die Band drei Jahre später mit ihrem neuesten Werk einschlägt, wird dem geneigten Hörer schon nach wenigen Sekunden und den ersten Takten klar. Nach einem kurzen synthetischen Intro, brechen ohne lange zu zögern die Gitarren in ihrer ganzen Pracht und Härte los. Während die Strophen von rhythmischen Drums, bedrohlich brodelnder Elektronik und Alexander Wesselskys einzigartiger Stimme getragen werden, entlädt sich die anfangs noch zurückgehaltene Rohheit in einem hymnischen, gewaltigen Refrain. So wird schon beim Eröffnungssong "Volle Kraft Voraus" mehr als deutlich: "Eisbrecher" sind zurück - Schneller, härter, besser und kälter als je zuvor! Nahtlos schließt sich die Vorab-Single "1000 Narben" an. Lyrisch sauber ausgearbeitet und auf gewohnt hohem Niveau, hält dieser Song motivierende Parolen und eine Durchhalte-Message, gepaart mit straight nach vorne rockendem Sound bereit. Ein absoluter Ohrwurm und Hit-Anwärter für die kommenden Live-Shows, frei dem Motto "Es wird nie zu Ende gehen!". Mit Nummer 3 in der Playlist, erklingt der namensgebende Titeltrack "Schock". Ein düsteres Klanggewand und stark verzerrte, elektronische Töne, lassen nun Erinnerungen an alte Zeiten und Alben wie "Antikörper" wach werden. Zum bedrückend-finsteren Sound und Thema, fügt sich Wesselskys Stimme hier perfekt ein, um den makaberen und kritischen Text glaubhaft vorzutragen. Vor allem an solchen Titeln merkt man, das "Eisbrecher" sich auf alte Tugenden und Stärken zurückbesinnen, so macht Gesellschaftskritik mit bissigem Unterton Spaß! Als nächstes erklingt die zweite Single "Zwischen Uns", zu welcher auch ein aufwändiger Video-Clip gedreht wurde. Unsagbar einprägsame Riffs und ein augenzwinkernder, doppeldeutiger Text, im Duett mit dem weiblichen Gastgesang von Nina de Lianin, machen dies zu einem enorm starken Stück Musik, welches das Können der Band voll ausspielt.

Ruhigere Töne werden zum ersten Mal mit dem folgenden "Rot Wie Die Liebe" angestimmt, welches mit leicht unterkühlter Instrumentierung und besonders tiefem Gesang mit dunkler Stimmfarbe im Refrain punktet und mystische Atmosphäre versprüht. Mit diesem gelungenen Song werden abermals Erinnerungen an vergangene Zeiten und große Titel wach, dieses Mal an "Herzdieb" vom Album "Sünde" aus dem Jahre 2008. Die Band zeigt sich hier von ihrer sanfteren, dunkelromantischen Seite, welche sie ebenfalls perfekt beherrscht und somit einen absoluten Gänsehaut-Moment der Extra-Klasse kredenzt. Doch noch ehe sich der Hörer vollends in den einfühlsamen Tönen verlieren und in Sicherheit wiegen kann, ziehen "Eisbrecher" mit den nun folgenden Titeln wie etwa "Himmel, Arsch Und Zwirn" dramatisch Geschwindigkeit und Härte an. Eine druckvolle Nummer, eine Ode an die Schimpf-Tirade. Laut knallende, schwermetallische Gitarrenwände, reihen sich dicht an dicht mit wutgeladenen Lyrcis und geben ein aggressives Klangbild aller erste Güte ab. Mit "Schlachtbank" gleitet der "Eisbrecher" weiter im rockigen Fahrwasser dahin, wenn auch etwas gemäßigter und mit völlig anderer Botschaft, als der rohe Titel vermuten lässt. Ein Lied von Liebe, Leid und tiefen Schmerzen. Rockig im Refrain, ruhig in den einzelnen Strophen. Eine melodiöse Nummer mit ganz viel Sehnsucht und Herz(-schmerz), welche etwas an den Stil des Vorgängers erinnert. Ganz im Sinne der alten Zeiten ist auch "Dreizehn", mit welchem wieder einiges an Fahrt gewonnen wird. Textlich dreht sich alles um Süchte und das oft fehlende, richtige Maß. So erinnert die Thematik dezent an "Alkohol", während soundtechnisch gerade im Refrain Vollgas gegeben und in die NDH-Kerbe geschlagen wird.

Der nächste Song folgt direkt. Doch ist es dieses Mal keiner der ruhigen Sorte, um den Härte-Gehalt erneut zu brechen. Nein, es geht direkt metallisch und energiegeladen weiter. Und zwar mit "Unschuldsengel". Inhaltlich wird hier das "Miststück"-Thema in etwas abgemilderter Form aufgegriffen und musikalisch eingängig abgehandelt. Diese Nummer geht bestens ins Gehör und verweilt mit ihren Ohrwurm-Qualitäten recht lange dort, wenn auch der Inhalt gerade in diesem musikalischen Sektor mittlerweile etwas obsolet erscheint. Zu oft besangen und bespielten schon die verschiedensten Vertreter die nicht immer ganz so unschuldigen Charakteristika des weiblichen Geschlechts. Dennoch: Gelungen, wenn auch nicht sonderlich spannend, oder gar außergewöhnlich umgesetzt. "Nachtfieber" geht da in eine etwas andere Richtung, ist es doch um einiges elektronischer und im Refrain fast schon poppig veranlagt. Durch seine Machart erinnert es leicht an "Fanatica" vom Debüt, kommt jedoch gradliniger, zugänglicher und weniger düster daher, als das etwas eigentümlich-bizarre Stück vom Erstling der Band. Auch "Noch Zu Retten" zeigt durchaus deutlich Chart-Avancen, mit sauber rockenden Gitarren und wunderbar eingängiger, verspielter Elektronik, sowie einem kämpferischen Text rundum Liebe und Begehr, welche nicht aufgegeben werden wollen. Ein Loblied auf die eigenen Fehler und eine zynische Hymne gegen den Perfektionismus, gibt es mit dem anschließenden "Fehler Machen Leute", welches musikalisch eher gewohnte, textlich dafür umso unterhaltsamere Kost bietet. "Der Flieger" läutet als vorletztes Stück auf dem Album dann auf ganz besonders bewegende Art und Weise das nahende Ende ein. Zwischen taktvollen Drums und leidenschaftlichen Riffs, glänzt hier vor allem die elektronische Komponente, welche in Kombination mit dem Gesang, besonders im Refrain voll aufgeht und eine ergreifende Geschichte voller Dramaturgie erzählt, welche tief berührt. Eigentlich ein wirksamer und wunderschöner Abschluss für "Schock", doch glaubt der Hörer nun dass es das gewesen wäre, hat er die Rechnung ohne das treibende "So Oder So" gemacht. Denn zum Finale serviert die Band nochmals die volle Breitseite an metallischer Rauheit und deftiger Ansage, welche eine ausgezeichnete Gassenhauer-Struktur in jeder Hinsicht aufweist, musikalisch und textlich durchweg überzeugt und die Zuhörerschaft letztlich unsanft über Bord ins Eismeer wirft, doch glücklich und zufrieden zurücklässt.

Über iTunes ist mit "Süßwasserfisch" ein weiterer Song erhältlich, Media Markt- und Saturn-Kunden erhalten die Cover-Version des Songs "Das Steht Dir Gut" der Band "Rheingold". Diese beiden Tracks sind jeweils exklusiv und nur über den Kauf bei einem der genannten Anbieter zu haben. Will der geneigte Fan ausnahmslos alle Lieder haben, muss er also etwas tiefer in die Tasche greifen. Diese Politik ist viel umstritten und oft diskutiert, heute aber mittlerweile zu einer gängigen Verkaufsstrategie geworden, um die Kunden für einen Kauf bei sich zu interessieren. Zu welcher Edition man nun greift, ist natürlich jedem selbst überlassen und von Käufer zu Käufer aufgrund der Interessen und gängigen Erwerbsmethoden unterschiedlich. Beide Nummern gehen gut ins Ohr und sind eher von der lauteren Sorte, wobei "Süßwasserfisch" die etwas härtere Alternative als Hommage an wohlbekannte Musiker-Kollegen darstellt. Wirklich falsch macht man hier bei keinem der Bonus-Tracks etwas, da sie alle eher Album- anstatt B-Seiten-Charakter besitzen. Also, was darf es sein?

Tracklist:

01. Volle Kraft Voraus

02. 1000 Narben

03. Schock

04. Zwischen Uns

05. Rot Wie Die Liebe

06. Himmel, Arsch Und Zwirn

07. Schlachtbank

08. Dreizehn

09. Unschuldsengel

10. Nachtfieber

11. Noch Zu Retten

12. Fehler Machen Leute

13. Der Flieger

14. So Oder So

Bonus-Tracks:

01. Süßwasserfisch (exklusiver Bonus für iTunes-Kunden)

02. Das Steht Dir Gut (exklusiver Bonus für Media Markt / Saturn-Kunden)

Fazit:

"Antikörper" + "Sünde" - "Die Hölle Muss Warten" = "Schock". So könnte die Formel für das 2015er Werk der Münchener lauten. Gekonnt vereint die Besatzung um Kapitän Alexander Wesselsky hier Elemente und Stärken aus den letzten Jahren. Schnelle Rock-Nummern mit deutlichem Metal-Einschlag, wechseln sich mit eingängigen und berührenden Halb-Balladen ab, welche zu jeder Zeit (fast) ausnahmslos zu gefallen wissen. Die von "Die Hölle Muss Warten" vermisste und zurückgeforderte Härte ist wieder wohlbehalten im Hause "Eisbrecher" angekommen, doch wurden auch ruhigere Stücke in der Machart des Vorgänger-Albums nicht vernachlässigt und wohl bedacht eingestreut. Einiges gemahnt an die alten Tage, manches ist frisch und neu. Und die Rechnung geht auf: Melodien und Texte berühren, treffen voll in Herz und Hirn, regen teilweise zum nachdenken, mal zum mitfühlen an. Doch sind sie immer eines: Harmonisch, tanzbar, live-tauglich und eingängig. "Eisbrecher" verknüpfen Alt mit Neu und überzeugen damit auf ganzer Linie. Volltreffer - Eiskalt!

Informationen:

http://www.eis-brecher.com

https://www.facebook.com/eisbrecher

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